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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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vieren und so etwas wie Barnabas’ Stellvertreter. »Da brodelt’s und stürmt’s. Überall sammeln sich die Bauern und zünden Burgen und Klöster an. Vielleicht sollten wir lieber hier warten und …«
    »Ach, Mumpitz!« Barnabas schnitt ihm grob das Wort ab und hievte den Käfig mit den schnatternden Vögeln an Bord. »Die hohen Herren haben die Bauern noch immer zurechtgestutzt. Außerdem, selbst wenn es zum Krieg kommt – wir sind weder Bauern noch Landsknechte. Und Huren braucht es im Krieg sogar noch mehr als in Friedenszeiten.« Er lachte und blinzelte den beiden Frauen zu.
    »Für dich, Wirtstöchterlein, werden wir in Straßburg sicher einen spendablen Hurenwirt finden, und du, Gräfin …« Barnabas’ Blick glitt hinüber zu Agnes, und er verzog sein Gesicht zu einem breiten Lächeln. »Mit dir habe ich etwas Besonderes vor. Ein Flößer hat mir vorhin erzählt, dass unten am Schwarzen Meer die Sklavenhändler Khair Ad-Dins unterwegs sind.«
    Agnes runzelte die Stirn. »Khair wer?«
    »Der Herrscher von Algier. Ein gefürchteter Korsar und mächtiger Feldherr, auch wenn er ein gottverfluchter Heide ist. Es heißt, er sucht weißhäutige Adelstöchter für seinen Harem. Du wirst mir einen guten Preis einbringen, mein Täubchen. Einen sehr guten.«
    Der Affe auf Barnabas’ Schulter bleckte die Zähne und kreischte. Es klang wie höhnisches Lachen.
    ***
    Mit einem lauten Wutschrei schmetterte Graf Friedrich von Löwenstein-Scharfeneck einen Pokal gegen die Wand seiner Schlafkammer und sah zu, wie der Wein in blutig-roten Schlieren auf den Boden tropfte. Kurz überkam ihn dabei die Vorstellung, der Wein wäre in Wirklichkeit Blut und der Pokal ein Schädel, den er mit aller Macht gegen den Stein schlug, immer und immer wieder.
    Am besten der Schädel von Agnes, diesem untreuen Dreckstück , ging es ihm durch den Kopf . Oder von dem Barden, der sie vermutlich gerade irgendwo vögelt …
    Friedrich setzte sich auf den Rand des breiten Himmelbetts, schloss die Augen und versuchte, ruhig durchzuatmen. In letzter Zeit kam es immer öfter vor, dass ihn Gewaltphantasien überschwemmten. Schon als kleiner Bub hatte er von Schlachten geträumt, bei denen er in Blut badete. Doch seit einigen Monaten waren diese Träume immer realer geworden, manchmal fragte Friedrich sich, ob es dieses alte Gemäuer war, das ihn langsam wahnsinnig machte.
    Das Gemäuer oder Agnes …
    Gerade eben war ein Bote nach Scharfenberg gekommen, um ihm mitzuteilen, dass die Suche nach seiner Frau im Sande verlaufen war. Die von Friedrich ausgesandten Landsknechte hatten weder Agnes noch diesen verfluchten Barden finden können. Die Spur endete im nahe gelegenen Albersweiler, von wo aus die beiden – offensichtlich in Begleitung einiger anderer – mit einem Kahn geflohen waren. Davor hatten Agnes’ Helfershelfer noch einen Wirt und ein paar seiner Gäste umgebracht. Wohin sie geflohen waren, war nicht in Erfahrung zu bringen. Das Deutsche Reich war groß, und Melchior von Tanningen kannte sicherlich die eine oder andere Burg, in der man sich verstecken konnte. Einen Moment lang hatte der Graf mit dem Gedanken gespielt, seinen einflussreichen Vater um Hilfe zu bitten. Doch eher hätte er sich einen Finger abgeschnitten, als dem Alten zu gestehen, dass er sich in Agnes getäuscht hatte.
    Agnes …
    Friedrich biss sich so fest auf die Unterlippe, dass winzige Tropfen Blut hervorperlten. Auch wenn er es sich zunächst nicht hatte eingestehen wollen, er hatte das Mädchen wirklich geliebt. Mehr noch, er hatte sie heimlich verehrt wie einer dieser alten Minnesänger sein Burgfräulein. Agnes war hübsch, doch das war es nicht, das waren viele Mädchen. Die Sinne vernebelt hatte ihm vielmehr diese Mischung aus scharfem Verstand und schwer zu bändigender Wildheit. Agnes war wie ein Raubtier, das es zu zähmen galt. Außerdem teilten sie die gleiche Leidenschaft für alte Zeiten und alte Geschichten. Schon als Kind hatte sich Friedrich in den Erzählungen von Rittern und Knappen verloren, je blutiger, desto besser. Er war vernarrt in Legenden, in denen es um Schlachten, Schätze und alte Geheimnisse ging. Als er das erste Mal, im Alter von zehn Jahren, vom Schatz der Normannen gehört hatte, dem größten Schatz der Christenheit, war er wie verzaubert gewesen, und seitdem war er in seinem Bann. Für die Aussicht, den Normannenschatz zu finden, hatte er auf eine große Burg und auf das Ansehen verzichtet, das einem Spross seiner Dynastie

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