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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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nun mal große Ohren!«
    »Du auch. Du hast nur die längeren Haare, um sie zu verdecken.«
    Unwillkürlich musste Agnes lächeln. Offenbar hatte Mathis in der Gefangenschaft wenigstens nicht seine Streitlust und seinen Humor verloren.
    »Wir werden eine Lösung finden«, wiederholte sie gebetsmühlenhaft. »Du wirst sehen, spätestens bis Christi Himmelfahrt bist du wieder draußen.«
    Mathis lachte böse. »Meinst du wirklich, ich lasse mich so lange einsperren? Mein Vater ist todkrank, die Bauern darben unter dem Knüppel des Stadtvogts, und ich verfaule hier. Nichts da! Ich komme eher raus, und du wirst mir dabei helfen!«
    »Was … was hast du vor?« Mathis’ fast besessener Blick gefiel Agnes ganz und gar nicht.
    Auf einmal stand er auf und trat ganz nah zu ihr. »Ich habe einen geheimen Ausgang gefunden«, flüsterte er fast unhörbar. »Doch ich brauche deine Hilfe, um zu fliehen.«
    Mit gedämpfter Stimme berichtete er Agnes von der vermörtelten Felsplatte und von seinem Plan.
    Agnes prallte zurück, als hätte sie ein Stein getroffen. »Du … du willst die Platte sprengen ?«, rief sie lauter als beabsichtigt.
    »Pssst!« Mathis blickte kurz nach oben, doch in der kleinen quadratischen Öffnung war niemand zu sehen.
    »Das ist keine so gewaltige Sache«, fuhr er leise fort. »Ich brauche nur ein wenig Schießpulver, ein paar Unzen dürften schon reichen. Aus dem Gerümpel und den Steinen hier unten baue ich mir eine kleine Barriere, hinter der ich Schutz suchen kann. Bevor die da oben aus ihrem Suff aufgewacht sind, bin ich schon über alle Berge.«
    »Aber Mathis!« Agnes schüttelte verständnislos den Kopf. »Das … das ist Wahnsinn! Selbst wenn du die Platte wegsprengen kannst, hast du noch immer keine Ahnung, wohin der Gang führt! Vielleicht gibt es auch gar keinen Gang? Vielleicht ist er eingestürzt oder hinter der Mauer befindet sich nur ein Hohlraum, weiter nichts!« Sie packte ihn fest an den Händen. »Kannst du dir vorstellen, was mein Vater mit dir macht, wenn du versuchst, von hier zu fliehen, und er erwischt dich? Kannst du dir das vorstellen?«
    »Kannst du dir vorstellen, was geschieht, wenn ich auch nur noch ein paar Tage länger hier drin bleiben muss?«, zischte Mathis. »Kannst du dir auch nur ansatzweise vorstellen, wie es ist, wenn einem nachts die Ratten übers Gesicht huschen, wenn dich die Flöhe schier auffressen und du an deinem eigenen Gestank fast erstickst? Kannst du dir vorstellen, wie es ist, wochenlang nur auf eine Wand zu starren? Nein, das kannst du nicht, Vogtstochter! «
    Er riss sich los und begann wild gestikulierend auf und ab zu gehen. »Ich höre des Nachts bereits Stimmen! Ich träume wirr von diesem Richard Löwenherz, der vielleicht auch hier eingesperrt war! Verstehst du nicht, Agnes? Wenn ich nicht bald rauskomme, wird dein Vater nur noch ein vor sich hinstammelndes, blödsinniges Bündel vorfinden!«
    »Vielleicht ist der englische König ja wirklich durch einen Gang geflohen, und sie haben ihn später zugemauert«, murmelte Agnes abwesend. Plötzlich schien sich ein Schatten auf ihren Geist zu legen, und sie musste sich an der Wand festhalten, um nicht umzufallen.
    »Was … was hast du?«, fragte Mathis verdutzt.
    »Es ist nichts.« Agnes schüttelte sich wie ein nasser Hund, und das Gefühl verschwand so schnell, wie es gekommen war. Trotzdem fühlte sie sich seltsam matt, wie nach einem bösen Fiebertraum.
    »Ich habe mich nur eben gefragt, ob Richard Löwenherz wirklich aus diesem Kerker geflohen ist«, fuhr sie schließlich fort. »Es heißt, sein treuer Barde Blondel sei von Burg zu Burg gezogen und habe Richards Lieblingslied gesungen, bis dieser ihm endlich aus dem Kerker des Trifels geantwortet habe. Vielleicht … vielleicht haben Blondel und seine Gefährten damals ja wirklich einen Fluchttunnel für den englischen König gegraben.«
    Mathis trat auf sie zu. »Ha, das ist es ja, was ich sage! Es gibt einen Ausgang!« Er lachte grimmig. »Wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass der feine englische König wirklich hier unten eingesperrt war. Wie kommt so ein mächtiger Mann überhaupt in einen Kerker?«
    Agnes atmete tief durch, ihr war noch immer ein wenig übel von dem plötzlichen Schwindelgefühl. »Pater Tristan hat es mir erzählt, damals, als ich noch ein Kind war«, erwiderte sie stockend. »Es heißt, Richard Löwenherz sei nur mit einigen Begleitern über den Landweg vom Kreuzzug zurückgekehrt. Sie ritten verkleidet als einfache

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