Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind
den Fluss, den Bogen hoch über dem Kopf, denn eine nasse Sehne verlor jede Spannung, und stemmte sich gegen den Sog der Flut. Das Wasser stieg ihm bis zur Hüfte, dann erreichte er das schlammige Ufer und lief zu den Soldaten, die kampfbereit auf die französischen Angreifer warteten.
Die ersten Franzosen kamen. Ein Dutzend von ihnen näherte sich zu Pferd über den Pfad, während rechts und links von ihnen Fußsoldaten durch den Sumpf wateten. Thomas beachtete diese Männer nicht – sie würden eine Weile brauchen, bis sie festen Boden erreichten –, sondern begann, auf die Reiter zu schießen.
Er schoss, ohne nachzudenken. Ohne zu zielen. Das Schießen war sein Leben, seine Berufung, sein Stolz. Man nehme einen Bogen, größer als ein Mann, aus Eibenholz gefertigt, und lege Pfeile aus Eschenholz darauf, gelenkt von Gänsefedern und bewaffnet mit einer scharfen Stahlspitze. Da der große Bogen bis zum Ohr gespannt wurde, war es zwecklos, mit dem Auge zu zielen. Doch nach jahrelangem Üben wusste ein Mann, wohin sein Pfeil fliegen würde, und Thomas schoss in einem irrwitzigen Tempo, ein Pfeil alle drei bis vier Herzschläge. Die weißen Federn flirrten über die Marsch, und die langen, stählernen Spitzen bohrten sich durch Kettenpanzer und Leder in französische Leiber, Brustkörbe und Oberschenkel. Sie trafen mit dem dumpfen Geräusch einer Axt, die sich in Fleisch gräbt, und brachten den Angriff der Reiter zum Erliegen. Die vordersten zwei rangen mit dem Tod, ein dritter war in der Leiste getroffen, und die Männer dahinter kamen nicht an den Verwundeten vorbei, weil der Weg zu schmal war, also nahm Thomas sich die Fußsoldaten vor. Wenn einer von ihnen den Schild hob, um seinen Oberkörper zu schützen, schoss Thomas auf die Beine. Der Bogen war zwar alt, aber er tat immer noch seinen Dienst. Thomas war über eine Woche auf See gewesen, und er spürte, wie seine Rückenmuskeln schmerzten, als er die Sehne spannte. Selbst bei seinem abgenutzten Bogen brauchte er dafür genauso viel Kraft, als wenn er einen ausgewachsenen Mann mit einer Hand hochhob, und all diese Kraft ging in den Pfeil. Einer der Franzosen versuchte, durch den Morast zu reiten, doch sein schweres Streitross rutschte auf dem glitschigen Boden aus. Thomas wählte einen Pfeil mit breiter, mit Widerhaken versehener Spitze, die die Eingeweide und Adern des Pferdes aufreißen würde, schoss tief und sah, wie das Tier erbebte. Dann zog er einen spitzen Pfeil aus dem Boden und zielte damit auf einen Fußsoldaten, der sein Visier hochgeklappt hatte. Thomas wartete nicht ab, ob seine Pfeile ihr Ziel trafen, er schoss, nahm einen neuen Pfeil und schoss erneut, und die Sehne peitschte gegen den Hornschutz, den er am linken Handgelenk trug. Früher hatte er seinen Arm nie geschützt, sondern den brennenden Schmerz der Sehne genossen, aber die Folterungen des Dominikaners hatten dicke Narben an seinem linken Unterarm hinterlassen, sodass er die Haut jetzt mit einer Hornscheibe schützen musste.
Der Dominikaner war tot.
Noch sechs Pfeile. Die Franzosen wichen zurück, aber sie waren noch nicht besiegt. Sie brüllten nach Armbrustschützen und weiteren Soldaten, und im Gegenzug schob Thomas seine beiden Sehnenfinger zwischen die Lippen und stieß einen gellenden Pfiff aus. Ein hoher und ein tiefer Ton, dreimal im Wechsel, kurze Pause, dann dasselbe noch einmal, und schon liefen die ersten Bogenschützen auf den Fluss zu. Einige gehörten zu dem Trupp aus Nieulay, der über die Brücke geflohen war, andere lösten sich aus der englischen Schlachtreihe, denn es war das Signal, dass einer ihrer Kameraden Hilfe brauchte.
Thomas nahm seine sechs Pfeile und blickte über die Schulter. Einige von den Reitern des Earls hatten einen Pfad zum Fluss hinunter gefunden und führten ihre mit schweren Kettenpanzern geschützten Pferde durch das wirbelnde Wasser. Es würde noch eine Weile dauern, bis alle am anderen Ufer waren, aber die Bogenschützen wateten jetzt auf der anderen Seite ins Wasser, und diejenigen, die Nieulay am nächsten waren, schossen bereits auf die Armbrustschützen, die ihrerseits zur Verstärkung heraneilten. Von den Hügeln von Sangatte stürmten weitere Reiter herbei, wütend, dass die englischen Ritter zu entfliehen versuchten. Zwei von ihnen galoppierten in das Sumpfgebiet, wo ihre Pferde in dem trügerischen Grund den Halt verloren. Thomas legte einen seiner letzten Pfeile auf die Sehne, ließ den Bogen jedoch wieder sinken. Der Morast
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