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Die Buchmalerin

Die Buchmalerin

Titel: Die Buchmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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sich wegen seiner Unaufmerksamkeit. Die Soldaten ritten nun durch das Tor und folgten einer breiten, belebten Gasse ins Innere der Stadt. Wahrscheinlich werden sie sich mit Enzio an Heinrichs Hof treffen, überlegte er, während er schnell ihre Zahl überprüfte. Nein, keiner von ihnen war zurückgeblieben, um ihm in einer Toreinfahrt oder dem Durchgang zwischen zwei Häusern aufzulauern.
    Sie werden sich mit Enzio an Heinrichs Hof treffen … Plötzlich begriff er. Wie sollte er nun dort zusammen mit Donata nach dem Zeugen suchen? Léon war Donata schon einmal begegnet. Zwar hatte sie damals die Kleidung eines Jungen getragen, aber der Diener des Kardinals hatte gute Augen. Ganz zu schweigen von den Soldaten, die sie und ihn vor der Hütte des Köhlers gesehen hatten. Nichts gelang. Eine Möglichkeit tat sich auf, nur um sofort wieder zerschlagen zu werden.
    Ziellos streifte Roger durch die Gassen. Er wusste, dass Donata in dem Schuppen auf ihn wartete. Aber aus einem Grund, den er sich selbst nicht eingestehen wollte, scheute er davor zurück, ihr zu begegnen. Er musste seinen Auftrag erfüllen. Wie jedoch sollten er und Donata den Zeugen ausfindig machen, ohne dass man sie sofort entdeckte? Und der Schwur, den er Donata gegenüber abgelegt hatte, dass er den Zeugen zuerst nach Köln bringen würde? Er hatte seine Pflicht dem Kaiser gegenüber zu erfüllen, rief er sich ins Gedächtnis. Nur das zählte.
    Ohne es recht zu bemerken, war Roger in die Nähe des Doms gelangt. Nicht weit entfernt befand sich das Haus, wo er zusammen mit Donata untergekommen war. Aus einem Torbogen drangen die Töne einer Flöte. Unwillkürlich blieb er stehen und lauschte. Es war eine Melodie, die er dann und wann auf den Gassen einer Stadt im Süden gehört hatte. Getrieben von einer unbestimmten Sehnsucht folgte er dem Klang.
    Nachdem Roger durch das Tor geschritten war, stand er auf einem Hof, auf dem eine Spielmannsgruppe lagerte. An einer der Fachwerkwände rankte wilder Wein. Einige der tiefroten Blätter hatten den Winter überdauert. Sie leuchteten mit den Gewändern der Spielleute um die Wette. Eine füllige Frau, die eine Perücke aus Pferdehaar trug, spielte die Flöte. Eine andere, die auf einem Karren hockte, schminkte ihr Gesicht mit weißer Farbe. Obwohl die Farbe ihre eine Wange bereits vollständig bedeckte, war unverkennbar, dass sie sehr schön war. Fein geschnittene Züge, mandelförmige dunkle Augen. Ein Mann, der strubbelige braune Haare und jungenhafte Züge hatte, hielt ihr ein Bronzestück vor das Gesicht. Er sagte etwas zu ihr, fing das Licht mit dem Metall ein und ließ es über die schmutzigen Fachwerkwände tanzen. Als sie lachend dem Lichtflecken nachschaute, trafen sich ihr und Rogers Blick. Die Frau war Elisa, die Gefährtin des Spielmanns, den er einige Wochen zuvor von der Blutvergiftung geheilt hatte. Auch sie erkannte ihn jetzt. Sie lächelte ihn an und winkte ihm, näher zu kommen.

    *

    Roger fand Donata auf dem Heuboden des Schuppens, wo sie bereits die Nacht zuvor geschlafen hatten. Es war nicht leicht gewesen, diesen Platz zu finden. Der Königshof zog viele Menschen an. Außerdem schreckte es manchen Handwerker und Kaufmann, bei der großen Kälte über das Gebirge zu ziehen, und deshalb suchte er sich in Trier eine Unterkunft und wartete auf wärmeres Wetter. Die Klosterherbergen in der Stadt konnten sie beide ohnehin nicht benutzen. Der Kaufmann, zu dessen Anwesen der Schuppen gehörte, hatte sich die Schlafplätze teuer bezahlen lassen. Aber immerhin, dachte Roger, als er die wackelige Leiter hinaufstieg, haben wir den Heuboden für uns. Niemand, der lästige Fragen stellen könnte, treibt sich dort herum.
    Donata kauerte unterhalb einer Luke, durch die Sonnenlicht fiel. Sie hatte sich halb im Heu vergraben. Vor ihr lag ihr Bündel. Sie schaute rasch auf, als sie ihn kommen hörte, und schlug das Tuch zusammen. Roger war sich nicht sicher, aber er glaubte, ein Stück Leder und ihre Pinsel gesehen zu haben. Müde ließ er sich neben sie ins Heu sinken.
    »Ihr seid lange fortgeblieben …«
    Knapp berichtete er Donata von dem Treffen mit Friedrichs anderem Kundschafter. »Er meint auch, dass Ihr versuchen müsst, den Zeugen an Heinrichs Hof zu finden«, schloss er und schwieg einen Moment. »Aber vor der Stadt bin ich fast dem Diener des Kardinals und den Soldaten in die Arme gelaufen, die uns vor der Köhlerhütte entdeckt haben.«
    Er ließ sie nicht aus den Augen. Sie saß reglos

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