Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
Vom Netzwerk:
alle Feuerrohre und Beute­stücke vertäut waren. Die Soldaten hatten aus dem Dorf zwei weitere Karren besorgt, die nun bis oben hin mit Truhen, Tuchballen, Getreidegarben und Möbelstücken beladen waren. Schließlich nahm Mathis auf dem Kutschbock des hinteren Wagens Platz, während der Graf und Erfenstein den Zug mit ihren Pferden anführten. Ein Befehl gellte, dann setzte sich der Tross, beladen mit Beute und Kriegsgerät, endlich in Bewegung.
    Als der junge Waffenschmied den Kopf hob, bemerkte er, dass nicht wenige der Landsknechte und der überlebenden Trifelser Bauern ihn respektvoll musterten. Seitdem Mathis mit der Dicken Hedwig das Loch in die Schildmauer gesprengt und auch an anderen Stellen immer wieder mit angepackt hatte, war er in den Augen vieler zu einer Art Feldwebel geworden. Die Männer gehorchten seinen Befehlen, und keiner machte sich mehr über seine Arbeit als Geschützmeister lustig.
    Nachdem sie die sumpfigsten Stellen im Tal überwunden hatten und die Ochsen den Karren gemächlich über die mit Gras bewachsene Straße zogen, wischte sich Mathis müde den Schweiß von der Stirn. Es ging bereits wieder auf den späten Nachmittag zu, als sie sich den ersten Weilern vor Annweiler näherten.
    »Ist ein hartes Stück Arbeit, das da hinter uns liegt«, sagte der Trifelser Burgmann Gunther, während sie sich erschöpft zur kurzen Rast niederließen. »All das Schießen, Hauen und Stechen. Ich finde, wir haben uns den einen oder anderen Trunk verdient. Vor allem du, Mathis.« Er zwinkerte ihm zu. »Also, was ist? Bist du dabei?«
    Mathis sah ihn ratlos an. »Mit was dabei?«
    »Wir gehen heute Abend noch nach Annweiler.« Gunther grinste. »Der Graf hat den meisten seiner Männer für heute Nacht freigegeben, damit sie ihre Beute verprassen können. Na ja, auch Ulrich, Eberhart und ich wollen den einen oder anderen Kreuzer loswerden. Die Annweiler Wirtsleute spendieren zur Feier des Tages ein großes Fass Wein, die Sperrstunde ist aufgehoben und Dirnen sollen auch kommen! Wie findest du das?«
    Mathis lächelte und machte eine entschuldigende Geste. »Du vergisst, dass mich der Annweiler Stadtvogt noch immer suchen lässt. Außerdem wird Agnes …«
    »Ach, die Agnes«, unterbrach ihn Gunther ruppig. »Vergiss mal deine Agnes und denk lieber an dich selbst. Schau dich doch um!« Er deutete auf die Landsknechte und Bauern, die neben ihnen lagerten und soeben begannen, ein holpriges Kriegslied über den Schwarzen Hans und sein Ende zu singen. Auch Mathis’ Name kam darin vor.
    »Für die Männer bist du so was wie ein Held«, schwärmte Gunther. »Lass dich doch einmal feiern! Danach kannst du gerne wieder in deine rußige Waffenschmiede kriechen, bis dir die Feuerrohre um die Ohren fliegen. Ständig schaust du so grimmig drein wie der Teufel. Ein bisschen Spaß könnte dir wirklich guttun.«
    Mathis lachte. »Vermutlich hast du sogar recht. Aber das ändert nichts daran, dass der Stadtvogt etwas dagegen haben wird, wenn ich mich in Annweiler amüsiere.«
    »Im Ernst? Glaubst du wirklich, der Gessler wird es wagen, den Helden der Ramburger Schlacht einfach so zu verhaften?« Gunther zog eine kleine silberne Flasche hervor, vermutlich ein Beutestück aus der Ramburg, und nahm einen tiefen Schluck. »Die Männer hier würden dich auch aus der Hölle holen und den Leibhaftigen verprügeln, wenn es sein muss«, fuhr er mit schwerer Zunge fort. »Außerdem wird dich bei dem ganzen Trubel dort ohnehin keiner erkennen.« Aufmunternd hielt ihm Gunther die silberne Flasche unter die Nase, sie roch scharf nach Schnaps. »Also, was ist? Bist du dabei?«
    »Also … also gut«, sagte Mathis schließlich, wobei ein letzter Rest Zweifel blieb. »Ich bin dabei.« Er hob abwehrend die Arme. »Aber keine Dirnen, verstanden? Das ist Bedingung.«
    Gunther grinste und drückte ihm das Fläschchen in die Hand. »Keine Dirnen, in Ordnung. Wenn du das hier trinkst, kriegst du ohnehin keinen mehr hoch. In einer Stunde brechen wir auf.«
    Mathis nahm einen tiefen Schluck und spürte, wie sich das Feuer des Alkohols angenehm in seinem Magen ausbreitete. Sofort fühlte er sich ein wenig besser. Er war ein Held, wenigstens für ein paar Tage.
    Und Helden hatten sich durchaus ein wenig Spaß verdient.
    Nicht weit über ihnen flog eine Taube über die Dächer von Annweiler. Wie ihre Vorgänger trug sie ein winziges Stück zusammengerolltes Seidenpapier. In dunklen Kisten und auf wackligen Karren hatte der kleine Vogel einen

Weitere Kostenlose Bücher