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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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ist, ja?«, äffte er sie nach. »Der dumme Schmied!«
    Agnes seufzte. »Das hab ich doch nur gesagt, damit …«
    »Es ist mir egal, warum du es gesagt hast. Die Worte sind gefallen, das reicht. Vielleicht hat dieser aufgeblasene Popanz ja recht. Es gibt zwei Arten von Menschen. Und die einen sollten mit den anderen nichts zu tun haben.«
    Mathis drehte sich abrupt um und eilte den Pfad entlang zurück zum Trifels. Schon nach wenigen Schritten war er zwischen den Sandsteinfelsen verschwunden.
    »Mathis!«, rief sie ihm nach. »Mathis, so warte doch! Verdammt, nun sei doch nicht so vernagelt!«
    Fluchend stampfte Agnes auf. Das war nun schon das zweite Mal innerhalb von wenigen Wochen, dass sie sich stritten. Warum musste er auch immer so ein verbohrter Sturschädel sein! Gerade jetzt, wo sich abzeichnete, dass dies mög­licherweise ihr letzter gemeinsamer Sommer war, schafften sie es, sich immer wieder zu entzweien.
    Sie wollte ihm nacheilen, als sie von der Burg her plötzlich leise Lautenklänge vernahm. Dazu sang eine hohe, wohltönende Stimme, die so anders klang als das dumpfe Gegröle vorhin. Immer wieder brandete Gelächter auf.
    Als Agnes sich zur Burg hin umwandte, sah sie, dass sich zu den würfelnden Landsknechten auf der Felskuppe ein weiterer Mann gesellt hatte. Ebenso wie der Graf trug er enge Beinlinge, doch sein Wams war leuchtend bunt und nach Soldatenart geschlitzt. Das Barett auf seinem Kopf zierten ein paar schreiend blau-violette Federn, von denen Agnes nicht zu sagen wusste, von welchem fremdartigen Vogel sie stammten. An seiner Seite baumelte ein Degen mit Korbgriff, wie ihn auch die Landsknechte benutzten. Doch in den Händen hielt er eine hölzerne Laute, auf der er soeben ein neues fröhliches Lied anstimmte. Es hatte einen derben Text, der die Soldaten immer wieder zum Lachen brachte.
    »Herr Wirt, uns dürstet allzu sehr, trag auf den Wein, trag auf den Wein! Wiegt auch dein Bauch drei Zentner schwer, trag auf den Wein, trag auf den Wein …«
    Neugierig näherte sich Agnes. Der Barde war so zierlich, dass sie ihn zunächst für einen Jüngling gehalten hatte, aber nun bemerkte sie, dass er bereits älter war, vielleicht Mitte dreißig. Das Haar unter dem Barett war ebenso rot wie Teile seiner Tracht, Sommersprossen überzogen ein Gesicht, das ein lächerlich kleiner Spitzbart schmückte. Er war nicht unbedingt schön anzusehen, trotzdem ging von ihm eine natürliche Vornehmheit aus, die ihn deutlich von den umstehenden Landsknechten unterschied. Als der Barde Agnes bemerkte, hielt er abrupt mit dem Gesang inne und verbeugte sich leicht.
    »Verzeiht meine derben Worte, edle Maid«, sagte er in einem leicht gekünstelten, altertümlich klingenden Tonfall, der Agnes unwillkürlich lächeln ließ. »Hätte ich gewusst, dass eine so schöne Jungfer meinen groben, unflätigen Reimen lauscht, ich hätte lieber ein Minnelied zum Besten gegeben.«
    »Es hat mir trotzdem gefallen«, erwiderte Agnes. »Es klang alt, wie ein Lied aus einer anderen Zeit.«
    »Ihr habt recht gehört. Es war …«
    »He, raspel kein Süßholz, Barde!«, schrie jetzt einer der Landsknechte. »Spiel weiter! Das Weibsbild kann ja dazu tanzen. Vielleicht lässt sie dann auch noch ihren Rock fallen!«
    Die anderen lachten und grölten, und der rothaarige Mann sah die Kerle indigniert an.
    »Siehst du einfältiger Torfschädel nicht, wenn eine echte Dame vor dir steht?«, sagte er barsch zu dem Wortführer, der ihn weiterhin anzüglich angrinste. »Auf der Stelle entschuldigst du dich bei ihr!«
    »Das ist wirklich nicht …«, begann Agnes, doch der Barde fuhr dazwischen: »Ich muss darauf bestehen, schöne Jungfer. Ich kann solche Sitten nicht dulden. Also, was ist? Wo bleibt die Entschuldigung?«
    Die letzten Worte waren erneut an den Landsknecht gerichtet, der Agnes beleidigt hatte. Der Mann trug einen ungestutzten, wild wuchernden Bart und breit geschnittene, bunte Hosen, neben denen am Gürtel ein armlanges Schwert hing. Das Grinsen in seinem Gesicht verschwand, dann richtete er sich knurrend auf.
    »Hör mal, du Witzbold«, begann er drohend und fasste den Knauf seiner Waffe. »Du magst ja eine schöne hohe Stimme haben, aber ich kann auch dafür sorgen, dass sie schon bald noch ein wenig höher klingt. Wenn du verstehst, was ich meine.«
    »Ich verstehe durchaus«, erwiderte der kleine Barde kühl. Sorgfältig legte er die Laute auf dem moosigen Felsen ab und griff nun ebenfalls zu seinem Degen. »Das ändert aber

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