Die Bücher von Umber, Band 3: Das Ende der Zeit
Bruder Caspar gestorben ist.«
Hap schluckte und drehte sich wieder um. Smudge hatte den Kopf gesenkt und sah Hap von unten an, während er mit beiden Händen seinen verfilzten Bart bearbeitete. Hap biss sich auf die Lippe. »Hat Balfour dir das nicht erklärt?«
Smudge nickte. Seine Stimme war leise und brüchig. »Aber Balfour ist nicht dabei gewesen. Du dagegen schon. Ich will es von dir hören.«
Hap presste die antiken Bücher an sich. »Wir ⦠sind zurück zu der Insel Desolas gefahren, auf der dein Bruder wegen eines Fluchs der Bittmichs in der Falle saÃ. Ein Mann, der uns verfolgte, hat einen Pfeil auf Umber abgeschossen, aber stattdessen Caspar getroffen.«
Smudge zwirbelte seinen Bart. »Hat er sehr leiden müssen?«
In Haps Kehle bildete sich ein KloÃ. Sie waren sich alle einig gewesen, dass Smudge niemals erfahren durfte, was sich als Nächstes ereignet hatte: dass sie Caspars Leichnam mitgenommen und ihn den Seelenkrebsen zum Fraà vorgeworfen hatten, damit diese scheuÃlichen Kreaturen mit Caspars Stimme sprechen und das Versteck der Dokumente enthüllen konnten, die Caspar von Lord Umber gestohlen hatte. Sie hatten es tun müssen, weil vielleicht das Schicksal einer anderen Welt davon abhing, dass sie diese geheimnisvollen Dokumente wiederfanden. Aber nun mussten sie mit dem furchtbaren Gedanken leben, dass sie Caspars Seele einem möglicherweise noch schlimmeren Schicksal überlassen hatten.
»Nein«, meinte Hap, nachdem er sich wieder gefasst hatte. »Das war das Ende seines Leidens. Ich glaube, er fühlte sich in gewisser Weise erlöst, denn so konnte er endlich den Bittmichs entfliehen.«
Smudge strich sich den Bart glatt, hustete und richtete seinen sonst stets gebeugten Körper auf. »Ich verstehe.« Hap ahnte, dass Smudge noch etwas anderes beschäftigte, und wartete ab.
»Ich nehme an, dass ich nun Umbers Archivar bin. Auf Dauer, meine ich. Wo Bruder Caspar doch nicht mehr zurückkommt.«
Hap nickte leicht. »Ja, das nehme ich auch an.«
Smudge kniff die Augen fast ganz zu und kratzte sich am Ohr. »Ist es falsch, wenn ich mich darüber freue, obwohl ich gleichzeitig den Verlust meines Bruders betrauere?«
»Ich glaube nicht«, erwiderte Hap, der sich allerdings selbst nicht ganz sicher war. »Bis später dann, okay?«
10
H ap knabberte an Muffins herum, die Balfour gebacken hatte. Smudges Bücher hatte er sicherheitshalber beiseitegeschoben. Da kam Sophie die Treppe heruntergerannt. Auf ihrem Kittel prangte ein frischer Farbfleck. »Lord Umber ist wach, aber ich glaube, mit ihm stimmt etwas nicht!«
Lady Truden schoss aus ihrem Sessel hoch. »Was? Was ist denn mit ihm?«
Sophie schluckte und wandte den Blick ab. »Sie kommen besser nach oben und sehen es sich selbst an.«
Tru raffte den Saum ihres Kleides mit den Fäusten zusammen und eilte zur Treppe. Hap und Sophie, die sich nicht trauten sie zu überholen, folgten ihr. Hap hörte, dass Balfour und Oates ebenfalls herbeiliefen.
Als sie die Terrasse erreichten, hörten sie Umber zu ihrer Verblüffung johlen und lachen. Er stand mit freiem Oberkörper und einer Schaufel hinter dem gröÃten Pflanzenkübel der Terrasse. Er hatte Erde überall um sich herum verstreut, und den kleinen Baum, der vorher in dem Kübel gewachsen war, hatte er entwurzelt und beiseitegeworfen. Nun kletterte Umber in den hüfthohen Kübel, um die lose Erde darin festzutreten. Oates lachte schnaubend, denn jetzt stellte sich heraus, dass Umber nicht nur einen freien Oberkörper hatte, sondern auch keine Hose trug. Tatsächlich war er vollständig nackt â abgesehen von gestreiften Kniestrümpfen. Er fing laut an zu singen: »Wir lagen vor Madagaskar  â und hatten die Pest an Bord â¦Â«
Sophie wandte sich errötend ab. Lady Truden kreischte auf und schlug die Hände vors Gesicht. Allerdings war Hap sich ziemlich sicher, dass sie zwischen den Fingern hindurchlugte.
»Was ist mit ihm?«, rief Tru.
Balfour gluckste. »Wenigstens ist er nicht schwermütig.«
»Das ist nicht komisch, du alter Dummkopf!«, gab Tru zurück. »Was für eine Art von Pflanze hat dir dieser idiotische Zauberer angedreht?«
»Sie haben doch den Tee aufgebrüht!«, warf Oates ein.
Umber hob sein Gesicht gen Himmel und schmetterte das Lied weiter: »In den Kesseln, da
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