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Die Buchmalerin

Die Buchmalerin

Titel: Die Buchmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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ehe sie mit einem Bronzespiegel in der Hand auf Roger zukam.
    »Was Euch selbst betrifft, seid Ihr nicht allzu geschickt mit dem Messer«, sagte sie lächelnd und hielt ihm den Bronzespiegel vor.
    »Oh, das ist freundlich von Euch«, erwiderte er verlegen.
    »Ludwig, unser Vorsteher, sagt, Ihr und Eure Gefährtin seid keine schlechten Musiker.« Sie wies auf den schwarzhaarigen, muskulösen Mann, der auf dem Hof auf und ab ging und eine Melodie vor sich hin summte. Donata hatte auf dem Rand eines Karrens Platz genommen und verteilte weiße Farbe auf ihrem Gesicht.
    »Der König und seine Gesellschaft sind großzügig. Wir sind jetzt seit fünf Tagen in der Stadt. So viel wie in dieser Zeit haben wir fast den ganzen Winter über noch nicht eingenommen. Ich hoffe, das Spielen wird sich auch für Euch lohnen.« Elisa schaute ihm rasch in die Augen, ein fragender Unterton schwang in ihrer Stimme mit.
    »Ihr und Eure Leute … Kommt Ihr nachts hierher zurück? Oder schlaft Ihr irgendwo bei den Gebäuden, die der König und sein Hof bezogen haben?«
    Im nächsten Moment begriff Roger, wie zweideutig seine Frage auf sie wirken musste. Doch sie antwortete ohne jede Verlegenheit: »Manchmal lassen uns die Wachen hinaus. Wenn nicht, bleiben wir in einem der Schuppen.«
    Es konnte also sein, dass er und Donata während der Nacht im Hof festsaßen. Eine Vorstellung, die Roger nicht sonderlich gefiel. Aber sie hatten keine andere Wahl.
    Die junge Musikerin half ihm, sich zu schminken. Einmal, als er zu Donata hinübersah, bemerkte er, dass ihr Blick spöttisch auf ihm ruhte. Er zog es vor, sie nicht weiter zu beachten.
    »So, Ihr seid fertig …« Elisa reichte ihm den Bronzespiegel. Von dem Metall schaute ihm verschwommen ein weißes Gesicht mit rußgeschwärzten Augenbrauen und Lippen sowie dunklen Haaren, in die Elisa ebenfalls Ruß gerieben hatte, entgegen.
    »Sehr ähnelt Ihr Euch nicht …« Wieder glaubte er, einen fragenden Unterton in ihrer Stimme wahrzunehmen.
    »Danke, dass Ihr den Medicus in einen Musikanten verwandelt habt«, entgegnete er leichthin. Er erhob sich und ging zu dem Karren, auf dem die Kisten mit Kostümen standen, um sich einige Stücke herauszusuchen. Donata lehnte an dem Gefährt. Er erkannte sie nur an ihren Augen und dem abwesenden Gesichtsausdruck, mit dem sie das Geschehen auf dem Innenhof betrachtete. Augen, die in dem weiß geschminkten Gesicht sehr groß wirkten. Sonst erschien sie ihm mit der Perücke aus Pferdehaar, dem lindgrünen, verschlissenen Samtkleid und den tiefroten Lippen völlig fremd. Schweigend beobachtete sie ihn, wie er sich einen bunt gestreiften Mantel umhängte, und ebenso stumm trat sie zusammen mit ihm zu der Gruppe von Spielleuten, die nun einige Lieder übten.
    Die Sonne stand schon weit im Westen, als die Truppe schließlich den Hof verließ. Sie waren erst ein kurzes Wegstück in Richtung der alten Basilika gezogen, als plötzlich Schreie und Rufe erklangen. Die Menschen auf der Gasse wichen zur Seite. Reiter, die in leuchtend rote Samtmäntel gekleidet waren, kamen die Gasse herauf. Roger packte Donatas Arm, während sie in der Menge Schutz suchten. Für einen Moment glaubte er, sich in den Hof des erzbischöflichen Palastes zurückversetzt, als der Kardinal und seine Soldaten dort eingetroffen waren. Die gleichen prangenden Farben und kostbaren Gewänder, das gleiche Staunen der Menschen …
    Als der Kardinal an ihnen vorbeiritt, spürte Roger, dass Donata zusammenzuckte. Ihrem maskenhaften Gesicht konnte er nichts entnehmen, aber er wusste, dass sie Angst hatte. Ihr Blick war starr auf Enzio gerichtet. Wenn er sie ansehen würde, wäre sie gebannt wie ein kleines Tier, das vor einer Schlange hockt, ging es Roger durch den Kopf. Wieder Soldaten und schließlich die Bediensteten auf ihren Pferden, dazwischen hohe Karren. Er bemerkte, dass Donata mit ihrem Kopf eine leichte Bewegung vollführte. Zwei junge Männer, einer davon hatte ein Fuchsgesicht und rote Haare. Roger benötigte einen Moment, ehe er begriff. Der Rothaarige war der Mann, der Donata in dem Klosterhof verfolgt und dem er den Karren in den Weg gestoßen hatte.
    Nun war der Tross vorüber. Er hinterließ eine durchpflügte Gasse, in die tiefe Löcher und Wagenspuren eingegraben waren. Roger nahm kaum wahr, dass um ihn herum die Stimmen der Spielleute laut wurden. Sie freuten sich, vor solchen Gästen auftreten zu können. Wieder wünschte er sich beinahe, dass sich Donata weigern würde, ihn zu

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