Die Burg der flammenden Herzen
nickte. “Ich habe mir bis jetzt nicht eingestanden, wie viel er mir bedeutet. Oh, Mama, ich liebe ihn und will es doch nicht zulassen.”
“Warum nicht? Es ist nicht schlimm, deinen Gemahl zu lieben.”
“Er liebt mich nicht, nicht mehr länger. Wenn er mich nie geliebt hätte, könnte ich noch auf seine Liebe hoffen, aber eine tote Liebe kann nicht neu entstehen.”
“Ich bete, dass du dich irrst, mein Kind.” Die Countess strich ihr mit den Daumen über die Handrücken, und die Berührung war fest und beruhigend zugleich. “Nun, wie wirst du mit diesem Brief verfahren?”
“Schickt ihn ungeöffnet zurück, wie die anderen, die ich von ihm erhalten habe.”
Ihre Mutter nickte, doch eine dünne Falte zeichnete sich zwischen ihren Brauen ab. “Wenn das deinem Wunsch entspricht, werden wir den Brief mit seinem Boten zurücksenden. Ich würde es indes nicht tun, wenn ich du wäre.”
Nichts, was sie getan hatte, hatte George bisher vertreiben können, und ihre Mutter war die weiseste Frau, die sie kannte. “Was würdet Ihr machen? Sagt es mir.”
“Wie viele Briefe hat er dir geschickt?”
“Vier oder fünf. Ich habe es mir nicht genau gemerkt.”
“Wenn ich dich richtig verstehe, hast du sie alle versiegelt zurückgehen lassen, aber er schreibt dir unbeirrt weiter. Ich denke, du musst lesen, was er zu Papier gebracht hat, und ihm dann antworten, dass er von dir ablassen möge.”
“Ich möchte ihm nicht schreiben.”
“Du musst ihm sagen, dass er aufhören soll, sonst wird er damit fortfahren. Weiß Sebastian von diesen Briefen?”
“Nein!” Sie konnte ihm nicht davon erzählen, niemals.
“Ein Grund mehr, an Sir George zu schreiben. Teile ihm mit, du seiest verlobt und wünschst, nicht länger belästigt zu werden. Sonst ist es sehr gut möglich, dass eines Tages ein Schreiben von ihm in Benbury eintrifft. Dann wird Sebastian nicht nur wissen, dass du Briefe erhältst, sondern ihm wird ohne Zweifel bewusst werden, dass du sie ihm verschwiegen hast.”
“Aber ich habe nichts verbrochen”, sagte Beatrice, doch sie wusste, dass ihre Unschuld bei Sebastian nicht zählen würde, wenn es um George Conyers ging.
“Nein? Du hast deinem Gemahl diese Briefe verschwiegen. Wenn du nichts verbrochen hast, warum hast du sie dann verheimlicht?”
“Glaubt Ihr mir etwa nicht?”
“Natürlich glaube ich dir. Habe ich dein Entsetzen nicht mit meinen eigenen Augen gesehen? Ich versuche dir nur klar zu machen, was Sebastian wahrscheinlich von all dem denken wird.” Die Countess ließ Beatrice’ Hand los, nahm ein kleines, rechteckiges, mit Wachs versiegeltes Stück Pergamentpapier, das auf dem Tisch gelegen hatte, und reichte es Beatrice. “Hier, lies diesen Brief, damit du weißt, was George Conyers von dir will. Und dann werden wir eine Antwort erstellen.”
Lange starrte Beatrice auf den Brief, bevor sie ihn nahm. Erneut zauderte sie, ehe sie das Siegel erbrach. Bedeutete das Öffnen des Briefes nicht, dass sie George wieder zu Wort kommen ließe? Die Weigerung, seine Briefe anzunehmen, hatte ihr das Gefühl gegeben, endlich ihre Ehre zu wahren – so wie sie es von Anfang an hätte tun müssen. Doch ihre Mutter, der sie von ganzem Herzen vertraute, hatte ihr geraten, den Brief anzunehmen. Sie faltete das Papier auseinander und begann zu lesen.
Die Handschrift war schön geschwungen und sehr deutlich. Das hatte sie nicht erwartet, denn sie hatte gedacht, seine Schrift wäre schwer zu lesen. Seine leidenschaftliche Wortwahl und die Inbrunst seines Flehens aber entsprachen genau ihren Erwartungen. Er verstand nicht, warum sie ihn nicht zu sehen wünsche, und ob sie nicht begreife, dass er sie wie ein wahrer Ritter liebe; sie möge ihn empfangen, damit er ihr seine Liebe beweisen könne. Beklommen reichte sie den Brief ihrer Mutter.
“Er sagt nichts, was ich hören möchte”, erklärte sie. “Ich bitte Euch, lest es und sagt mir, was ich tun soll.”
Ihre Mutter überflog das Schreiben sehr viel schneller als Beatrice. “Er klagt zu viel. Ich denke, er liebt dich nicht annähernd so, wie er es liebt, dich zu preisen.” Sie schaute auf. “Ich meine das nicht unfreundlich.”
“Ich verstehe es genau richtig. Und ich bin froh, dass er mich nicht liebt, denn ich würde ihn nicht verletzen wollen.”
Die Countess schnaubte. “Einige Männer, mein Kind”, sagte sie, “sind nicht so schnell zu verletzen. Komm, setz dich an den Tisch, und dann verfassen wir eine Antwort.”
“Könnt Ihr
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