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Die Bücherdiebin

Die Bücherdiebin

Titel: Die Bücherdiebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Zusak
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Es war ihre Art, ihm zu sagen, dass es Zeit war weiterzugehen.
    Rosa Hubermann und Barbara Steiner standen gemeinsam auf dem Bürgersteig der Himmelstraße.
    »O Jesus«, sagte Liesel. »Die sehen aus, als hätten sie sich Sorgen gemacht.« »Die sehen stinkwütend aus.«
    Als sie nach Hause kamen, prasselten Fragen auf sie ein, hauptsächlich von der Art wie: »Wo zum Teufel habt ihr zwei gesteckt?«, aber der Zorn wandelte sich schnell in Erleichterung.
    Barbara allerdings bestand auf einer Antwort: »Nun, Rudi?«
    Liesel antwortete an seiner Stelle: »Er hat den Führer umgebracht«, sagte sie, und Rudi schaute sie so ehrlich erfreut an, dass sie sich unwillkürlich mit ihm freute.
    »Mach's gut, Liesel.«
    Etliche Stunden später drang Lärm aus dem Wohnzimmer. Er schlich sich zu Liesel ins Bett. Sie wachte auf und blieb still, dachte an Gespenster, an Papa und an Einbrecher und an Max. Geräusche von Türen, die geöffnet und geschlossen wurden, kamen als Nächstes, und dann eine faserige Stille. Die Stille war die größte Versuchung.
    Nicht bewegen.
    Sie dachte es öfter als ein Mal, aber nicht oft genug.
    Ihre Füße zankten mit dem Fußboden. Luft atmete durch ihre Pyjamajacke.
    Sie ging durch die Dunkelheit des Flurs in Richtung der Stille, die vor Kurzem noch Lärm gewesen war, zu dem Faden aus Mondlicht, der im Wohnzimmer lag. Sie blieb stehen und spürte die Nacktheit ihrer Knöchel und Zehen. Sie schaute.
    Ihre Augen brauchten länger als erwartet, um in dem Dämmerlicht etwas zu sehen, und als sie es taten, gab es keinen Zweifel: Rosa Hubermann saß auf der Bettkante, das Akkordeon ihres Mannes vor der Brust. Ihre Finger lauerten über den Tasten. Sie rührte sich nicht. Sie schien nicht einmal zu atmen.
    Der Anblick warf sich dem Mädchen im Flur entgegen.
    EIN GEMÄLDE
    Titel: Rosa mit Akkordeon. Technik: Mondlicht auf Dunkel. Maße: 5,1 Zoll x Instrument x Schweigen.
    Liesel blieb und schaute.
    Minuten tröpfelten vorbei. Das Verlangen der Bücherdiebin, einen Ton zu vernehmen, war ermüdend, und doch war nichts zu hören. Die Tasten wurden nicht berührt. Die Blasebälge atmeten nicht. Da war nur das Mondlicht, wie eine lange Haarsträhne zwischen den Vorhängen, und da war Rosa.
    Das Akkordeon blieb an ihrer Brust. Dann neigte sie den Kopf, und es sank in ihren Schoß. Liesel schaute. Sie wusste, dass Mama nun ein paar Tage lang mit dem Abdruck des Akkordeons auf ihrem Körper herumlaufen würde. Und sie wusste genau, dass in dem, was sie gerade sah, eine unglaubliche Schönheit lag. Sie hütete sich, diese Schönheit zu zerstören.
    Sie ging wieder ins Bett und schlief mit dem Bild ihrer Mama und der schweigenden Musik ein. Später, als sie aus ihrem vertrauten Traum erwachte und wieder in den Flur ging, war Rosa immer noch da, genauso wie das Akkordeon.
    Wie ein Anker zog es sie nach unten. Ihr Körper war vornübergesunken. Sie wirkte tot.
    In dieser Stellung kann sie doch unmöglich atmen, dachte Liesel, aber als sie näher schlich, hörte sie es.
    Mama schnarchte.
    Wer braucht schon Blasebälge, dachte Liesel, wenn man eine solche Lunge hat?
    Als Liesel schließlich ins Bett zurückkehrte, ließ das Bild von Rosa Hubermann und dem Akkordeon sie nicht los. Die Augen der Bücherdiebin blieben offen. Sie wartete darauf, dass der Schlaf das Bild erstickte.
    der sammler
    Weder Hans Hubermann noch Alex Steiner wurden an die Front geschickt. Alex kam nach Österreich, in ein Wehrmachtskrankenhaus außerhalb von Wien. Aufgrund seiner Erfahrung im Schneiderhandwerk teilte man ihm eine Arbeit zu, die wenigstens entfernt mit seinem Beruf zu tun hatte. Jede Woche kamen kistenweise Uniformen und Socken und Hemden, und er flickte, was geflickt werden musste, selbst wenn die Kleidung nur noch als Unterwäsche für die leidenden Soldaten in Russland Verwendung finden konnte.
    Hans wurde - Ironie des Schicksals - zuerst nach Stuttgart abkommandiert und später nach Essen. Er bekam den ungeliebtesten Posten der ganzen Heimatfront. Er kam zur LSE.
    EINE NOTWENDIGE ERKLÄRUNG
    LSE = Luftwaffensondereinheit
    Die Aufgabe der LSE war, während der Luftangriffe oben zu bleiben und Feuer zu löschen, die Wände von Gebäuden abzustützen und den Menschen zu helfen, die in den Trümmern eingeschlossen oder verletzt waren. Hans erfuhr recht schnell, dass die Abkürzung noch eine andere Bedeutung hatte. Die Männer in seiner Einheit erklärten ihm gleich am ersten Tag, dass die drei Buchstaben in Wahrheit für

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