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Die Buchmalerin

Die Buchmalerin

Titel: Die Buchmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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wirst du das eisige Wetter nicht lange überleben.«
    »Ich muss gehen!«
    »Es war Gottes Wille, dass dich Bilhildis hinter der Kirche Groß Sankt Martin fand und wir dich in unser Haus nahmen und dich gesund pflegten. Willst du dieses Geschenk einfach wegwerfen?« Luitgards Stimme klang hart.
    Aber Bilhildis schüttelte den Kopf und schaute die Vorsteherin bittend an.
    »Ich weiß nicht, warum ihr mich gefunden habt …« Donata ballte die Hände so fest zu Fäusten, dass die Knöchel weiß hervortraten. Es war am besten, wenn sie gleich ging und sich nicht länger auf diese Reden einließ. Oben, in dem Verschlag, lag ihr Mantel und ihr Bündel hatte sie hinter dem Strohsack versteckt. So schnell es ihr verletzter Fuß zuließ, hinkte sie zur Türöffnung.
    Sie hatte den ledernen Vorhang fast erreicht, als Bildhildis ihr den Weg verstellte. »Du kannst noch nicht weiterziehen«, redete sie ihr eindringlich zu. »Du schadest deinem Leib und deiner Seele. Ich weiß es … Es wird sich ein Ausweg finden.«
    Donata wollte sie beiseite schieben. Doch dann erinnerte sie sich daran, wie sie, vom Fieber geplagt, auf dem Brett gelegen hatte, unfähig, sich zu rühren. Damals, als die Beginen sie bei jener Kirche mit dem quadratischen Turm gefunden hatten – Bilhildis hatte ihren Blick aufgefangen und ihr das Bündel gebracht. Und die anderen Dinge, die sie für sie getan hatte … Sie hatte sie gepflegt, ihr geholfen, als sie sich beinahe verraten hatte, und ihr zugehört, ohne sie zu verurteilen. Der Kardinal würde sich vielleicht nicht sonderlich um Bilhildis und die übrigen Beginen scheren, der Inquisitor jedoch bestimmt.
    Gegen ihren Willen stieß sie hervor: »Was ist mit dir und den anderen Frauen? Glaubst du etwa, dass ihr der Inquisition entkommt?«
    »An unserem Glauben ist nichts Falsches …« Luitgard war Bilhildis gefolgt.
    »Tatsächlich?«, versetzte Donata bitter und schaute von Bilhildis zu der Vorsteherin. »Wie könnt Ihr annehmen, dass dies einen Mann wie Gisbert kümmert? Wenn er der Ansicht ist, dass Ihr dem Irrglauben anhängt, findet er Mittel, dass Ihr dies schließlich zugebt. Gleichgültig, für wie standhaft Ihr Euch zuvor halten mögt …« Sie brach ab und starrte einen Moment mit leerem Blick auf das Schattenspiel am Boden, ehe sie ein wenig ruhiger fortfuhr: »Es ist gefährlich, dass du Gott schaust, Bilhildis, und wie du von ihm redest, ist ebenfalls gefährlich. Manchen hat schon weniger auf den Scheiterhaufen gebracht …« Ihre Stimme wurde leiser.
    Ein Zittern durchlief Bilhildis, aber sie entgegnete gelassen: »Ich habe ein reines Gewissen. Ich werde mich vor der Inquisition zu verteidigen wissen.«
    »Das wird dir nichts nützen«, Donata empfand hilflose Verzweiflung. Sie wünschte sich, einfach schweigen zu können und Bilhildis und die anderen Beginen ihrem Schicksal zu überlassen. Aber sie vermochte es nicht. »Selbst wenn es dir gelingen sollte, gegenüber der Inquisition standhaft zu bleiben und nichts von dem zuzugeben, was sie dir in den Mund legen werden – irgendjemand wird etwas Falsches gegen dich aussagen«, sprach sie erregt weiter. »Eine Frau aus dem Haus oder einer der Priester, die dich bisher befragt haben … Oder jemand in der Stadt verbreitet Lügen über dich. Sei es aus Bosheit oder um die eigene Haut zu retten.«
    Unwillkürlich hatte Donata sich Luitgard zugewandt. Sie nahm die Sorge wahr, die sich bei ihren letzten Worten auf dem Gesicht der Vorsteherin abzeichnete. Eine zornige Leidenschaft, die sie während der vergangenen Jahre stets sorgsam in sich verborgen gehalten hatte, brach in Donata auf. »Ihr wisst, dass ich Recht habe, nicht wahr?«, fuhr sie Luitgard an. »Auch für Euch und die anderen Frauen wäre es besser, wenn Ihr die Stadt verlassen würdet. Aber wenn Ihr nicht gehen wollt, dann sorgt wenigstens dafür, dass Bilhildis der Inquisition nicht in die Hände fällt. Sie ist am meisten bedroht von Euch allen.«
    »Bilhildis«, sagte Luitgard langsam, »was dich betrifft, hat Donata, fürchte ich, nicht Unrecht. Ich habe dir erzählt, was heute auf dem Markt geschehen ist, welche Vorwürfe Ida Sterzin erhoben hat.«
    Die junge Begine wollte etwas entgegnen, aber Donata fiel ihr ins Wort. »Was ist geschehen?«
    »Eine Seidenstickerin hat Bilhildis der Zauberei und des bösen Blicks bezichtigt …«, die Vorsteherin vollführte eine müde Bewegung mit der Hand.
    »Es hat also schon begonnen …«, murmelte Donata.
    »Bilhildis, du solltest

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