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Die BUNTE Story

Die BUNTE Story

Titel: Die BUNTE Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Burda
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Angeles. Mit dem abgebildeten Funkgerät von Hasselblad waren wir in der Lage, direkt von Farbnegativen Farbauszüge zu erstellen und somit eine Woche früher am Kiosk zu sein. Rechts neben mir Heinz Morstadt, Chef vom Dienst, Dieter Wurth aus der Herstellung, ganz links Volker Hiß, Herstellung.
    Von der Captatio benevolentiae, dem Einfangen geneigter Zuhörer oder Leser, über die Persuasio, deren Überredung und Überzeugung, bis hin zur Conclusio, der Zusammenfassung am Ende der Rede, lernte ich alle Schritte der vormodernen Rhetorik. Ich kannte natürlich auch die populären Theorien wie die Leiter, die Aufzählung von Fakten, den Kippschalter einerseits, andererseits die Zuspitzung, den Spannungsaufbau, die Notwendigkeit, den Leser zum Weiterlesen zu motivieren, bis hin zum Schemel mit seinen drei Beinen und die Zusammenfassung am Schluss: erstens, zweitens, drittens.
    Viele der damaligen Redakteure gestehen mir heute, dass sie dieser Zeit nachtrauern. Denn wir waren eine verschworene Gemeinschaft, lebten vorwiegend in der Redaktion, begannen gegen 10 Uhr morgens mit der Arbeit, aßen zusammen zu Mittag und ließen uns gegen 20.30 Uhr das Abendessen in die Redaktion kommen. Oft war es Mitternacht, als wir die Büroräume verließen.
    Ich hatte eine Wohnung im dem Verlag gegenüberliegenden »Langen Franz«, so hieß das Bürohaus, wo eigentlich Vertriebs- und Anzeigenabteilungen untergebracht waren. Nur oben war eine Etage mit Penthousewohnungen freigehalten worden. Eine von ihnen hatte ich mir eingerichtet, und ich bat Mathias Nolte, den mir mein Freund Michael Krüger empfohlen hatte, die Wohnung nebenan zu mieten. Ich litt an Schlafstörungen und hatte alle erdenklichen Herzprobleme. Ein Rettungsplan, der auch den Einsatz eines Krankenwagens vorsah, wurde erstellt, der zum Glück nie zur Anwendung kam. Meine Herzprobleme legten sich erst, als meine Freundin Mucki Göhner bei mir einzog.
    Durch Tremper hatte ich sie kennengelernt. Sie arbeitete für die Zeitschrift »Carina« und wurde später Ressortleiterin bei der »Marie Claire« von Gruner+Jahr.
    Noch immer denke ich daran, in welchem Tempo die Wochentage damals dahinrasten. Jeden Sonntag um 17.00 Uhr hatte ich Dienst, um das gerade produzierte Heft auf den aktuellsten Stand zu bringen. Zwölf Jahre lang. Aber ich mochte meine Mannschaft sehr. Der innere Kern hatte die Mentalität einer erfolgshungrigen Fußballmannschaft. Um die Qualität des »Stern« unter Henri Nannen wusste ich. Aber die »Quick« und die »Neue Revue« hatten die Schlacht gegen uns verloren und als Verlierer das Spielfeld verlassen.

9 Petrarca

In der Mitte jedes Jahres gab es einen Höhepunkt ganz eigener Art. Keine Leit- und Merksätze, kein Wurf des Lassos, kein Kampf um das Titelthema im Blatt. Es waren die Tage des Petrarca-Preises.
    Den 600. Todestag des Poeten der Frührenaissance nahm Bazon Brock im Sommer 1974 zum Anlass, mich und meinen Freundeskreis in München dazu zu überreden, einen Literaturpreis ins Leben zu rufen, der sich gegen die vorherrschende engagierte und politisierende Literatur richtete. Der Name des Lyrikers Francesco Petrarca (1304–1374) sei Programm genug für eine ästhetisch richtig verstandene Moderne. Brock war von einem Aufsatz des Philosophen Joachim Ritter mit dem Titel »Landschaft« beeindruckt, in dem Petrarcas lyrische Beschreibung einer Besteigung des Mont Ventoux in der Provence als ein auf die Moderne verweisendes Ereignis gedeutet wurde. Die Jury war schnell zusammengestellt: Nicolas Born, Bazon Brock, Peter Handke, Michael Krüger und Urs Widmer. Ich fungierte als Stifter. Ab 1975 zeichneten wir Dichter aus aller Welt aus. Die Preisverleihung wurde auf drei Tage angelegt. Eine etwa 50-köpfige Gesellschaft aus Literaten und Literaturfreunden fand sich jeweils an einem Ort zusammen, der im Leben Petrarcas eine Rolle gespielt hatte. Neben der eigentlichen Preisverleihung wurden Lesungen und kunsthistorische Führungen veranstaltet.
    Gehe ich heute den Bildband »Im Garten der Dichter« durch, der die ersten zwanzig Jahre des Preises dokumentiert, dann steigen die Erinnerungen wieder an die Dichterlesungen in italienischen Gärten und Villen auf, an Sarah Kirsch und Ernst Meister, an Zbigniew Herbert und Jan Skácel. Als letztes Jahr Tomas Tranströmer den Nobelpreis für Literatur erhielt, dachte ich an Vicenza 1981 zurück, wo wir ihn zum Petrarca-Preisträger gekürt hatten, und an das Bild des jungen Tomas, der im barocken Park des

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