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Die Büchse der Pandora

Die Büchse der Pandora

Titel: Die Büchse der Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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hat ihn durchs Fenster gesehen. Vor dem Abendessen hat er sich in der Bibliothek einen Cocktail genehmigt. Das Glas hat sie eben erst weggeräumt, und zum Glück konnte ich es an mich bringen, bevor sie es gespült hatte. Schon danach klagte er, er fühle sich krank.«
    »Gut«, sagte Tommy. »Das Glas werde ich unverzüglich zu Burton bringen. Noch etwas?«
    »Ich möchte gern, dass du dir Hannah ansiehst, das Kammermädchen. Sie ist… seltsam.«
    »Was soll das heißen – seltsam?«
    »Für mich sieht es aus, als wäre sie übergeschnappt.«
    »Führ mich zu ihr.«
    Tuppence begleitete ihn nach oben. Hannah hatte ein eigenes kleines Wohnzimmer für sich allein. Dort saß sie aufrecht auf einem Stuhl mit hoher Lehne. Auf ihren Knien lag eine aufgeschlagene Bibel. Sie schaute nicht zu den beiden Fremden auf, die ihr Zimmer betraten. Vielmehr las sie weiter laut aus der Bibel vor.
     
    » Er wird Strahlen über sie schütten; er wird sie mit Feuer tief in die Erde schlagen, dass sie nicht mehr aufstehen.«
     
    »Könnte ich kurz mit Ihnen sprechen?«, fragte Tommy.
    Hannah machte eine ungeduldige Handbewegung.
    »Es ist nicht die Zeit. Die Zeit läuft uns davon. Ich will me i nen Feinden nachjagen und sie ergreifen und nicht umkehren, bis ich sie umgebracht habe. So steht es geschrieben. Das Wort des Herrn ist über mich gekommen. Ich bin die Geißel des Herrn.«
    »Vollkommen übergeschnappt«, murmelte Tommy.
    »So redet sie schon die ganze Zeit«, flüsterte Tuppence.
    Tommy nahm ein Buch in die Hand, das aufgeschlagen und umgedreht auf dem Tisch lag. Er las den Titel und steckte sich den Band in die Tasche.
    Plötzlich stand die alte Frau auf und kam drohend auf sie zu.
    »Verschwinden Sie von hier! Die Zeit ist gekommen! Ich bin der Flegel des Herrn. Der Wind bläst, wo er will – und so zerstöre ich. Die Gottlosen werden zugrunde gehen. Ich sage euch, dies ist ein Haus des Bösen – des Bösen! Hütet euch vor der Rache des Herrn, dessen Dienerin ich bin.«
    Mit wildem Blick kam sie auf die beiden zu. Tommy hielt es für das Beste, ihr den Gefallen zu tun und sich zu empfehlen. Als er die Tür hinter sich schloss, sah er, wie sie die Bibel wieder zur Hand nahm.
    »Ich frage mich, ob sie schon immer so war«, murmelte er.
    Dann zog er das Buch aus der Tasche, das er vom Tisch genommen hatte.
    »Sieh dir das an. Seltsame Lektüre für ein ungebildetes Kammermädchen.«
    Tuppence nahm das Buch.
    »Materia Medica«, flüsterte sie. Sie schlug das Vorsatzblatt auf. »Edward Logan. Es ist ein altes Buch. Tommy, ob wir wohl mit Miss Logan sprechen können? Dr. Burton sagte, sie sei auf dem Wege der Besserung.«
    »Wollen wir Miss Chilcott fragen?«
    »Nein. Wir schicken eines der Hausmädchen vor, um sie zu fragen.«
    Nach einer kurzen Wartezeit wurde ihnen mitgeteilt, Miss Logan sei bereit, sie zu empfangen. Man führte sie in ein großes Schlafzimmer mit Blick über den Rasen. Im Bett lag eine weißhaarige alte Dame, deren zartes Gesicht vom Leid gezeichnet war.
    »Ich war sehr krank«, sagte sie schwach. »Ich kann nicht lange sprechen, aber Ellen sagte mir, Sie seien Privatdetektive. Lois ist also zu Ihnen gegangen, um Sie zurate zu ziehen? Sie sprach davon.«
    »So ist es, Miss Logan«, sagte Tommy. »Wir wollen Sie nicht überanstrengen, aber vielleicht können Sie uns einige wenige Fragen beantworten. Das Kammermädchen Hannah, ist sie bei klarem Verstand?«
    Sichtlich überrascht sah Miss Logan ihn an.
    »Aber ja. Sie ist sehr religiös… aber es ist alles in Ordnung mit ihr.«
    Tommy holte das Buch hervor, das er von ihrem Tisch genommen hatte.
    »Ist das Ihres, Miss Logan?«
    »Ja. Es gehörte meinem Vater. Er war ein großer Arzt, einer der Pioniere der Serumtherapie.«
    Die Stimme der alten Dame war von Stolz erfüllt.
    »Richtig, richtig«, sagte Tommy. »Der Name kam mir doch gleich bekannt vor«, log er. »Haben Sie Hannah dieses Buch geliehen?«
    »Hannah?« Entrüstet richtete sich Miss Logan im Bett auf. »Natürlich nicht. Sie würde kein einziges Wort davon verstehen. Es ist ein Fachbuch.«
    »Ja, das sehe ich. Und doch fand ich es in Hannahs Zimmer.«
    »Skandalös«, sagte Miss Logan. »Ich werde es mir nicht bieten lassen, dass sich die Dienstboten an meinem Eigentum vergreifen.«
    »Wo sollte es eigentlich sein?«
    »Im Bücherregal in meinem Salon… oder, warten Sie, ich habe es an Mary verliehen. Die Gute interessiert sich sehr für Kräuter. Sie hat schon das eine oder andere

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