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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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lautes Flehen …«
    Als Mathis Melchiors beruhigende Stimme hinter sich hörte, fiel er ein in das uralte Gebet. Oft hatte er vor Agnes über die Kirche und den Papst geschimpft, doch nun verliehen ihm die feierlichen Worte eine Kraft, die ihn vor Verzweiflung bewahrte.
    »… lass ihn ruhen in Frieden. Amen.«
    Als sie geendet hatten, fühlte sich Mathis ein wenig besser. Melchior beugte sich über ihn und befühlte den abgebrochenen Pfeilschaft in seinem Bein.
    »Die Wunde ist nicht tief, aber sie muss schnell behandelt werden, sonst entzündet sie sich. Außerdem solltet Ihr Euch schleunigst Eurer nassen Kleider entledigen.«
    Erst jetzt fühlte Mathis die Kälte wieder. Zum zweiten Mal an einem Tag war er in eiskaltem Wasser geschwommen. Fröstelnd zog er sein Hemd aus, und Melchior reichte ihm seinen eigenen warmen Mantel.
    »Ich werde ein Feuer machen und sehen, ob ich ein paar Heilkräuter im Haus finde«, sagte der Barde beruhigend. »Spätestens bei Tagesanbruch, bevor die ersten Reisenden kommen, sollten wir allerdings von hier verschwunden sein.«
    Mathis nickte schweigend, er war zu schwach, um zu antworten.
    »Was war das wohl, was Euch Reichhart noch kurz vor seinem Tod mitteilen wollte?«, fragte Melchior nachdenklich. »Es hatte etwas mit Agnes und ihren Träumen zu tun …«
    »Was auch immer es war, nun kann er es nur noch dem lieben Herrgott erzählen«, stieß Mathis hervor und hüllte sich zitternd in den Mantel. Als keine weitere Antwort kam, wandte sich Melchior zur Tür.
    »Eines noch!«, rief ihm Mathis hinterher. »Dieses Tier auf der Schulter des Anführers, was war das? Es sah aus wie ein … ein Dämon.«
    Melchior drehte sich zu ihm um und lächelte schmal. »Es kann weder Feuer speien noch zaubern, wenn Ihr das meint. Es ist ein Affe. In Sizilien und den spanischen Ländern gibt es viele davon. Sie kommen eigentlich aus Afrika. Gaukler und Quacksalber ziehen mit ihnen gerne über die Märkte.«
    »Ein … Affe.« Mathis schmeckte dem fremden Wort nach. Wieder einmal wurde ihm bewusst, wie abgeschieden sie in den Wasgauer Wäldern lebten. Dort draußen gab es mehr Dinge, als er sich je erträumt hätte.
    Müde und erschöpft sah er Melchior zu, wie dieser die Toten nach draußen beförderte und ein Feuer im Kamin entfachte. Bislang hatte Mathis den Barden für drollig und ein wenig weltfern gehalten. Doch nun, da er ihn fechten gesehen hatte, entwickelte Mathis beinahe so etwas wie Respekt für ihn. Melchior von Tanningen schien ein routinierter Kämpfer zu sein, und auch sonst machte er einen äußerst erfahrenen Eindruck. Vermutlich war er der Einzige, der Agnes jetzt noch retten konnte.
    Als das Feuer prasselte, ging Melchior wieder nach draußen. Nur kurze Zeit später kam er grinsend zurück. In seinen Händen schwenkte er einen Strauß getrockneter Heilkräuter.
    »Das hier hab ich im Schuppen neben dem Wirtshaus gefunden, Schafgarbe, Spitzwegerich und Beinwell. Hingen dort zum Trocknen, als letzter Gruß des vorigen Sommers.« Er machte eine Pause und zwinkerte Mathis zu. »Und etwas anderes habe ich auch gefunden. Zwei Pferde. Keine edlen Rösser, aber dafür ganz umsonst. Der Wirt wird sie ja nun nicht mehr brauchen.« Er lächelte düster und rückte sein Schwertgehänge zurecht. »Diese Burschen werden es noch bereuen, sich mit einem fränkischen Barden und Ritter angelegt zu haben.«

KAPITEL 17
    Palast von Toledo, 22. April,
    Anno Domini 1525
    ersunken über Landkarten, kaiserlichen Erlassen und noch zu unterzeichnenden Ordern, saß Karl V. am großen Schreibtisch seines Audienzsaals und versuchte, ein Weltreich zu verwalten. Stöhnend massierte der Kaiser seine Schläfen. Wie so oft plagte ihn eine leise Migräne, seine Hämorrhoiden schmerzten bei jeder Bewegung, so dass er voller Grausen an die bevorstehende Reise dachte, die ihn einmal mehr zu einem seiner vielen Paläste und Regierungssitze im Reich führen würde. Doch Karl hatte gelernt, seine eigenen Leiden zu ignorieren. Schließlich hatte Gott ihn auserkoren, die Geschicke dieser Welt zu leiten. Und seit der Gefangennahme von Franz I. gab es keinen mehr, der ihm diese Führungsrolle streitig machen konnte.
    In Windeseile begann der Kaiser Erlasse zu unterzeichnen und zu siegeln, seine Hand flog über die Dokumente. Nach dem grandiosen Sieg in Pavia vor fast zwei Monaten über die Franzosen galt es nun, die Karten neu zu verteilen. Ämter mussten umbesetzt, Städte erobert oder Herzöge bestochen werden. Der Krieg

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