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Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Titel: Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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ziehen, und die Königin höchstpersönlich ging vor ihrem Gatten auf die Knie und bat ihn, die sechs Männer zu verschonen. Edward knurrte, überlegte eine Weile, während die sechs reglos zu seinen Füßen lagen, dann ließ er sie leben.
    Den halb verhungerten Bürgern wurden Nahrungsmittel gebracht, aber davon abgesehen zeigte der König keine Gnade. Alle mussten die Stadt verlassen, sie durften nichts mitnehmen außer den Kleidern, die sie am Leib trugen, und selbst die wurden durchsucht, damit niemand Münzen oder Edelsteine durch die englischen Linien schmuggeln konnte. Eine leere Stadt mit Häusern für achttausend Menschen, mit Lagerhäusern, Läden und Schankstuben, mit einem Hafen, einer Zitadelle und Wassergräben gehörte England. «Ein Tor nach Frankreich», freute sich der Earl of Northampton. Er hatte sich ein Haus ausgesucht, das einem der sechs Bürger gehört hatte, der jetzt wie ein Bettler mit seiner Familie durch die Pikardie zog. Es war ein prachtvolles Steinhaus unterhalb der Zitadelle, mit Blick auf den Hafen, in dem jetzt lauter englische Schiffe lagen. «Wir werden die Stadt mit guten Engländern besiedeln», sagte der Earl. «Möchtest du hier leben, Thomas?»
    «Nein, Mylord.»
    «Ich auch nicht», gab der Earl zu. «Die Stadt ist ein Schweinestall, umgeben von Sumpf. Aber immerhin gehört sie uns. Wonach steht dir denn der Sinn, mein junger Freund?»
    Es war Morgen, drei Tage nach der Kapitulation der Stadt, und die beschlagnahmten Reichtümer von Calais wurden bereits unter den Siegern verteilt. Der Earl war reicher, als er erwartet hatte, denn die große Truhe, die Thomas aus der Bretagne mitgebracht hatte, war mit Gold- und Silbermünzen gefüllt, die er nach der Schlacht bei La Roche-Derrien im Lager von Charles de Blois erbeutet hatte. Ein Drittel davon gehörte Thomas’ Herrn, und die Männer des Earls hatten die Münzen gezählt und wiederum ein Drittel seines Anteils für den König beiseitegelegt.
    Thomas hatte seine Geschichte erzählt, wie er auf Geheiß des Earls nach England gegangen war, um in der Vergangenheit seines verstorbenen Vaters nach einem Hinweis auf den Gral zu suchen. Das Einzige, was er gefunden hatte, war ein Buch mit Aufzeichnungen von seinem Vater, einem Pfarrer, in dem es unter anderem auch um den Gral ging. Doch Vater Ralph hatte einen unsteten Geist gehabt und Träume nicht immer von der Wirklichkeit unterscheiden können, und Thomas war aus den Schriften nicht klug geworden. Dann hatte der Dominikaner, der Thomas gefoltert hatte, das Buch an sich genommen, doch zuvor war eine Kopie angefertigt worden, und nun saß ein junger englischer Geistlicher in dem neuen, sonnendurchfluteten Zimmer des Earls oberhalb des Hafens und studierte diese Kopie.
    «Wonach mir der Sinn steht?», wiederholte Thomas. «Ich möchte Bogenschützen anführen.»
    «Gott weiß, ob es überhaupt noch einen Ort gibt, an den du sie führen könntest», erwiderte der Earl düster. «Edward spricht davon, Paris anzugreifen, aber dazu wird es nicht kommen. Es wird eine Waffenruhe geben. Wir werden uns ewige Freundschaft schwören, und dann gehen wir nach Hause und wetzen unsere Schwerter.» Es raschelte leise, als der Geistliche eine Seite umblätterte. Vater Ralph hatte auf Lateinisch, Griechisch, Hebräisch und Französisch geschrieben, und offenkundig beherrschte der Geistliche alle diese Sprachen. Gelegentlich machte er sich Notizen auf einem Stück Pergament. Unten auf dem Kai wurden Bierfässer entladen, und das Rumpeln der mächtigen Tonnen auf dem Pflaster hallte wie Donner herauf. Oben auf der Zitadelle wehte die Flagge des englischen Königs mit seinen Leoparden und Lilien, und darunter das französische Banner, auf den Kopf gedreht, als Zeichen der Verachtung. Neben der Tür des Zimmers standen zwei Männer, Thomas’ Gefährten, und warteten darauf, dass der Earl sie in das Gespräch einbezog. «Wer weiß, ob es überhaupt noch Arbeit für Bogenschützen gibt», fuhr der Earl fort. «Abgesehen vom Bewachen der Festungen. Und darauf bist du versessen?»
    «Das ist alles, was ich kann, Mylord: Bogenschießen.» Thomas sprach normannisches Französisch, die Sprache des englischen Adels, die sein Vater ihm beigebracht hatte. «Und ich habe Geld, Mylord.» Damit meinte er, dass er jetzt in der Lage war, selbst Bogenschützen zu rekrutieren, ihnen Pferde zu geben und sie in den Dienst des Earls zu stellen, was den Earl nicht nur nichts kostete, sondern obendrein bedeutete, dass

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