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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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näherte. Trotz seiner Verkleidung hatte ihn der Wirt sofort erkannt. Mathis verfluchte sich dafür, dass er Gunther den »Grünen Baum« nicht ausgeredet hatte, genau jenes Gasthaus, in dem er erst vor einigen Monaten dem Schäfer-Jockel zur Flucht verholfen hatte. Er hätte im Grunde damit rechnen müssen, dass ihn hier jemand unter all den Bauern und Landsknechten ausmachte.
    »Ich wusste doch, dass in dir was steckt, Junge«, brummte Seebach und drückte ihn an seine breite Brust. Verschwörerisch blinzelte er ihm zu. »Und keine Sorge wegen des Stadtvogts und seinen Bütteln. Hier sind alle auf deiner Seite, da traut sich der Gessler nicht, dich einzukassieren. Und von mir erfährt ohnehin keiner was. Jetzt trink erst mal.«
    »Danke, Diethelm.« Mathis nahm einen Schluck von dem schweren Pfälzer Rotwein, den ihm Seebach in einem tropfenden Humpen überreicht hatte. Der warme Tropfen mischte sich im Magen mit dem Schnaps, den Gunther und er auf der Herfahrt bereits in großen Mengen getrunken hatten. Mathis war Alkohol kaum gewohnt, und so schwankte er bereits leicht, als er das niedrige Gasthaus betrat.
    Sofort tauchte er ein in Geschrei, laute Musik und die Ausdünstungen vieler Menschen. Ein Bauer bearbeitete wie ein Derwisch seine Fiedel, ein anderer schlug dazu den Brummbass, einige der Landsknechte tanzten auf den Tischen. In einer Ecke sah Mathis Ulrich Reichhart mit dem Trifelser Burgmann Eberhart, vertieft in ein Gespräch mit zwei kichernden Mädchen. Erst jetzt bemerkte der Schmied, dass auffällig viele Frauen im Wirtshaus waren. Die meisten von ihnen trugen enggeschnittene Mieder und kurze Röcke und drehten sich im Takt der Musik im Kreis. Gelbe Bänder wehten an ihren Armen, viele von ihnen waren geschminkt. Weiter hinten stand Diethelm Seebach bei einem rothaarigen, besonders grell geschminkten Mädchen und deutete geheimnistuerisch auf Mathis, woraufhin die junge Frau erfreut nickte.
    So viel zu meiner Verkleidung , dachte Mathis, während ihm der Kopf vom Lärm und von der Musik dröhnte. Spätestens in einer Stunde kennt mich hier jeder. Ich sollte besser gleich verschwinden.
    Doch in diesem Augenblick näherte sich mit wiegenden Hüften das rothaarige Mädchen. Sie trug einen bunten Rock, der aus mehreren Fetzen zusammengenäht war, und mochte etwa so alt wie Mathis sein, doch die Schminke in ihrem Gesicht ließ sie wesentlich älter scheinen.
    »Du bist also dieser Tausendsassa, der das Loch in die Ramburg gesprengt hat«, sagte sie schnippisch und zog ihm dabei spielerisch die Gugel vom Kopf. Vermischt mit Schminke lief ihr der Schweiß über das bleiche, ausgezehrte Gesicht. »Musst ja ein echter Teufelskerl sein.«
    Mathis zuckte stumm mit den Schultern. Er hatte nie gelernt, mit Frauen ein Gespräch zu führen, geschweige denn ihnen den Hof zu machen. Agnes war das einzige gleichaltrige Mädchen auf der Burg gewesen. Andere Burschen, die er kannte, prahlten bereits mit ihren zahlreichen Bettgeschichten. Er selbst hatte bisher kaum Erfahrungen gemacht. Das grelle Lächeln der jungen Frau machte ihm beinahe Angst. Außerdem sprach sie einen seltsamen Dialekt, den er nicht kannte.
    »Du schmiedest Feuerrohre, sagt man«, machte das Mädchen einen weiteren Versuch. Dann trat sie ganz nah an ihn heran und hauchte ihm ins Ohr: » Sehr große Feuerrohre. Und dann bringst du sie zum Explodieren. Wie geht das?«
    Mathis wollte bereits etwas erwidern und sich mit einem Abschiedsgruß aus der Affäre ziehen, als ihm jemand auf die Schulter schlug. Es war Ulrich Reichhart, der sich lachend von hinten genähert hatte.
    »Seht euch unseren Jungspund an!«, rief er quer durch den Raum. »Schießt dem Wertingen die Burg unter dem Arsch weg und wird rot, wenn ein schönes Mädchen mit ihm spricht!« Die anderen lachten, und Reichhart wandte sich flüsternd an Mathis. »Wir haben alle zusammengelegt, sie gehört dir. Nun komm schon, deine Agnes weiß von nichts.«
    »Keine Dirnen«, zischte Mathis. »So war es ausgemacht!«
    »Sie ist keine Dirne. Nur ein Mädchen, das ein wenig Spaß und Geld will. Was kann daran schon verkehrt sein?« Reichhart grinste. »Aber bitte, wir haben noch die ganze Nacht Zeit. Nun lass uns erst mal anstoßen, dann sehen wir weiter.« Auffordernd hob er seinen Humpen.
    »Hoch die Krüge und hinab den Trunk!«, brüllte er quer durch die Wirtsstube.
    »Hinab den Trunk!«, erwiderten die Landsknechte im Chor. Feixend sahen sie hinüber zu Mathis, der seinen Humpen noch immer

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