Die Buchmagier: Roman (German Edition)
gegenübertreten würden – das hier war mir nie als Möglichkeit in den Sinn gekommen.
De Leon legte schützend die Hand auf Gutenbergs Wange, dann zog er sich zurück. »Suerte, Isaac Vainio und Lena Greenwood.«
»Dir auch viel Glück «, sagte ich automatisch.
Er schritt durch den Schreibtisch und die Wand dahinter und verschwand wie ein Geist.
Ich richtete meine Aufmerksamkeit auf Gutenberg. Welche Sünden er auch begangen hatte, er wusste mehr über die Zauberei als irgendein anderer Lebender. Wenn die Zerstörung eines Buchs ein Akt des Bösen war, wie viel böser wäre es dann, einen Verstand zu zerstören? Ich nickte Lena zu.
Sie legte das Schwert weg und zog das Klebeband von Gutenbergs Infusion zurück. Die Haut darunter war rot und wund; Blut sickerte aus dem beschädigten Gewebe. Lena zog die Nadel heraus, und ein einzelner Tropfen dunklen Blutes rann an seinem Arm hinunter.
Ich streckte meinen verbliebenen Arm aus und berührte das magische Netz, das Hubert gewoben hatte, um Gutenbergs Macht zu unterdrücken. Mit dem, was von der Magie des Automaten übrig war, riss ich Huberts Zauber weg wie Spinnweben.
Johannes Gutenberg setzte sich kerzengerade auf der Pritsche auf, schaute Lena und mich mit großen Augen an und kotzte mir auf die Füße. Lena packte ihn an den Schultern, um ihn zu stabilisieren.
Als er fertig war, war sein Gesicht blass, und Schweiß stand ihm auf der Stirn. Er wischte sich die Lippen am Ärmel ab. »Tut mir leid. Danke, Lena.« Er nickte ihr zum Gruß zu, ehe er seine ganze Aufmerksamkeit mir widmete. »Isaac Vainio? Was machen Sie in meinem Automaten?«
»Woher haben Sie das gewusst?«
»Sie haben sich selbst in den Text eingeschrieben, klar sichtbar für die mit der Fähigkeit, es zu lesen. Außerdem verrät Sie die Feuerspinne.« Er erhob sich auf wackligen Beinen, indem er an Lena Halt suchte. »Was ist mit Charles Hubert?«
»Tot«, setzte Lena ihn ins Bild. »Von der Magie zerstört.«
»Eine Schande!« Er kämmte sich mit den Fingern durchs Haar; seine Bewegungen wurden von einer Sekunde auf die nächste kräftiger. Ich konnte seine Magie bei der Arbeit sehen, wie Antikörper, die die letzten Drogen in seinem System verschlangen.
Er strich mit den Händen über sein zerknittertes lila Seidenhemd und die schwarze Hose, eine silberne Gürtelschnalle glänzte wie poliertes Chrom. »Hubert war brillant, aber undiszipliniert. Vor zehn Jahren setzte er Zauberei ein, um die Männer in seiner Einheit zu beschützen. Er tötete sechzig Kämpfer. Das … war nicht seine erste Übertretung.«
»Sie haben ihn dafür bestraft, dass er seine eigenen Leute beschützt hat?«
»Für die Methoden, die er zu diesem Zweck anwandte«, korrigierte Gutenberg mich. »Was würde passieren, wenn diese Tode öffentlich würden, Isaac? Die Pförtner sind keine amerikanische Organisation, sondern eine weltweite. Wir können es uns nicht leisten, uns in politische Konflikte einzumischen. Wie lange würde es dauern, bis nationale Interessen uns zersplittern? Bis wir uns gegeneinander wenden würden in einem unaufhaltsam eskalierenden Zaubereikrieg?«
»Hubert hat die Automaten losgeschickt, um das Detroiter Vampirnest anzugreifen«, sagte Lena. »Alice Granach hält Nidhi Shah als Geisel fest.«
Gutenberg ging zum Schreibtisch und untersuchte die Bücher. »Da war ein alter Text, in Leder gebunden. Ich erinnere mich daran, dass Hubert ihn aus meiner Bibliothek genommen hat. Haben Sie ihn gesehen?«
Ich wusste genau, welches Buch er meinte, und ich wusste, was damit geschehen sein musste. Nur eine andere Person hatte dieses Büro seit Huberts Tod betreten.
» Ich … ich entsinne mich nicht, ein solches Buch gesehen zu haben.«
Er betrachtete mich genau, dann zuckte er mit der Achsel. »Ich finde es sicher irgendwann.«
Irgendwie hatte ich da meine Zweifel.
Gutenberg nahm ein anderes Buch vom Schreibtisch. Es öffnete sich in seiner Hand. Er warf einen flüchtigen Blick auf die Seiten, dann griff er ins Buch und holte ein kleines, schwarzes Handy heraus. »Ich nehme an, Pallas überwacht den Konflikt in Detroit?«
Ich nickte stumm, während ich zu verstehen versuchte, was ich gerade gesehen hatte. Gutenberg hatte nicht mal auf den Titel oder den Umschlag geschaut, bevor er genau dieses Buch in die Hand genommen hatte. Es war, als hätte er instinktiv gewusst, welches die potenzielle Magie enthielt, die er haben wollte, und das Buch auf exakt der richtigen Seite
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