Die Bücher von Umber, Band 3: Das Ende der Zeit
schaute sich mit nur schlecht verhüllter Besorgnis um.
Ja, wir haben es alle gesehen , dachte Hap.
»Wo sind die Blätter?« Balfour warf einen Blick in den Becher.
»Die habe ich natürlich ausgesiebt!«, fauchte Lady Truden ihn an; ihre kämpferische Natur kam wieder zum Vorschein. »Willst du etwa, dass er sich daran verschluckt?«
Balfour sah sie mürrisch an und rückte den Becher näher zu Umber hin. »Na los, mein Freund. Trink das aus, damit heute der letzte Tag deiner Schwermut ist.«
Umber starrte in den Tee und wandte sich dann ab.
Balfour nahm Umbers Handgelenk und schob den Becher in seine Hand. »Umber, ich schwöre, sonst werde ich Oates bitten, dir den Mund aufzuhalten und dir den Tee einfach die Kehle hinunterschütten! Nur zu deinem eigenen Besten natürlich.«
Hap lehnte sich zu Umber hinüber und flüsterte: »Lord Umber, Sie und ich haben wichtige Dinge zu erledigen. Trinken Sie den Tee.«
Umber hob das Kinn und sah Hap an. Dann nickte er, atmete tief ein und führte den Becher zum Mund. Lady Truden schloss die Augen und faltete ihre Hände. Als Umber den Becher wieder senkte, war er halb leer. Er rümpfte die Nase, hob das Gefäà wieder und trank den Rest aus. »Igitt!«, sagte er und streckte die Zunge heraus. Er stieà den Becher eine Armeslänge von sich und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.
Hap hielt Umber genau im Blick und wartete auf eine Veränderung seines Gesichtsausdrucks, und sei sie noch so winzig. Auch Balfour kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Das Sofa quietschte, als Oates sich aufsetzte, um ebenfalls zuzuschauen.
Umbers Miene war ausdruckslos. Doch dann zuckte eine Braue nach oben und er riss beide Augen weit auf. Ãberrascht spitzte er die Lippen und sah nacheinander Balfour, Hap und über die Schulter Lady Tru an.
»Sieh mal einer an«, meinte er.
»Was? Was denn?«, fragte Tru atemlos.
»Ich glaube, mir geht es ⦠besser.«
Balfour schlug mit der Hand auf die Tischplatte. »Einfach so? Wunderbar!«
»Besser. Ja, besser.« Umber wischte sich mit dem Ãrmel den Mund ab. »Allerdings bin ich jetzt auch ein wenig ⦠ein wenig â¦Â«
»Müde?«, vermutete Balfour.
Umbers Mund verzog sich zu einem schiefen, eingefrorenen Grinsen. Er verdrehte die Augen und sein Körper erschlaffte. Wenn Hap ihn nicht schnell am Kragen festgehalten hätte, wäre er mit der Stirn auf die Tischplatte geknallt. Lady Truden gab ein ersticktes Geräusch von sich und schlug sich eine Hand vor den Mund.
»Geht es ihm gut?«, fragte Hap und legte Umbers Kopf vorsichtig ab.
Balfour beugte sich über Umber und schnippte neben dessen Ohr mit den Fingern. »Vielleicht soll das so wirken. Oates, kannst du ihn in eins der freien Zimmer hinauftragen?«
Oates polterte, angeführt von Balfour, die Treppe hinauf. Er hatte Umber wie einen Sack Weizen über die Schulter geworfen. Als sie weg waren, presste sich Lady Tru ihre zitternden Fäuste gegen die Stirn.
Hap fragte sich, ob es schlau war, etwas zu sagen. »Ich glaube, er erholt sich«, meinte er schlieÃlich.
Lady Tru schlug die Augen wieder auf. »Ja«, gab sie leise zurück, »da bin ich mir ganz sicher.« Sie richtete sich auf und räusperte sich. Dann faltete sie, wie üblich, die Hände vor der Taille. Hap bemerkte, wie ihre Miene wieder hart wurde. »Jetzt hätte ich beinahe vergessen, woran ich gerade gearbeitet habe«, sagte sie in ihrem gewohnten Kommandoton. »Junger Mann, ich brauche deine Hilfe.«
»Meine?«, krächzte Hap.
»Ja, deine. Ich wollte, dass Umber auch mitkommt, aber wir kümmern uns besser jetzt gleich darum.« Sie wandte sich an Sophie. »Lauf nach oben, hol deinen Bogen und einen Köcher voller Pfeile und komm so schnell es geht zu uns zurück.«
Der Gang führte an den Archiven und Lagerräumen vorbei tief in den felsigen Berg unter Aerie hinab. Vor ihnen lag der Seitentunnel, der zu jener Kammer führte, in der die Hexe Turiana gefangen saÃ.
»Augenblick mal«, sagte Hap. Lady Truden, die ein Glas voller Glimmerwürmchen in der Hand hielt, um ihnen den Weg zu leuchten, sah ihn an. »Wir gehen doch nicht zu der Hexe, oder?«, fragte Hap. Das war so ungefähr der letzte Ort, wo er hinwollte. Turiana hatte ihm bei ihrer bislang einzigen Begegnung einen Heidenschrecken
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