Die Burg der Könige
solltet sie öfter an Eurer Seite haben, Herr Vogt.« Das Lächeln verschwand, und Agnes vermeinte in Scharfenecks Augen kalten Hass funkeln zu sehen. »Wie Ihr sehr wohl wisst, ist Neuscharfeneck die Burg meines geliebten Vaters. Und da der gute Mann, so Gott will, noch viele Jahre leben wird, brauche ich eben ein eigenes Anwesen. Aus alten Dokumenten geht hervor, dass Burg Scharfenberg in früheren Zeiten uns Scharfenecks gehört hat. Ich werde der Burg also wieder zu der Pracht verhelfen, die sie verdient. Außerdem liebe ich diese geschichtsträchtige Gegend. Sie birgt, nun ja …«, er lächelte Agnes verschmitzt an, »viele interessante Geheimnisse. Findet Ihr nicht, Agnes? Man sagt, Ihr habt ein Faible für derlei Dinge.«
»Der Herzog hat verfügt, dass Burg Trifels und Burg Scharfenberg die Maut für den Bindersbacher Pass gemeinsam erheben«, presste Philipp von Erfenstein nun zwischen schmalen Lippen hervor. Offenbar hatte er sich mit der Anwesenheit seiner Tochter abgefunden. »Der Graf hat mir vorhin den Erlass gezeigt. Seine Durchlaucht wünschen, dass wir in guter Nachbarschaft leben.«
»Die Maut? Gemeinsam?« Agnes blieb kurz der Mund offen stehen. »Aber ich dachte, die Einnahmen …«
»Werden geteilt«, kam ihr Scharfeneck zuvor. »Aber indem wir die Maut anheben, werden die Verluste für Euren Herrn Vater nicht allzu hoch sein. Ich habe das eben mit ihm besprochen.« Er beugte sich lächelnd nach vorne. »Außerdem komme ich dem Trifelser Burgvogt in anderer Hinsicht entgegen.«
»Wie denn?«, fragte Agnes skeptisch.
»Ich glaube nicht, dass das meine naseweise Tochter etwas angeht«, knurrte Erfenstein und stierte in sein Glas.
Der Graf winkte ab. »Ach was. Früher oder später erfährt sie es ohnehin.« Er wandte sich an Agnes. »Ich stelle Eurem Vater meine Landsknechte zur Verfügung, um diesem Sauhund von Wertingen endlich den Garaus zu machen. Wenn wir gemeinsam seine Burg stürmen, fällt für jeden etwas ab. Von Wertingen hat immerhin noch einige Dörfer als Lehen, die dann in unseren Besitz übergehen. Von der Beute mal ganz zu schweigen. Ein fairer Handel also. Wir warten nur noch auf den Permiss des Herzogs, aber das ist reine Formsache.«
Schweigend betrachtete Agnes die beiden ungleichen Männer – den jungen, adretten Grafen und daneben ihren schnaufenden alten Vater mit Augenklappe, der sich soeben ein neues Glas Wein einschenkte. Sie ahnte, dass dieser Handel ihre Familie nur noch weiter in den Ruin treiben würde.
»Nun, es hat mich wirklich gefreut, Eure Bekanntschaft zu machen.« Friedrich von Löwenstein-Scharfeneck erhob sich und deutete gegenüber Agnes eine leichte Verbeugung an. »Ich bin sicher, es werden noch viele erquickliche Begegnungen folgen.« Erneut wanderte sein Blick über Agnes’ enges Mieder. »Und überlasst die Beinlinge lieber uns Männern. Es wäre jammerschade, wenn man Eure hübschen Fesseln nicht sehen würde.«
Leicht schwankend erhob sich nun auch der Burgvogt, doch Scharfeneck winkte ab. »Lasst nur, Erfenstein, ich finde alleine hinaus. Diese Räume hier sind … nun, recht übersichtlich.« Er lächelte ein letztes Mal, dann wandte er sich ab und verschwand im Treppenabgang. Kurz darauf waren Rufe und schließlich das Hufgetrappel eines Pferdes zu hören.
»Dieser … dieser aufgeblasene Popanz!«, brüllte Erfenstein, als er sicher sein konnte, dass ihn der junge Graf nicht mehr hören konnte. »Was glaubt er, wer er ist? Unter Kaiser Maximilian …«
»Ja, ja, ich weiß, da hätte es das nicht gegeben«, unterbrach ihn Agnes müde lächelnd. »Aber dein alter Freund und Kaiser lebt nun leider nicht mehr. Du wirst dich also wohl oder übel mit dem eingebildeten Kerl einigen müssen.«
Erfenstein seufzte. »Das weiß ich selbst.« Er schlug sich auf die breiten Schenkel. »Verflucht, ich wusste gleich, dass er etwas im Schilde führt, als er mir in Neukastell den Handel mit seinen Landsknechten vorschlug! Jetzt verdient er doppelt. Am Pass und bei der Erstürmung von Wertingens Burg. Und wir wissen immer noch nicht, wie wir die nächsten Jahre die Pacht bezahlen sollen!«
Agnes nickte. Nun wurde ihr auch klar, warum ihr Vater in den letzten Wochen so finster dreingeblickt hatte.
»Wie kannst du dir so sicher sein, dass ihr Hans von Wertingen besiegt?«, fragte sie. »Dieser Mann ist gefährlich! Ich habe es selbst erlebt.«
»Verdammt, Agnes, ich muss ihn einfach besiegen! Verstehst du nicht?« Erfenstein sprang auf und
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