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Die Buchmalerin

Die Buchmalerin

Titel: Die Buchmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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Namen rufen hörte und spürte, wie jemand nach ihrem Arm griff.
    »Ehrwürdige Mutter …« Der greise Dominikanerpater, welcher der Beichtvater der Begine Bilhildis war, schaute sie aus erschrockenen, kindlich blauen Augen an. »Was hat dies zu bedeuten? Warum zürnt uns Gott? Der Pöbel zieht gegen die Beginen und in der Stadt geht das Gerücht um, Gisbert, der Inquisitor, sei erschlagen worden … Man habe seine Leiche zum Palast des Erzbischofs gebracht …«
    Die Äbtissin starrte den schmächtigen Mann an, dessen Haarkranz um die Tonsur zu lang gewachsen war und dringend geschnitten werden musste. Sie verkniff sich die Antwort, dass Gisberts Tod wirklich kein Zeichen dafür sein musste, dass Gott zürnte. Stattdessen sagte sie: »Pater Willigis, erzählt mir, was Ihr wisst …«

    *

    Abwägend musterte Enzio von Trient Luitgard. Er hatte sie in einen Kellerraum des erzbischöflichen Palastes bringen lassen. Eine Öllampe, die von der niedrigen, gewölbten Decke herabhing, verbreitete ein unruhiges Licht. Aber auch ihr zuckender Schein konnte nicht verbergen, dass das Gesicht der Frau breit, faltig und reizlos und ihr Leib gedrungen war. Mit stiller, in sich gekehrter Miene schaute sie zu Boden. Ihr Körper jedoch war angespannt und verriet, dass sie Angst hatte.
    Léon hatte das Beginenhaus durchsucht. Die Frau, die den Mord beobachtet hatte, war verschwunden. Nun, da die Leiche des Inquisitors unversehens gefunden worden war, war es wichtiger denn je, dass sie nicht entkam.
    Enzio beugte sich vor und sagte ruhig: »Sieh mich an.«
    Die Vorsteherin der Beginen gehorchte.
    »Du weißt, dass gegen dich und die anderen Beginen eine Anklage wegen Ketzerei und Zauberei erhoben wurde?«
    Sie nickte. »Eure Soldaten haben es mir gesagt, als sie in der vergangenen Nacht zu unserem Haus kamen … Aber es entspricht nicht der Wahrheit. Vor allem nicht, was Bilhildis betrifft … Sie hat die Gabe, Gott zu schauen, und versucht, den Menschen mit ihrer Heilkunst zu helfen. Sie hängt weder dem Irrglauben an noch bewirkt sie irgendeinen Schaden …« Obwohl ihre Stimme beherrscht klang, schwang ein flehender Unterton darin mit.
    »Darüber wird das Inquisitionsgericht befinden«, der Kardinal hob die Hand und schnitt Luitgard das Wort ab. Einige Momente herrschte Stille in dem kalten, muffigen Raum. Als er schließlich weitersprach, bemühte er sich, mahnend und eindringlich zu reden. »Du und die anderen Beginen habt eine Frau bei euch aufgenommen, die als Ketzerin und Zauberin gesucht wird. Eine Frau, die sich zudem des Vergehens schuldig gemacht hat, Männerkleidung zu tragen.«
    »Ein Mann ist in unser Haus eingedrungen, während der Pöbel davor tobte, und hat nach ihr gesucht. Er redete Latein, mit einer südländischen Färbung. Woher wisst Ihr …?«, fragte die Vorsteherin überrascht.
    »Es ist nicht deine Sache, mir Fragen zu stellen.«
    Enzio entging nicht, dass die Frau ihm einen raschen, forschenden Blick zuwarf, ehe sie wieder die Lider senkte. Nein, dumm ist sie nicht, stellte er bei sich fest.
    »Wir wussten nicht, dass diese Frau der Ketzerei verdächtig ist. Wir haben sie hinter der Kirche Groß Sankt Martin im Schnee gefunden. Sie war sehr krank, hatte hohes Fieber. Wir haben sie gesund gepflegt, so, wie es unsere Aufgabe den Kranken gegenüber ist.«
    »Sie ist nicht mehr bei euch. Wo ist sie hingegangen? Wie heißt sie?«
    Luitgard zögerte kurz, ehe sie antwortete: »Die Frau – sie nennt sich Donata – hat das Haus vorgestern heimlich verlassen … In der Nacht …«
    »Wo ist die Frau hingegangen?«, wiederholte er.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte sie leise.
    »Es ist ein schweres Vergehen, jemanden, der der Ketzerei verdächtig ist, zu beherbergen und ihn der Inquisition zu entziehen. Du schadest dir und den anderen Frauen …«
    Er schwieg einen Moment, um ihr Zeit zu geben. »Wohin ist die Ketzerin geflohen?«, hakte er scharf nach, als sie immer noch stumm blieb.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Es gibt Mittel, dich zum Reden zu bringen …«
    Luitgard zuckte zusammen und ihre Hände, die sie über dem Leib gefaltet hatte, verkrampften sich. Aber sie schüttelte nur den Kopf.
    »Du hast es dir selbst zuzuschreiben, was mit dir geschehen wird«, bemerkte er leichthin und erhob sich.
    Nachdem er in den gemauerten Gang vor dem Kellerraum hinausgetreten war, kam Léon auf ihn zu. »Herr, die beiden dort haben Euch etwas zu zeigen.«
    Der Diener deutete auf zwei Männer. Veit, der Schreiber, war der

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