Die Burg der flammenden Herzen
nicht für mich schreiben?” antwortete Beatrice, denn sie wollte es nicht tun. Schon das Lesen seines Briefes erweckte in ihr den Eindruck, sie habe George erlaubt, um sie zu werben. Wenn sie jetzt noch die Antwort schriebe, käme sie sich vor, als ob sie ihn ermuntere, mit seinem Werben fortzufahren.
“Nein, das kann ich nicht. Diese Aufgabe musst du übernehmen. Vertrau mir. Du wirst dich besser fühlen, wenn es vollbracht ist.”
Beatrice lächelte gequält, und zahlreiche Erinnerungen stiegen in ihr hoch. “Ich bin kein Kind.”
“Dann benimm dich nicht wie eins”, erwiderte ihre Mutter mit einem ebenso gequälten Lächeln.
Beatrice’ Antwort, bei der ihre Mutter bedeutende Hilfestellung geleistet hatte, war einfach und unmissverständlich verfasst: Was auch immer sie in der Vergangenheit miteinander verbunden habe, sei nun vorbei. Sie sei mit Sebastian Benbury verlobt und werde ihn zu Michaelis ehelichen. Wenn er, Sir George, sie wirklich so sehr liebe, wie er behaupte, würde ihm sicherlich ihr Wohlergehen am Herzen liegen. Und dazu würde er beitragen, wenn er ihr nicht mehr schriebe. Er möge für ihre Seele beten, wie auch sie für sein Seelenheil bete.
Beatrice unterschrieb mit zittriger Hand, und ihr Handgelenk schmerzte von der ungewohnten Arbeit. Ihre Mutter nahm den Brief, las ihn nochmals durch und bestreute ihn dann mit Löschsand, um die Tinte zu trocknen. “Sehr gut, mein Kind. Hast du ein Siegel?”
“Das Siegel der Manners, das ich aber nicht benutzen möchte”, antwortete Beatrice und beobachtete, wie die Countess den Briefbogen faltete.
“Wie du meinst. Wir werden stattdessen das Siegel von Wednesfield benutzen.” Sie versiegelte den Brief und reichte ihn Beatrice. “Bring ihn dem Laufburschen draußen und trage ihm auf, den Brief zu Sir Georges Boten zu bringen.”
Beatrice brachte das Schreiben dem Jungen und sah, wie er schnurstracks die Treppenstufen hinuntereilte. Als der Bursche um die Ecke gebogen war, verspürte sie plötzlich eine böse Vorahnung, als würde sie es noch bereuen, den Brief geschrieben zu haben. Rasch bekreuzigte sie sich, um ihre Furcht zu vertreiben, und kehrte dann in die Kemenate zurück.
Sie betete zu Gott, dass sie sich geirrt hatte.
17. KAPITEL
S ebastian und der Earl bogen in den kurzen Weg ein, der nach Herron führte; sie waren von Schlamm bespritzt und von dem langen Ritt müde und erschöpft. Den Streit, der sie hierher geführt hatte, hatten sie bereits einen Tag nach ihrer Ankunft beigelegt. In der darauf folgenden Woche hatte der Earl sein Versprechen gehalten, Sebastian die Ländereien zu zeigen. Gemeinsam hatten sie Gehöfte besucht, Äcker in Augenschein genommen und waren durch kleinere Waldstücke geritten. Sebastian erkannte, dass Herron nach wie vor ein herausragendes Gut war. Es hatte ihm gefallen, alles sehen zu dürfen, doch seine Freude war verhalten und halbherzig gewesen, als sei sie unvollständig. Als der Earl die Reise vorgeschlagen hatte, hatte Sebastian sich die Rückkehr nach Herron anders vorgestellt, als sie bislang verlaufen war.
Jetzt erschien es ihm kaum erstrebenswert, den alten Familienbesitz wiederzusehen. Sogar das Haus, das er als prächtigen Herrensitz in Erinnerung hatte, war tatsächlich nur ein kleines Gebäude aus Stein. Es war zwar fest gemauert, aber kaum größer als eines der besseren Häuser der Lehnsmänner auf Wednesfield. Und trotz allem hatte er immer davon geträumt, hierher zurückzukehren; nun aber, da er da war, wollte sich keine Zufriedenheit einstellen. Des Nachts konnte er in seinem kalten und viel zu großen Bett nicht schlafen. Er wusste, dass er ein Narr war – wie konnte er es vermissen, das Bett mit Beatrice zu teilen, wenn er erst zwei Nächte in ihrem Bett verbracht hatte? Dennoch vermisste er sie, Narr oder nicht.
Mehr noch, er wollte mit ihr sprechen, ihre Stimme hören und die Veränderungen in ihrem Mienenspiel beobachten. Bei Gott, wie er sich nach ihr sehnte!
Als er und der Earl das Haus betraten, kam der Verwalter von Herron auf sie zu. “Ein Bote von Wednesfield brachte dies, Mylord”, sagte er und gab dem Earl einige Briefe.
Der Earl ging die Briefe durch und reichte Sebastian einen. “Dieser ist für dich.”
Außen auf dem Brief war sein Name zwar lesbar, aber ohne jede Sorgfalt geschrieben worden, und die Hand verriet, dass der Verfasser eher ungern zur Feder griff. Als habe er sie herbeigezaubert, befand sich Beatrice mit einem Mal bei ihm. Die Erinnerung
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