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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Stiefeln zum Ausgang, wo er sich ein letztes Mal umdrehte. »Ich werde Euch Kleider aus Frankreich schicken lassen«, sagte er stirnrunzelnd. »Dieses Kupfergrau ist für einen König nun wirklich nicht angemessen. Au revoir .«
    Franz lauschte dem Salutieren der Wachen vor der Tür und den langsam leiser werdenden Schritten. Als er wenig später aus dem Fenster blickte, sah er Karl, gekleidet in einen unscheinbaren Mantel und mit nur wenigen Rittern an seiner Seite, aus dem Hof reiten. Er runzelte die Stirn. Für dieses kurze Gespräch hatte der Kaiser wahrlich eine weite und gefährliche Reise auf sich genommen. Es musste ihm also äußerst wichtig gewesen sein.
    Nur um mir die Verlobung mit seiner Schwester in Aussicht zu stellen?
    Unruhig ging der französische König in der kleinen Turmkammer auf und ab und grübelte. Was hatte Karl nur mit seinen letzten, scheinbar so beiläufigen Äußerungen bezwecken wollen? Dass der Kaiser in Erfahrung gebracht hatte, dass Franz von der alten Legende wusste, war nicht neu. Interessanter war vielmehr, warum er ihm gerade jetzt davon erzählt hatte, nachdem die Angelegenheit eigentlich schon längst ad acta gelegt worden war. Nach vielen ergebnislosen Monaten hatten die französischen Agenten die Suche im Wasgau schließlich eingestellt, trotzdem hatte sich Franz weiterhin daran festgehalten wie an einem Strohhalm. Die Geschichte war einfach zu schön, um nicht wahr zu sein. Im besten Fall hätte sie nicht nur alles in seinem Leben, sondern auch das Schicksal Europas verändert.
    Glaubt mir, da ist nichts Wahres dran …
    Plötzlich zog sich ein feines Lächeln über die Lippen des französischen Königs. Sein Gegner hatte einen Fehler gemacht. Wenn die Legende wirklich nicht stimmte, warum hatte ihm der Kaiser dann überhaupt davon erzählt? Was sollte dieses beiläufige Abwiegeln?
    Um mir die Hoffnung zu nehmen, weil das Rennen in Wahrheit noch gar nicht gelaufen ist?
    Hastig stand Franz von seinem Stuhl auf und eilte hinüber zu seinem Schreibpult. Es galt, eine geheime Nachricht zu schreiben, die diese Festung unbedingt verlassen musste. Auch wenn die drei tapferen französischen Ritter den Tod gefunden hatten, so besaß Franz doch noch immer einige Freunde und vor allem bezahlte Spione. Sie würden den Brief für ihn hinausschmuggeln – den Befehl, die Suche nach der Legende wiederaufzunehmen.
    Während der König mit zitternden Fingern die wenigen Zeilen verfasste, wurde ihm bewusst, dass er nicht mehr viel Zeit hatte. Vermutlich schon in wenigen Wochen würde Karl ihn zu einer offiziellen Audienz vorladen und der Welt seinen Vorschlag unterbreiten. Wenn Franz die Hochzeit mit Karls Schwester Eleonore vermeiden wollte, musste er der Öffentlichkeit bis dahin eine andere Lösung präsentieren, eine, die mindestens ebenso überraschend wie genial war.
    Franz I. faltete den Brief zusammen und drückte seinen Siegelring in das dampfende Wachs. Schließlich führte er das Papier an seine Lippen und hauchte einen Kuss darauf.
    Der französische König wusste, dass dieser Brief der vielleicht wichtigste in seinem Leben war.
    ***
    Im Rittersaal von Burg Scharfenberg, nahe dem Trifels, herrschte eine gespenstische Stille. Nur die Holzscheite knack­ten, und drüben am Tisch schmatzte laut der einzige Gast.
    Aus einer der Fensternischen beobachtete Agnes den alten Grafen Ludwig von Löwenstein-Scharfeneck bei seinem Abendmahl. Tief über den Tisch gebeugt kämpfte ihr Schwiegervater mit einer gespickten Hirschkeule. Ludwigs rasiertes Kinn glänzte fettig im Licht der Fackeln, Knochen knirschten, krachend fuhr das Messer durch Haut und Fleisch bis zum Boden des silbernen Tellers. Schließlich wischte sich der Reichsgraf über den Mund, rülpste befriedigt und griff nach dem Weinpo­kal, nur um ihn nach kurzer Zeit angewidert zur Seite zu stellen.
    »Dieser Wein schmeckt wie Pferdepisse. Habt Ihr keinen besseren?«
    Der alte Mann verzog die Mundwinkel, dann schüttete er die Reste der roten Flüssigkeit in die Binsen unter dem Tisch. Wie alle Scharfenecks hatte er dünne Haare und einen stechenden Blick, mit dem er nun seinen Sohn Friedrich an­funkelte, der im Sessel neben dem großen Kaminfeuer Platz genommen hatte. Kurz schien Friedrich etwas erwidern zu wollen, doch dann schnippte er nur gelangweilt mit dem Finger. Ein junger Diener trat hinter einer Säule hervor und verbeugte sich tief vor ihm.
    »Bring unserem Gast den neuen Rheinländer Wein, der erst gestern geliefert

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