Die Burg der flammenden Herzen
spüren. “Ich hätte in jedem Fall zu Euch kommen müssen. Sicher wusstet Ihr das.”
“Seit du kaum älter als ein Kind warst, bist du deine eigenen Wege gegangen. Ich konnte nicht sicher sein, dass du es tun würdest.”
“Habt Ihr von mir erwartet, dass ich zu Euch komme? Ich habe immer geglaubt, Ihr würdet Ceci bevorzugen.”
Beatrice spürte, wie sich die Hand ihrer Mutter verspannte. “Mit Ceci hatte ich es immer leichter, denn sie ist ganz anders als ich. Sie gleicht ihrem Vater nicht nur äußerlich, während du und John sehr viel von mir habt. Ich sehe Eigenarten in mir, die mich aufregen, und so geht es mir auch, wenn ich sie bei dir feststelle. Aber ich liebe dich genauso, wie ich Ceci liebe. Zweifle nie daran.”
Beatrice senkte den Kopf und legte die Stirn gegen die Knie ihrer Mutter. “Warum habt Ihr mich nicht in meine Kammer gesperrt, um mich gefügig zu machen, als ich sagte, dass ich Thomas als Gemahl haben wollte? Ich weiß, dass Ihr gegen diese Verbindung wart.” Die Worte waren ihr ohne ihren Willen über die Lippen gekommen, als hätte eine andere Beatrice gesprochen. Die Offenheit ihrer Mutter hatte dies begünstigt, als ob die Wahrheit nichts als die Wahrheit verlangte.
“Dein Vater hat es mir nicht erlaubt, und ich war mir damals meines Urteils nicht sicher genug, um mich gegen ihn aufzulehnen. Wenn ich gewusst hätte, wie unbarmherzig Manners zu dir sein würde …”
Beatrice hob den Kopf. “Woher wusstet Ihr, dass Thomas unbarmherzig war?”
“Du bist mein Kind. Wie sollte mir da entgehen, dass du unglücklich warst? Hätte ich das vor der Hochzeit gespürt, hätte ich so lange auf deinen Vater eingeredet, bis er einsichtig geworden wäre. Hätte ich all das im Voraus gewusst, wäre die Vermählung nie zu Stande gekommen.”
“Ich habe die Frage nicht gestellt, um Euch zu tadeln.”
Ihre Mutter lächelte gütig. “Wirklich nicht?”
Beatrice starrte sie an und blickte dabei tief in ihr eigenes Herz, um die Wahrheit zu finden. Offenheit gegen Offenheit. “Ein wenig, vielleicht.” Sie seufzte. “Doch wenn ich irgendjemandem Vorwürfe machen sollte, dann allein mir, denn die Torheit habe ich begangen. Wie dem auch sei, es ist vorüber, und ich werde keinen Moment länger über etwas klagen, was nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.” Sie straffte die Schultern. Das freundliche Lächeln, die lieben Worte, die beruhigende Hand ihrer Mutter und die offene Aussprache ermutigten Beatrice zu einer Frage, die sie sonst nie zu stellen gewagt hätte. “Hat mein Vater Euch jemals geschlagen?”
Das Lächeln ihrer Mutter verschwand langsam, und ihre Miene nahm eine gewisse Schärfe an. “Er hat es nie getan, trotz einiger Herausforderungen.”
“Würde mein Vater Euch jemals schlagen, ohne dass Ihr ihn verärgert? Würde er Euch schlagen, weil sein Vieh die Seuche hat oder weil es für die Jagd zu heftig regnet?”
Die grauen Augen ihrer Mutter funkelten, und ihre Stimme klang sanft. “Hat Thomas dich geschlagen, weil sein Vieh krank war oder er nicht auf die Jagd gehen konnte?”
“Jedes Mal, wenn Thomas in Wut geraten war und mich geschlagen hat, habe ich ein Schmuckstück erhalten. Ich weiß, dass es meinem Gemahl zusteht, mich zurechtzuweisen, aber wenn ich nichts Falsches getan habe …”
Die Countess nahm Beatrice’ Hände und streichelte sie sanft. “Oh, Kind, Kind.”
Die Trauer in ihrer Stimme überraschte Beatrice. “Er ist tot, Mama. Er kann mir nicht mehr wehtun.”
“Du zitterst, mein Kind.”
Ihre Mutter hatte Recht. Es war ihr gar nicht aufgefallen, bis die Countess sie darauf hingewiesen hatte.
“Er tut dir immer noch weh, Beatrice.”
“Nicht mehr so sehr, wie er es einst vermocht hat.” Und das stimmte auch; wieder eine Sache, die ihr erst bewusst geworden war, als sie den Gedanken ausgesprochen hatte. Die Wunden ihrer Ehe begannen zu verheilen. Sebastian hatte dazu beigetragen, denn er hatte sie trotz seines Zorns freundlich behandelt und war im Bett sehr zärtlich gewesen. Diese Gewissheit war Balsam für ihre Seele, so dass Beatrice ihre Mutter nun anlächelte und das Thema wechselte. “Darf ich Euch erneut fragen, ob Ihr mich nur herbestellt habt, um mich zu sehen?”
Die Countess lächelte. “Ich werde es von nun an tun. Heute jedoch habe ich dich kommen lassen, da ein Brief für dich angekommen ist.”
“Ein Brief? Von Sebastian?”
“Nein, nicht von Sebastian. Ich glaube, er ist von Sir George Conyers.”
Beatrice
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