Die Büchse der Pandora
Appartement bewohnt.«
Der Kellner kam einen Augenblick später zurück.
»Mrs Cortland van Snyder aus Detroit.«
Mr Carter wurde sehr nachdenklich.
»Ich möchte doch wissen… Ob wohl diese Mrs van Snyder mit im Spiel ist, oder ob sie…« Er ließ den Satz unvollendet. »Hören Sie irgendein Geräusch da drinnen?«, fragte er plötzlich.
»Nein, nicht das geringste. Aber die Türen schließen gut; viel kann man bei geschlossenen Türen sowieso nicht hören.«
Ohne lange zu überlegen fasste Carter einen Entschluss.
»Die Sache gefällt mir nicht. Wir gehen hinein. Haben Sie einen Hauptschlüssel?«
»Gewiss, Sir.«
»Rufen Sie Evans und Clydesly.«
Als Mr Carter den Schlüssel im Schloss umdrehte, öffnete sich die Tür des Appartements geräuschlos, und die Gruppe der Geheimpolizisten, verstärkt durch die beiden Neuankömmlinge, schob sich vorwärts.
Sie befanden sich nun in einem kleinen Vorraum. Rechts führte eine offenstehende Tür ins Badezimmer, vor ihnen lag der Salon. Zu ihrer Linken befand sich eine geschlossene Tür, durch die ein leiser Ton herausdrang – wie das Husten eines asthmatischen Hündchens. Mr Carter stieß die Tür auf und trat ein. Es war ein Schlafzimmer mit einem großen Doppelbett, bedeckt mit einer Steppdecke aus goldbestickter rosa Seide. Darauf lag eine elegant gekleidete Frau in mittleren Jahren, an Händen und Füßen gefesselt und mit einem Knebel im Mund. Vor Schmerz und Wut schienen ihr die Augen fast aus dem Kopf zu quellen.
Auf Befehl von Mr Carter hatten seine Leute sich im ganzen Appartement verteilt. Nur Tommy und der Chef waren ins Schlafzimmer eingedrungen. Mr Carters Blicke überflogen den ganzen Raum, während er, über das Bett gelehnt, versuchte, die Fesseln der Bedauernswerten zu lösen. Außer einem Stapel Koffer und Reisetaschen befand sich nichts in diesem Zimmer. Keine Spur von dem Russen oder von Tuppence. Einen Augenblick später kam der Kellner hereingestürzt, um zu berichten, dass die anderen Zimmer ebenfalls leer seien. Tommy ging zum Fenster, zog sich aber gleich wieder kopfschüttelnd zurück. Es gab keinen Balkon – die Hauswand war glatt bis hinunter zur Straße.
»War es ganz bestimmt dieses Zimmer, in das sie gegangen sind?«, fragte Carter scharf.
»Zweifellos. Übrigens…«, er wies auf die Frau auf dem Bett. Mithilfe eines Taschenmessers zerschnitt Carter die Schärpe, die die Frau fast erstickte. Eines stand fest: Was immer Mrs Cortland van Snyder durchlitten haben mochte – die Rede hatte es ihr nicht verschlagen. Als sie ihrer ersten Empörung Luft gemacht hatte, wagte Mr Carter mit sanfter Stimme die Frage: »Könnten Sie bitte so freundlich sein, uns genau zu berichten, was passiert ist – von Anfang an?«
»Ich werde das Hotel für diesen Überfall gerichtlich belangen! Ein wahrer Skandal! Ich war gerade dabei, mein Antigrippin zu suchen, als ein Mann von hinten über mich herfiel und unter meiner Nase eine kleine Flasche zerbrach; bevor ich auch nur Luft holen konnte, war ich weg. Als ich wieder zu mir kam, lag ich da, verschnürt und geknebelt, und Gott weiß, was mit meinem Schmuck geschehen ist! Er hat ihn bis auf das letzte Stück mitgenommen, nehme ich an.«
»Ihr Schmuck dürfte unberührt geblieben sein«, bemerkte Mr Carter trocken. Er wandte sich um und hob etwas vom Boden auf. »Standen Sie genau an der Stelle, wo ich jetzt stehe, als er Sie überfiel?«
»Genau dort«, bestätigte Mrs van Snyder.
Es war ein Stückchen dünnes Glas, das Mr Carter aufgehoben hatte. Er roch daran und reichte es Tommy.
»Chloräthyl«, murmelte er. »Ein Betäubungsmittel, das sofort wirkt. Aber es hält auch nur ein kurzes Weilchen vor. Er war zweifellos noch im Zimmer, als Sie zu sich kamen, nicht wahr, Mrs van Snyder?«
»Das sage ich Ihnen doch gerade! Oh, ich bin beinahe verrückt geworden, dass ich ihn gehen lassen musste, ohne auch nur einen Finger rühren zu können!«
»Wie?«, fragte Mr Carter scharf. »Auf welchem Weg?«
»Durch diese Tür.« Sie zeigte auf die Tür in der gegenüberliegenden Wand. »Es war eine Frau dabei, aber sie benahm sich so sonderbar, als ob sie auch ihre Portion Chloräthyl abbekommen hätte.«
Carter sah seinen Mitarbeiter fragend an.
»Die Tür führt ins nächste Appartement, Sir. Aber es sind Doppeltüren, die von beiden Seiten verriegelt sein sollen.«
Mr Carter untersuchte die Tür sorgfältig. Dann richtete er sich auf und wandte sich dem Bett zu.
»Mrs van Snyder«, sagte er
Weitere Kostenlose Bücher