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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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»Wir brauchen Karl nicht und auch nicht seinen Bruder Ferdinand. Wir holen uns selber, was uns gehört!«
    Barnabas merkte, dass die Situation außer Kontrolle zu geraten schien. Beruhigend hielt er die Arme hoch.
    »Gnade, Gnade! Ich verspreche euch, ich werde den Vogel noch heute rupfen«, sagte er lächelnd und zog eine Feder aus dem Schweif des kreischenden Papageis. »Dann wollen wir doch mal sehen, ob der liederliche Speichellecker noch weiter Loblieder auf den Kaiser singt.«
    Ein paar Zuschauer lachten, und Barnabas ließ sich von Schniefnase nun den fauchenden Affen reichen. Es war Zeit für den Höhepunkt.
    »Lassen wir die zwei Hofschranzen und kommen wir nun zu einem Dämon, den ich mit eigenen Händen im Urwald Westindiens einfing. Dort befindet sich der Eingang zur Hölle, und ich schwöre euch, das Monstrum kam direkt aus jenem Schlund gekrochen …«
    Agnes wandte sich ab, sie hatte die Vorstellung nun schon fast ein Dutzend Mal gehört. Barnabas war ein guter Erzähler, doch sie war es leid zu beobachten, wie den staunenden Menschen von Marek und Schniefnase klammheimlich das Geld aus der Tasche gezogen wurde. Soeben wollte sie sich wieder der kleinen Agathe zuwenden, als sie unter sich am Boden des Bootes etwas blinken sah.
    Es war Samuels Messer.
    Der Räuber kauerte mittlerweile im Bug des Schiffes und warf gelangweilt Kieselsteine auf die kreischenden Möwen. Von den beiden Gefangenen nahm er keine Notiz. Das Messer musste ihm vorhin aus der Tasche gefallen sein.
    Agnes streckte die Füße aus, sie machte sich so lang wie möglich, konnte die Klinge aber nicht erreichen. Schließlich stupste sie Agathe an, die näher saß. Das Mädchen wollte bereits protestieren, doch dann sah sie, wohin Agnes bedeutungsvoll blickte. Agathe nickte und schob mit ihren Füßen das Messer in Agnes’ Reichweite.
    Beide Frauen waren mit beiden Händen an die Ruderbank gefesselt. Aber Agnes trug keine Schuhe, so dass sie das kleine Messer mit ihren Zehen greifen konnte. Langsam zog sie es zu sich heran, bis sie die Klinge endlich am linken Unterschenkel spürte.
    »Verflixt, wann ist der Alte endlich mit seiner Vorstellung fertig! Ich will noch was trinken gehen, bevor es endgültig Nacht wird.«
    Samuel wandte sich plötzlich zu ihnen um, wobei er lustlos zu der Menschenmenge am Kai starrte. Agnes zuckte zusammen, das Messer drohte ihren Zehen zu entgleiten. Sie spürte, wie der Schweiß ihre Haut glitschig machte. Neben ihr stieß Agathe ein leises Wimmern aus.
    »Was hast du?«, fragte Samuel und musterte argwöhnisch die Wirtstochter.
    »Äh, du willst was trinken?«, sagte Agnes schnell. »Dort drüben auf der anderen Seite des Rheins ist eine Hafenkneipe. Wenn du Glück hast, fährt Barnabas später noch rüber.«
    »Wo?« Samuel drehte sich wieder Richtung Fluss. »Ich kann, verflucht noch mal, nichts sehen.«
    »Da drüben, du Blindschleiche! Bei den drei großen Linden, wo sie gerade das Floß ausladen.«
    Während Samuel ratlos hinüber zum anderen Ufer starrte, schob Agnes das Messer an ihrem Bein jetzt so weit nach oben, bis sie es endlich mit ihren Fingern greifen konnte. Erleichtert ließ sie es in der hohlen Hand verschwinden.
    »Oh, jetzt ist das Licht im Fenster ausgegangen«, tat sie überrascht. »Ich fürchte, die haben schon Sperrstunde.«
    »Dummes Weibsbild!« Samuel warf einen Stein nach ihr, doch Agnes wich geschickt mit dem Oberkörper aus. Das Messer in ihrer Hand fühlte sich kühl und gut an. Kurz überlegte sie, sofort ihre Fesseln durchzuschneiden, Samuel irgendwie zu überwältigen und mit dem Schiff abzulegen. Doch dann fiel ihr ein, dass Barnabas’ Vorstellung nicht mehr lange dauern konnte. Die Gefahr war zu groß, dass er zurückkehrte, bevor sie ihr Werk vollendet hatte. Also schob sie das Messer in den Ärmel ihres Kleides. Es würde sich noch eine bessere Gelegenheit bieten.
    Nur kurze Zeit später kamen die Männer tatsächlich zurück aufs Schiff.
    »Knausrige Rheinländer«, brummte Barnabas, während Satan auf seiner Schulter wild auf und ab hüpfte. »Der Teufel soll sie allesamt holen! Drehen jede Münze dreimal um und faseln vom Aufstand, dass ich schon dachte, die Büttel hetzen uns die Hunde auf den Leib.« Er grinste. »Aber den einen oder anderen Beutel haben wir trotzdem leichter gemacht.«
    »Die Leute meinen, dass es in Franken, aber auch im Elsass schon bald zum Krieg kommen wird«, meldete sich nun Marek nachdenklich zu Wort. Er war der Besonnenste von den

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