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Die Buchmalerin

Die Buchmalerin

Titel: Die Buchmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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Heinrichs Hof gekommen und habt mich wissen lassen, dass Ihr mich treffen wollt?« Die Stimme des anderen Kundschafters war leise und hatte einen scharfen Unterton.
    »Weil sich unvorhergesehene, wichtige Dinge ereignet haben.« Roger berichtete ihm rasch, was sich während der vergangenen Wochen zugetragen hatte. Ungerührt nahm es der Mann hin, dass der Kardinal den Inquisitor umgebracht hatte.
    »Ihr wollt also Heinrichs Boten finden, der Zeuge des Mordes war«, stellte er schließlich fest.
    »Ja.«
    Die Hand des anderen Spitzels glitt über den Pferdeleib, der rötlich im Sonnenlicht schimmerte. »Ich kann Euch drei oder vier Männer nennen, die dafür infrage kämen. Oder keinen … Ihr sagt, die Frau kann gut beobachten?«
    »Ja, das kann sie.« Für einen Augenblick glaubte Roger, Donatas eigentümlich intensive Augen vor sich zu sehen, ihren Blick, mit dem sie sich Dinge und Menschen einzuverleiben schien. Er hatte sie in einem Schuppen zurückgelassen, der zu einem großen Wohnhaus innerhalb der Stadtmauer gehörte.
    »Ihr müsst mit ihr an Heinrichs Hof kommen, damit sie den Mann für uns findet«, redete der andere Kundschafter leise und hastig weiter. »Und Ihr solltet Euch beeilen. In einigen Tagen wird Enzio von Trient samt seinem Gefolge hier eintreffen. Gestern überbrachte ein Bote die Nachricht.«
    »Der Kardinal trifft sich noch einmal mit dem König? Ist das nicht unvernünftig von ihm, sich so aus der Deckung zu wagen?«, fragte Roger überrascht.
    Ein verächtliches Grinsen huschte über das Gesicht des anderen Kundschafters. »Dem König wird es nicht gefallen haben, dass die Leiche des Inquisitors so bald aufgetaucht ist. Ich schätze, Enzio von Trient muss ihm Mut zusprechen …« Rasch schaute er hinüber zu dem Besitzer der Pferde, den der vornehme Kunde mittlerweile verlassen hatte und der sich nun mit dem störrischen Wallach abmühte.
    Rogers Blick folgte ihm, schweifte dann jedoch ab. Er nahm das Gewimmel zwischen den Pferchen wahr und, die Stadtmauer hoch überragend, den rötlich braunen Koloss der antiken Basilika. Neben ihm wirkten die Kirchen beinahe klein. Dieser Bau entspricht Friedrich, dem wahren Nachfolger der römischen Cäsaren, ging es ihm durch den Kopf. Nicht dem schwachen Sohn …
    »Ihr müsst an Heinrichs Hof kommen«, wiederholte der andere Kundschafter bestimmt. »Zusammen mit der Frau. Ich werde Euch helfen, so gut ich kann.«
    Dem Besitzer der Pferde war es gelungen, den Wallach an einem der Gatter anzubinden, wo das Tier gereizt schnaubte, den Kopf herumwarf und mit den Hufen im Schnee scharrte. Breit lächelnd kam der Mann auf sie zu. »Ihr habt Euch eine ganze Weile mit den Stuten beschäftigt … Gefallen sie Euch?«
    »Zu grobknochig, und das meint er auch …« Der Blonde versetzte dem Pferd einen Klaps auf den rötlichen Leib, nickte Roger kurz zu und verließ den Pferch.
    Roger folgte ihm langsam und wie zufällig, schlug dann jedoch die entgegengesetzte Richtung ein. Während er sich seinen Weg durch das Getümmel bahnte, fühlte er sich merkwürdig verwirrt. Er hatte die Empfindung, als hätte er sich eine Zeit lang selbst verloren und sich gerade eben erst wieder gefunden. Erst jetzt begriff er, dass er nahe daran gewesen war, den Zeugen tatsächlich nach Köln zu bringen, und erschrak tief über sich selbst. Er hatte Friedrich geschworen, einen Auftrag zu erfüllen. Dem Staufer verdankte er alles, was er war.
    Als Roger fast das nördliche Stadttor erreicht hatte – es befand sich neben einem riesigen, vom Lauf der Jahrhunderte geschwärzten Bauwerk aus der Römerzeit –, hielt gleichzeitig eine Reitergruppe darauf zu. Roger bemerkte sie erst, als es beinahe zu spät war. Léons massige Gestalt ritt an der Spitze von einem halben Dutzend Soldaten. Im nächsten Augenblick erkannte er auch den jungen Soldaten, dessen Wange eine hässliche Narbe verunstaltete, und die anderen Männer, die ihn auf der Lichtung vor der Köhlerhütte entdeckt hatten.
    Roger wich zurück, musste sich zwingen, sich nicht zu hastig zu bewegen. Er stieß gegen einen dicken Mann, der ihn wütend anschrie. Der junge Soldat hob den Kopf und schaute in seine Richtung. Roger erstarrte. Doch der Reiter war nur auf einen Schwarm Enten aufmerksam geworden, die ungelenk über den hellblauen Winterhimmel flatterten. Der Mann mit der Narbe deutete auf die Vögel, lachte und sagte etwas zu dem Soldaten, der neben ihm ritt.
    Rogers Herz raste. Er war wütend über sich und verwünschte

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