Die Burg der Könige
der Tasche gezogen. Es wird wirklich Zeit, dass sich etwas ändert im Reich. Ach, sieh an.« Mathis deutete mit einer Kopfbewegung nach links. »Wenn man vom Teufel spricht …«
Tatsächlich war nun auf dem Weg vom Pass her ein Reiter zu sehen, auf einem hochgewachsenen Rappen, dessen Zaumzeug in der Sonne funkelte. Bereits auf dem ersten Blick erkannte auch Agnes Friedrich von Löwenstein-Scharfeneck. Der junge Graf trug einen wallenden Wollumhang, der vorne mit einer goldenen Fibel zugeknöpft war. Das Barett, das ihm keck in die Stirn hing, war aus feinstem flandrischem Tuch, die Beine steckten in hautengen Seidenhosen.
Als der Graf Agnes bemerkte, ritt er auf sie zu und zog den Hut. Zum ersten Mal bemerkte Agnes, dass sein schwarzes Haar darunter bereits leicht schütter war.
»Gott zum Gruß, edle Jungfer«, sagte er lächelnd, während sein Ross unruhig auf der Stelle tänzelte. »Hab ich nicht gesagt, dass wir uns schon bald wiedersehen?«
Agnes machte einen artigen Knicks. »Es ist mir eine Ehre, Eure Exzellenz.« Sie wies auf Mathis, der mit gesenktem Blick und verschränkten Armen neben ihr stand. »Darf ich Euch Mathis Wielenbach vorstellen, den Sohn des Trifelser Burgschmieds? Er ist derjenige, der für uns das schwere Geschütz gießt, mit dem mein Vater Wertingens Burg erobern will.«
Der Graf nickte gefällig. »Ich habe bereits von dir gehört, Bursche. Man erzählt ja wahre Wunderdinge über dich. Wobei ich immer noch nicht glauben mag, dass ein so junger, einfacher Waffenschmied zu Derartigem fähig ist. Wer hat dir das beigebracht? Dein Vater?«
»Ich hab’s aus Büchern, Exzellenz«, erwiderte Mathis kühl.
»So, so, aus Büchern?« Scharfeneck schmunzelte. »Soll das heißen, dass du lesen kannst, Kerl? Oder siehst du dir etwa nur die Bilder an?«
»Verzeiht, aber nur weil mein Vater ein Schmied ist, bin ich kein dümmerer Mensch als die hohen Herren.«
»Oho!« Indigniert zog der Graf die rechte Augenbraue hoch. »Du bist wohl einer dieser Gleichmacher, wie mir scheint. Dann stimmt es wohl, was man mir sonst noch von dir erzählt hat? Dass dich der Annweiler Stadtvogt wegen Aufrührerei sucht.«
»Bei meiner Ehre, ich habe nichts getan, weshalb ich mich vor Gott schämen müsste.«
»Mathis steht unter dem Schutz meines Vaters«, versuchte Agnes zu vermitteln. »Er mag vielleicht manchmal ein wenig ruppig sein, aber er … er weiß, wo sein Platz ist.«
»Das will ich hoffen.« Friedrich von Löwenstein-Scharfeneck beugte sich auf seinem tänzelnden Ross zu ihr hinunter. »Aber wenn ich Euch einen Rat geben darf, Jungfer. Achtet darauf, mit wem Ihr Euch einlasst. Bei Worms hat eine Bande frecher Bauerntölpel erst letzte Woche einer reisenden Gräfin einfach die Kehle durchgeschnitten. Es sind gefährliche Zeiten für uns Adlige. Dieses Pack wird von Tag zu Tag frecher.«
»Mathis würde mir nie etwas antun, er ist mein Freund, er …«, begann Agnes entrüstet, doch der Graf winkte ab.
»Es gibt Diener und Herren, Vogtstochter. Gott hat allen Wesen einen festen Platz gegeben. Ein Fisch will ja auch nicht fliegen, und ein Adler gräbt sich keine feuchten Erdhöhlen. Warum soll das bei uns Menschen anders sein?« Steif richtete Friedrich von Löwenstein-Scharfeneck sich im Sattel auf, sein Blick war jetzt streng auf den schweigenden Mathis gerichtet. »Wer die göttliche Ordnung durcheinanderbringt, wendet sich gegen Gott. Merk dir das, Bauer!«
»Ich bin Schmied, verflucht noch mal«, zischte Mathis zwischen seinen Zähnen hervor. Aber der Graf hörte ihn nicht.
»Ich muss mich nun wieder um die Handwerker kümmern«, sagte Löwenstein-Scharfeneck und fasste sein Pferd fest am Zügel. »Burg Scharfenberg wird in neuem Glanz erstrahlen. Ein würdiges Domizil für unser altes Geschlecht. Ich würde mich freuen, Euch schon bald in meiner Halle begrüßen zu dürfen, Jungfer Agnes. Und zwar alleine«, fügte er mit süffisantem Unterton hinzu. »Bei einem Schluck Wein und einem warmen flackernden Kaminfeuer lässt sich unter seinesgleichen trefflich über alte Sagen und Legenden schwatzen.« Dann gab er dem Pferd die Sporen und preschte davon.
Agnes wandte sich an Mathis, der kreidebleich neben ihr stand. Seine Nasenflügel zitterten leicht, es war die einzige Regung, die sie an ihm erkennen konnte.
»Mathis, vergiss einfach, was dieser Schnösel gesagt hat«, sagte sie beruhigend und legte ihm die Hand auf die Schulter, doch er wischte sie barsch weg.
»Er weiß, wo sein Platz
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