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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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auf einem gewaltigen Keil aus Sandstein, der wie ein Schiff aus den umliegenden Wäldern herausragte. Auf drei Seiten erhoben sich bis zu fünfzig Schritt hohe Felsen. Nur im Osten führte eine schräge Ebene an die Burg her­an, die auf dieser Seite durch vorgelagerte, mittlerweile jedoch verfallene Wehranlagen geschützt wurde. Einst war der Trifels eine uneinnehmbare Festung gewesen, aber diese Zeiten waren längst vorüber. Die Burg wurde immer mehr zur Ruine, und Agnes wusste, dass Mathis mit seinen kritischen Worten recht hatte. Doch ebenso gut wusste sie, was ihr ritterlich gesinnter Vater von Feuerwaffen hielt – nämlich gar nichts. Außerdem würde er, der Burgvogt, niemals den Rat eines gerade mal siebzehnjährigen Vasallen annehmen. Dafür war Philipp von Erfenstein viel zu stolz und auch zu eigensinnig. Im schlimmsten Fall würde er Mathis quer durch den Rittersaal prügeln. Davon abgesehen war für solche Anschaffungen einfach kein Geld vorhanden.
    Nur kurze Zeit später passierten sie die nördliche Burgmauer und den Brunnenturm, der etwas abseits stand und durch eine windschiefe überdachte Brücke mit der Hauptburg verbunden war. Ein ausgetretener Pfad, gerade breit genug für ein Fuhrwerk, führte an der Mauer entlang bis zum vorderen Burgtor. Fast schien es Agnes, als würde der trutzige hohe Bau sie misstrauisch beäugen – wie ein gewaltiges Tier, das müde blinzelte, bevor es wieder in einen jahrhundertelangen Schlaf fiel.
    »Und wenn wir deinem Vater einfach die Wahrheit erzählen?«, schlug Mathis zaghaft vor. »Schließlich hatte der Schwarze Hans vor, dich zu entführen. Erfenstein kann froh sein, dass wir bewaffnet waren und einen von Wertingens Halunken getötet haben. Außerdem wollte ich ohnehin wegen der Arkebusen mit ihm reden. Die Geschützkammer ist in einem wirklich schauerlichen Zustand, von den restlichen Wehranlagen ganz zu schweigen!« Er deutete auf einen ehemaligen Turm, von dem nur noch die Fundamente übrig waren. »Wenn nicht bald etwas geschieht, reicht ein einziges großes Unwetter, um hier alles einstürzen zu lassen. Ha, und drüben in Eußerthal machen die Pfaffen ihr Kloster von Tag zu Tag schöner!« Mathis’ Stimme schwoll nun an. »Erst letztes Jahr haben sie sich eine neue Glocke gießen lassen. Vom Geld ihrer hungrigen leibeigenen Bauern!«
    Agnes war selbst dabei gewesen, als die Eußerthaler Glocke im vergangenen Sommer prunkvoll und aufwendig eingeweiht worden war. Die Bauern der Umgebung hatte man zuvor mit ein paar Almosen abgespeist. Mathis, der den Glockenguss aufmerksam verfolgt hatte und dem Meister gelegentlich zur Hand gegangen war, war der Feier deshalb ferngeblieben. In den Tagen darauf hatte er sich mit einigen Unbekannten im Wald getroffen und äußerst geheimnisvoll getan.
    »Was ist los mit dir? Träumst du schon wieder? Du weißt, du machst mir Sorgen, wenn du solche Löcher in die Luft starrst.« Agnes zuckte zusammen, als Mathis’ Stimme sie aus ihren Gedanken riss. Er klang nun viel schüchterner als noch vor einer guten Stunde. Trotz ihrer Sorgen musste sie unwillkürlich lächeln.
    »Und wenn schon? Wäre das so schlimm, wenn ich träumen würde?«
    »Solange du nur von mir träumst.« Mathis grinste so breit, dass sie seine Zähne blitzen sah. Doch gleich darauf legte sich ein Schatten über sein Gesicht. »Vermutlich hast du recht. Wenn wir deinem Vater von der gestohlenen Arkebuse erzählen, wird er mich bei lebendigem Leib häuten.«
    »Natürlich wird er dich nicht häuten, du Dummkopf! Wer soll ihm denn sonst seine geliebten Schwerter und Dolche schmieden, wenn es dein kranker Vater einmal nicht mehr kann? Du wirst sehen, alles wendet sich zum Guten.« Agnes nickte aufmunternd, während sie insgeheim krampfhaft überlegte, was sie über das Geschehene erzählen sollte. Was würde sie tun, wenn Philipp von Erfenstein sie tatsächlich auf die fehlende Arkebuse ansprach? Ihn einfach anlügen? Vermutlich würde er sie sofort durchschauen, dafür kannte der Burgvogt seine Tochter zu gut. Im Grunde konnte sie nur beten, dass ihr Vater das Fehlen der Waffe nie bemerkte.
    Seufzend drückte sie Mathis’ Hand. »Du weißt, ich werde immer zu dir halten. Aber trotzdem ist es Diebstahl, was du getan hast, Mathis! Was hast du dir nur dabei gedacht? Mal davon abgesehen, dass die teure Hakenbüchse jetzt dem Schwarzen Hans in die Hände gefallen ist.« Stöhnend fasste sie sich an den Hinterkopf, den sie sich am Felsen auf der Lichtung blutig

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