Die Buchmalerin
da.
»Könnt Ihr singen oder irgendein Instrument spielen?«
»Was?«, fuhr sie ärgerlich auf. »Wie kommt Ihr darauf?«
»Ich bin eben einer Gruppe von Musikanten begegnet. Einen von ihnen habe ich vor ein paar Wochen von einer Blutvergiftung geheilt. Sie wollen an Heinrichs Hof spielen und wir könnten mit ihnen kommen. Sie schminken sich grell, tragen bunte Gewänder und Perücken. Wie Spielleute es eben tun.«
Sie begriff, worauf er hinauswollte. »Ich kann ein wenig Laute spielen und mit einer kleinen Harfe umgehen. Die Benediktinerinnen haben es mir beigebracht. Und ich singe nicht schlecht …«, erwiderte sie zögernd. »Nachdem ich aus dem Kloster geflohen war, bin ich eine Weile mit einer Gruppe von Spielleuten in Bayern und Schwaben herumgezogen.«
»Warum seid Ihr nicht bei ihnen geblieben? Es ist keine schlechte Möglichkeit, sich zu verbergen, und Ihr hättet es oft leichter gehabt, als Euch allein durchzuschlagen.«
Donata betrachtete abwesend einige Staubkörnchen, die in dem Lichtbalken schwebten, und er war sich nicht sicher, ob sie ihn überhaupt gehört hatte. Doch schließlich blickte sie ihn beinahe herausfordernd an. »Weil ich gehen musste. Ein Musiker mochte mich … Ich bringe den Menschen kein Glück …« Beinahe heftig redete sie weiter: »Jedenfalls dürfte ich unter den Spielleuten nicht auffallen. Wie steht es mit Euch?«
»Laute ein wenig, singen eher nicht.«
»Oh, etwas, worin Ihr einmal nicht bewandert seid? Haben da Eure Lehrer versagt oder ist die Musik eine Kunst, auf die der Staufer keinen großen Wert legt?«
»Er schätzt die Musik und er kann selbst gut musizieren. Ich habe dafür kein Talent.« Abwartend sah Roger Donata an. »Ihr habt mich vorhin richtig verstanden? Der Diener des Kardinals und seine Leute werden wahrscheinlich an Heinrichs Hof sein. Es ist nur allzu gut möglich, dass wir ihnen begegnen.«
Er wünschte sich plötzlich, dass sie Ausflüchte machen würde. Sagen würde, die Gefahr, entdeckt zu werden, sei viel zu groß. Sie müssten es auf eine andere Weise versuchen … Irgendetwas, was ihm zeigte, dass sie von ihrem Vorhaben abwich. Aber ihre Miene wurde nur ein wenig starrer und verschlossener, wie er es bereits an ihr kannte, wenn sie etwas ängstigte, und sie sagte: »Ja, ich habe es verstanden.«
»Gut, dann werden wir jetzt zu den Spielleuten gehen«, entgegnete er barsch. Er war zornig, ohne zu wissen, worüber.
»Was habt Ihr ihnen gesagt? Ich meine, Ihr habt ihnen wohl kaum anvertraut, warum wir wirklich mit ihnen kommen wollen.«
Roger forschte in Donatas Gesicht, aber er konnte keinen Hintergedanken darin lesen.
»Oh, ich habe ihnen gesagt, dass meine Geschäfte als Medicus in diesem Winter nicht gut gingen. Die Gefährtin des Spielmanns, den ich damals gerettet habe, hat sich für mich eingesetzt«, antwortete er gleichmütig, während er spürte, dass er errötete.
*
Wenig später stießen Roger und Donata zu der Spielmannsgruppe, die immer noch in dem Innenhof lagerte. Einige der Musikanten kauerten um einen Bronzetopf, der auf einem Feuer stand, und aßen. Andere übten mit ihren Instrumenten, darunter Elisa und ihr Gefährte. Als sie Roger sah, ließ sie die Laute sinken, die sie in der Hand hielt, und winkte ihm zu. Wieder andere der Spielleute saßen auf Karren oder auf Säcken, die sie über den Schnee gebreitet hatten, dösten oder schwatzten miteinander. Noch immer wärmte die Nachmittagssonne den windgeschützten Hof. Ein Mann, der etwa so alt sein mochte wie Roger, einen durchtrainierten Körper hatte und dessen schwarzes Haar zu einem Zopf zusammengebunden war, bat sie, ihm etwas vorzutragen.
Roger kam mit der Laute leidlich zurande und Donata konnte tatsächlich recht gut singen. Mit einer ein wenig heiseren Stimme, die er, so wie sie sprach, nicht bei ihr vermutet hätte. Ein Musikant bot ihnen an, sich aus dem Topf zu bedienen. Donata aß wenig und starrte die meiste Zeit stumm vor sich hin, und auch Roger war angespannt. Als sie mit dem Essen fertig waren, trat Elisa zu ihnen. Sie zeigte Donata, auf welchem Karren sie Kleider und Perücken finden konnte. Roger begann währenddessen, seinen Bart abzuschaben. Dann und wann gestattete er es sich, zu der jungen Musikerin hinüberzusehen. Sie und ihr Gefährte saßen wieder eng aneinander geschmiegt auf einem der Karren. Wie schon in der Schenke, beneidete er den Mann.
Unvermittelt jedoch stand Elisa auf und strich ihrem Gefährten zärtlich über den Rücken,
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