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Die BUNTE Story

Die BUNTE Story

Titel: Die BUNTE Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Burda
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Künstlerleben wurden jäh beendet, als mein Vater kurz vor meinem Abitur knapp, aber entschieden feststellte: »Du sollst Verleger werden!« Immerhin konnte ich ihm noch einen Kompromiss abhandeln: Statt der ungeliebten Jurisprudenz durfte ich Kunstgeschichte in München studieren.
    In zwölf Semestern bis zur Promotion entwickelte ich mich zum begeisterten Schüler einer bedeutenden Gestalt der damaligen Kunstgeschichte, Hans Sedlmayr. Seine akademische Karriere hatte er an der Wiener Universität begonnen. Sein Buch »Verlust der Mitte« beherrschte die kulturkritischen Debatten der fünfziger Jahre. Er erschloss mir die Kunst der gotischen Kathedralen, weckte meine Begeisterung für Lorenzo de’ Medicis Mäzenatentum und wies mich in die Betrachtung der Werke Raffaels und Michelangelos ein. Den Maler Hubert Robert, ein Zeitgenosse der Französischen Revolution, brachte er mir nahe. Über ihn schrieb ich meine Dissertation.
    Mit dem Universitätsstudium und seinen intellektuellen Abenteuern hatte ich mich von dem Offenburger Ambiente und der Welt der Illustrierten entfremdet. »Neue Revue«, »Quick«, »Neue Illustrierte«, »Münchner Illustrierte«, »Stern« oder »Bunte« – ich hatte das Interesse dafür verloren.
    Es kam mit meinem Vater zum Dissens über meine berufliche Zukunft. Schließlich wurde entschieden, ich sollte für einige Zeit nach New York ins »Exil« gehen. Im Jahr 1966 arbeitete ich dort bei Time Life und lernte Gil Maurer, den späteren Chef von Hearst, kennen. Bei Look Magazine studierte ich das Heft »Family circle« (aus den dort gewonnenen Erkenntnissen entstand später »meine Familie & ich«). In den Werbeagenturen traf ich auf den alerten Art Director Paul Maenz von Young & Rubicam. Der Besuch eines Beatles-Konzertes zählte zu den Höhepunkten meiner Freizeit. Am liebsten las ich damals den »Esquire«. Während eines Kurzbesuches in Chicago suchte ich die Redaktion von »Advertising Age« auf und schaffte es noch, bei Hugh Hefners »Playboy Mansion« vorbeizuschauen. Im großen Swimmingpool planschten ausgelassen junge, vollbusige Bikini-Schönheiten.
    In New York war es wohl, dass ich zum ersten Mal etwas über Pop-Art hörte. Bis dahin hatte der Kritiker Clement Greenberg die dortige Kunstszene dominiert. Seine Deutung des abstrakten Expressionismus setzte die Maßstäbe. Franz Kline, Jackson Pollock oder Mark Rothko verdankten ihm in den Fünfzigern ihren Aufstieg in der Kunstwelt. Figurative Malerei galt als verpönt und wurde von der Kunstavantgarde verachtet. Doch plötzlich im Jahr 1962 tauchten Bilder mit Gegenständen auf dem Kunstmarkt auf. Die Kunstszene empfand vor allem die »Campbell’s soup cans« von einem Andy Warhol als Skandal und begegnete seinen Kreationen mit äußerstem Unverständnis. Doch der einstige Illustrator und Werbegrafiker löste eine Revolution aus, indem er alles aus der Populärkunst aufnahm, was er für glamourös hielt, und zu Kunstwerken erklärte: »Brillo Boxen«, Aufnahmen aus Illustrierten, Polizeifotos von Autounfällen, die trauernde Jackie Kennedy und Porträts der Schauspieler Marilyn Monroe und James Dean. In kurzer Zeit wurde Warhol die führende Figur der Pop-Art, zu deren Protagonisten noch Rauschenberg, Lichtenstein, Wesselmann und andere gehörten. Als ich in New York war, regierte Andy Warhol über mehrere Fabrikhallen, »factories« genannt, in denen auch Zeitungen, Filme und Popmusik produziert wurden. Mich faszinierten die Porträts von Film- und Showgrößen, die von Warhol in einen anderen, ästhetisch neuen Rahmen übertragen wurden. Das für mich damals Unvereinbare, die Kunstwelt einerseits, die Illustriertenwelt andererseits, hier schoben sie sich ineinander, hier wurde ihr mir unversöhnlich erscheinender Gegensatz aufgehoben. Warhol empfand ich wie Bob Dylan, Paul McCartney, Mick Jagger für die herausragenden Genies meiner Zeit.

Andy Warhol in Offenburg. Zum 70. Geburtstag meins Vaters porträtiert er ihn und meine Mutter mit seiner Polaroid.

Bazon Brock, Professor für Philosophie und Ästhetik an der Hochschule in Wuppertal, hat mich auf Thomas Jefferson, die amerikanische Verfassung und den »Pursuit of Happiness« aufmerksam gemacht.
    Wieder zurück in Deutschland, konzentrierte ich mich mit Helmut Markwort ganz auf die Arbeit an der Fernsehzeitschrift »Bild + Funk«. Wir residierten in einem neuen Verlagshaus an der Arnulfstraße in München. Als die frischen Erinnerungen an meine New Yorker Zeit

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