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Die Buchmalerin

Die Buchmalerin

Titel: Die Buchmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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gegangen?«
    »Nach Westen …«
    Der Diener des Kardinals glaubte, ein leises Zögern in Odos Stimme zu vernehmen. Er griff in den Beutel, den er an seinem Gürtel trug, nahm ein Geldstück heraus und reichte es dem Mann. Ein anderes drehte er langsam zwischen seinen Fingern.
    »Tatsächlich? Nach Westen?«
    Der knotige Adamsapfel des Bauern zuckte, während sein Blick auf dem Geldstück ruhte.
    »Nun, nach Westen sind sie gegangen, solange sie in Sichtweite des Dorfes waren. Sobald sie den Wald erreicht hatten, sind sie nach Süden abgebogen.«
    »Du irrst dich nicht?«
    »Nein, ich bin der Spur ein Stück gefolgt.« Ein schlaues Glitzern trat in die Augen des Bauern. »Ich habe ihnen nicht recht getraut, wisst Ihr …«
    »Ach?«
    »Nun, ich habe den beiden erzählt, was sich in Köln zugetragen hat. Eine Sache, die ich von einem Kaufmann gehört hatte, der durch unser Dorf kam. Von den Beginen, die des Mordes an Gisbert, dem Inquisitor, angeklagt sind …« Er spuckte in den Schnee. »Die Frau ist totenbleich geworden und wenig später aus unserer Stube verschwunden. Und als der Medicus ihr nachrennen wollte, hat er fast sein Essen und das Geld vergessen, das ich ihm schuldete.«
    Odo blickte Léon von unten herauf an. »Die Ketzer treiben sich überall herum und sind gerissen, nicht wahr …?«
    »Ja, die Ketzer sind schlau«, bestätigte der Diener und reichte ihm das zweite Geldstück.
    Sie waren also in diesem Dorf gewesen und hatten sich entschieden, nach Süden zu gehen, überlegte er, als er zu den Soldaten zurückritt. Auch von dem Meiler aus hatte ihre Spur erst nach Westen geführt und dann doch einen Bogen nach Süden eingeschlagen. Damals hatte er geglaubt, dass dies einfach mit der Beschaffenheit des Geländes zusammenhing. Aber wenn sie dies nun wieder taten … Im Süden lag Trier … Dort hielt sich Heinrich, der deutsche König, auf … War dies ihr Ziel? Sollte es möglich sein, sie dort abzufangen, statt sie in den Wäldern zu jagen?
    Er war eben bei den Soldaten angekommen, als er den Bauern hinter sich rufen hörte: »Herr …« Nach Atem ringend blieb der Mann neben dem Pferd des Dieners stehen. »Herr, mir ist noch etwas eingefallen, was vielleicht wichtig für Euch ist … Die Frau hinkt. Deshalb hat der Medicus meinen Esel für sie gekauft.«
    »So, sie hinkt, ich werde es mir merken«, erwiderte Léon nachdenklich, während er ein weiteres Geldstück aus seinem Beutel nahm und es Odo in die Hand drückte.

R oger ging über den zertretenen Schnee des Trierer Pferdemarktes. Es war immer noch kalt – sein Atem bildete Dampfwolken vor seinem Gesicht –, dennoch erschien ihm das Land hier, in der alten Stadt am Fluss, nicht mehr gar so abweisend und fremd wie im Gebirge. Beinahe hatte er den Eindruck, dass die Sonne, die hellgelb über den Weiden am Ufer der Mosel stand, schon ein wenig wärmte. Er schlenderte gemächlich weiter, betrachtete die Tiere und tastete da und dort eines ab – ein wirklich schönes Pferd hatte er bisher noch nicht entdeckt –, ganz so wie ein Mann, den keine dringenden Geschäfte auf den Pferdemarkt führten. Der einfach nur schauen und sich an dem Getriebe unterhalten wollte.
    Als er nicht mehr weit von der Brücke entfernt war, die alte, wuchtige Steinpfeiler im Fluss verankerten, sah er den blonden Mann. Ein Mann, der etwa so alt war wie er selbst und der ein aufgeworfenes Kinn und eine gerade Nase hatte, die ein wenig zu kurz geraten schien. Roger wandte sich um und lief den unebenen Weg zwischen den Pferchen wieder zurück. Bei einem grobknochigen schwarzen Hengst, der außen an einem Gatter angebunden war, blieb er stehen und hob eines der Vorderbeine an, so als wollte er den Huf begutachten. Ein rascher Blick über die Schulter zeigte ihm, dass der Mann ihn gesehen hatte und ihm folgte.
    Müßig schlenderte Roger weiter. Bei einem Pferch, in dem zwei fuchsrote Stuten und ein dunkelbrauner Wallach standen, machte er wieder Halt. Der Besitzer der Tiere verhandelte mit einem vornehm gekleideten Mann, der sich für den Wallach interessierte. Roger betrat den Pferch, fasste der einen Stute in die Mähne, bog ihren Kopf herunter und schob ihre Lippen auseinander.
    »Kein schlechtes Tier …« Der blonde Mann war ebenfalls in den Pferch getreten und stand nun neben ihm. Roger dirigierte die Stute zum rückwärtigen Gatter, weg von dem Besitzer, der mit lauter Stimme und weit ausholenden Bewegungen die Vorzüge des Wallachs pries.
    »Warum seid Ihr gestern zu

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