Die Burg der flammenden Herzen
wenn ich in dein Haus komme?”
“Dein Tonfall steht einer gehorsamen Frau schlecht an.”
“Du hast Recht, Sebastian. Aber du hast mich noch nicht für dich beansprucht.”
Er kam näher, so nah, als wollte er sie einschüchtern. Wenn das seiner Absicht entsprach, hatte er beinahe Erfolg. Doch hartnäckiger Stolz und der Beschluss, sich nicht erneut zu ducken, veranlasste sie, gerade und mit erhobenem Haupt vor ihm zu stehen. Herausfordernd hielt sie seinem Blick stand und wehrte sich gegen jegliche Unterwürfigkeit, während sie innerlich zitterte. Aber es war keine Furcht, die sie fühlte.
“Soll ich also meinen Anspruch auf dich geltend machen?” fragte er. “Wird das deine Zunge zügeln?”
“Du hast mich gebeten, offen zu sprechen. Wenn dir nichts an ehrlichen Worten liegt, dann gestatte mir nicht, so zu sprechen.”
“Soll ich meinen Anspruch geltend machen, Beatrice? Antworte mir wahrheitsgemäß.”
Der Quell aus Mut und kecken Worten in ihr versiegte. Erheitert und entsetzt zugleich starrte sie in seine Augen, die dunkel hinter seinen golden glänzenden Wimpern ruhten. Doch sie fürchtete sich nicht vor ihm, obwohl in den Tiefen seiner Augen etwas glomm, das ihr Angst einflößte. Ja, dachte sie. Nein … ich weiß es nicht.
“Du hast versprochen, mich zu Michaelis zu heiraten. Ist das nicht früh genug?” Ihre Stimme war leise, ähnelte einem rauen Flüstern und klang gar nicht nach ihrer eigenen Stimme. Die Worte schienen nicht durch ihren Verstand geformt zu sein, sondern entsprangen offenbar den Tiefen ihrer Seele.
Sebastian befeuchtete die Lippen. “Nein”, wisperte er, “ist es nicht.” Er schluckte und trat einen Schritt zurück. Sein Mund war eine dünne, harte Linie. “Fang das nicht mit mir an, Beatrice. Du wirst mich nicht lächerlich machen.” Er trat noch einen Schritt zurück. “Ich muss gehen, und ich glaube nicht, dass ich dich wiedersehen werde, bevor du auf die Burg deines Vaters zurückkehrst. Frage deinen Vater nach den Bedingungen deiner Mitgift, wenn es dich interessiert.”
“Wohin gehst du?” wollte sie wissen. Die Frage hätte sie nicht stellen dürfen, denn es stand ihr nicht zu, doch sie konnte ihn jetzt noch nicht fortlassen.
Er runzelte die Stirn. “Wagst du es, mich auszufragen?”
Wenn ich Ja sage, wird er sehr zornig werden, zu Recht. Wenn ich Nein sage, lüge ich.
Sie starrte ihn an.
Das war eine törichte Frage, mein gefürchteter Gemahl.
Als sie nicht antwortete, stieß er einen Seufzer aus. Der Ausdruck des Missfallens schwand, und die Anspannung fiel von ihm ab. Er sah so müde aus, wie sie sich fühlte, doch in seinen Augen entdeckte sie einen Funken, den sie bis in die Zehenspitzen spürte.
Wie kann das sein? Wie kann ich das in seiner Gegenwart fühlen? Und wie lange fühlt er es schon?
“Du bist verwirrt, und jetzt bin ich auch durcheinander”, sagte er. Zum ersten Mal seit Jahren lag ihr gegenüber nichts als ein wehmütig-scherzhafter Tonfall in seiner Stimme. “Ich besuche meinen Onkel Isham in Kent. Daher werde ich nicht rechtzeitig zurück sein, um dich auf der Heimfahrt zu begleiten.”
Ohne seinen Zorn und Spott war Beatrice hilflos. Wie sollte sie ihm in Zukunft antworten, wenn sie nicht mehr länger wusste, wie er sich verhalten würde? “Gott sei mit dir, Sebastian.”
Als seine Augen über ihr Gesicht und ihren Leib wanderten, hatte sie das Gefühl, seine Hände zu spüren. Ihr Mund wurde ganz trocken.
“Auf ein Wiedersehen, Beatrice.”
7. KAPITEL
A ls Sebastian drei Tage später in Begleitung von Bediensteten und Wachen in den Weg einbog, der zum Anwesen seines Onkels Henry Isham außerhalb von Canterbury führte, hatte sich die Familie vor der großen Eingangstür versammelt. Der Bote, der vorausgeritten war, hatte die Verwandtschaft von Sebastians Ankunft unterrichtet. In der leuchtenden Nachmittagssonne stand Henry auf der obersten Stufe der Eingangstreppe. Neben ihm stand sein Sohn Kit, hinter ihm seine Tochter Anne. Henrys Gesichtsausdruck war weder freudig noch abweisend und ähnelte eher einer Maske, die so wenig wie möglich verraten sollte.
Sebastian hielt sein Ross vor der Treppe an. Er schwang sich aus dem Sattel, streifte die Handschuhe ab und erklomm die Stufen, auf denen die Ishams warteten. Kit verbeugte sich, Anne machte einen Knicks, aber Henry blieb kerzengerade stehen. Trotz der abwartenden und steifen Haltung ging Wärme von seinen hellen, blauen Augen aus. Schließlich breitete er die Arme
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