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Die Bücher von Umber, Band 3: Das Ende der Zeit

Die Bücher von Umber, Band 3: Das Ende der Zeit

Titel: Die Bücher von Umber, Band 3: Das Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. W. Catanese
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eingejagt. Damals hatte Umber ihn zu ihrer Kammer gebracht, um etwas über Haps Herkunft herauszufinden. Es war nicht allein ihr grausiges Aussehen, das Hap so verängstigt hatte. Es war die Art, wie sie ihn verspottet hatte, wie sie angedeutet hatte, er sei tot – was sich als zumindest teilweise wahr herausgestellt hatte. Und es war ihr unheimliches Talent, in den Gedanken ihrer Besucher zu lesen.
    Lady Tru spitzte die Lippen und runzelte die Stirn. »Nein. Ich betrete diese Kammer auch nicht häufiger, als ich unbedingt muss. Aber es ist meine Aufgabe, mich um diese Missgeburt zu kümmern. Wenn du mich fragst, ist das allerdings sinnlos. Sie ist die ganze Zeit in Trance und nimmt nie etwas von dem Essen, das ich ihr bringe.« Sie ging weiter. »Ich will dir etwas in den Höhlen zeigen. Ich nehme an, du kannst immer noch im Dunkeln sehen?«
    Â»Ã„hm … ja«, antwortete Hap.
    Â»Gut«, gab Lady Tru zurück und murmelte leise: »Seltsamer Junge.«
    Sie gingen weiter durch die Höhlen, die sich durch eine wogende Felsenlandschaft zogen. An den Wänden und der Decke krochen unzählige weitere Glimmerwürmchen umher, so dass die Räume von einem Regenbogen aus schwachem Licht erfüllt waren. Die feuchte Luft roch nach den Mineralien der Unterwelt. Sie passierten den unterirdischen See, wo von den Felsen an der Decke Tropfen mit klingendem Geräusch ins Wasser fielen und dicht unter der Oberfläche durchsichtige Fische ihre Bahnen zogen.
    Vor ihnen ragte das riesige Fallgitter auf: Ein gezacktes eisernes Tor, dessen dicke, dicht beieinander liegende Gitterstäbe einen Gang versperrten, der noch tiefer unter die Erde führte. Es hielt die fürchterlichen Geschöpfe zurück, die auf der anderen Seite lauerten. Diese Wesen hatten der Hexe gedient, als sie die Stadt in ihrem Schreckensgriff gehalten hatte. Das war, bevor Umber sie ihrer dunklen Macht beraubt und sie in Aerie eingesperrt hatte.
    Ehe Lady Truden das Fallgitter erreichte, versteckte sie sich hinter einem der dicksten Steinpfeiler und gab Hap und Sophie einen Wink, es ihr nachzutun. Sophies Miene spannte sich an. Da, wo an ihrem verletzten Arm die Hand hätte sein sollen, hatte sie einen Haken angeschnallt. Auf die Art konnte sie den Bogen halten, den Umber für sie angefertigt hatte. Der Bogen war bereits eingerastet; jetzt griff sie über die Schulter nach hinten und zog einen Pfeil aus ihrem Köcher. Hap staunte, wie ihr schüchternes Wesen in Augenblicken wie diesem in den Hintergrund trat und sie sich in eine grimmige Kämpferin verwandelte. »Was ist, Lady Truden?«, fragte Sophie.
    Lady Truden legte den Zeigefinger an ihre Lippen. »Wartet«, sagte sie und lugte um den Pfeiler herum. »Riecht ihr das?«
    Â»Bah«, machte Sophie. Hap konnte es auch riechen – etwas Faules, Vergammeltes. Er spürte einen Kloß im Hals.
    Â»Ich höre auch etwas«, flüsterte Sophie. »Hap, du auch?«
    Hap drehte den Kopf. Er hörte auf den Steinen, die sie umgaben, Wassertropfen zerplatzen. Und noch etwas: ein Geräusch, das aus der Dunkelheit jenseits des Gitters hervordrang. Es war ein langsames, schweres Atmen, rasselnd beim Einatmen, gurgelnd beim Ausatmen. Die tiefe Tonlage ließ auf gewaltige Lungen schließen. Etwas Großes , dachte Hap.
    Â»Ich habe dich wegen deiner Augen mitgenommen«, zischte Lady Truden ihm zu. »Jetzt benutze sie auch!«
    Hap schluckte – was mit einem derart trockenen Mund gar nicht so einfach war. Er reckte vorsichtig seinen Kopf hinter dem Pfeiler hervor.
    Hinter dem Fallgitter war es dunkel. Die Glimmerwürmchen, die diesseits des Tors allgegenwärtig waren, bewegten sich nicht auf die andere Seite, als ob sie dort etwas Boshaftes und Gefährliches erspürten. Aber Haps Augen durchdrangen die Finsternis und konnten dennoch den natürlichen Tunnel ausmachen, der tief in den Felsen hineinführte und dann eine Kurve beschrieb, so dass man seine volle Länge nicht abschätzen konnte. Mit den kegelförmigen Tropfsteinen, die vom Boden aufragten und von der Decke herabhingen – Umber nannte sie Stalagmiten und Stalaktiten – wirkte der Tunnel wie ein gruseliger Schlund und die spitz zulaufenden Steine wie Zähne.
    An Stellen, wo die aufragenden und herabhängenden Steine im Laufe der Jahrtausende zusammengewachsen waren, hatten sich weitere dicke Pfeiler gebildet. Hap

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