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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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die nur etwa eine halbe Stunde entfernt lag. Agnes und Mathis gingen derweil ein wenig abseits. In Agnes’ Gesicht arbeitete es sichtlich, irgendetwas schien sie zu verschweigen.
    »Was ist denn?«, fragte Mathis verwirrt. »Ich sehe doch, dass du dir über irgendetwas Gedanken machst.«
    Agnes blieb stehen, bis die übrigen Männer hinter einigen Buchen verschwunden waren. »Mathis«, begann sie zögerlich. »Hör mal, hast du vielleicht … Ich muss es wissen …«
    »Was denn?«
    Sie gab sich einen Ruck, bevor sie schließlich weitersprach. »Als ich dir erzählt habe, dass Heidelsheim mich heiraten will und mein Vater zugestimmt hat, da … da bist du so wütend geworden, du hast getobt und geschrien. Sag mir bitte ehrlich: Warst du … hast du Heidelsheim auf dem Gewissen? Hast du ihn umgebracht?«
    Mathis blieb vor Verblüffung einen Augenblick lang der Mund offen stehen. »Ob ich ihn …? Wie … wie kommst du denn auf so einen Gedanken?«
    »Nun, du wusstest ja, dass er dich wegen der gestohlenen Arkebuse bei meinem Vater verpfeifen wollte. Du hättest dir eine Armbrust meines Vaters stehlen können und …«
    »Agnes, denk doch mal nach!« Mathis packte sie fest bei den Schultern, und sie blieben zurück, während die anderen Männer die grausige Fracht zur Burg schleppten. »Nachdem du mir von Heidelsheim erzählt hast, hat mich dein Vater ins Loch gesteckt! Wie also hätte ich ihn umbringen sollen?« Sein Gesicht verfinsterte sich plötzlich. »Und wenn du hier schon Verdächtigungen aussprichst, dann denk lieber mal an deinen Vater.«
    »An meinen Vater?«
    Mathis verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. »Nun, schließlich besitzt dein Vater genau die gleichen Armbrustbolzen. Was wäre, wenn Heidelsheim dir doch noch einen Korb gegeben hat, weil er dich nicht mehr wollte, und dein Vater hat daraufhin die Nerven verloren?«
    Agnes’ Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Ha, warum hätte Heidelsheim mir einen Korb geben sollen?«
    »Vielleicht weil du noch ein wenig seltsamer bist, als er zunächst angenommen hat. Die Leute reden ja so allerlei. Und seit Parcival dir diesen Ring gebracht hat, bist du sogar noch merkwürdiger geworden.«
    »Wie kannst du …« Agnes zuckte zusammen, sie hob die Hand zum Schlag, senkte sie aber wieder. Ihr Gesicht war aschfahl. »Du … du bist …«, begann sie stammelnd. Tränen des Zorns liefen ihr über das Gesicht. »Und ich habe immer gedacht, dass du mich magst!«
    Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und rannte in den Wald hinein.
    »Agnes!«, rief ihr Mathis hinterher. »Es tut mir leid, ich hab das nicht so gemeint!«
    Doch Agnes kehrte nicht zurück. Kurz waren noch ihre Schritte zu hören, dann hatten die Bäume sie verschluckt. Irgendwo weit entfernt schrie ein Eichelhäher.
    Fluchend trat Mathis gegen einen Findling am Wegesrand. Warum mussten Weiber auch immer so kompliziert sein! Dieses Mädchen brachte ihn regelmäßig zur Weißglut, trotzdem schaffte er es nicht, von ihr zu lassen.
    Düster vor sich hinbrütend ging er schließlich den anderen Burgmännern hinterher, die bereits hinter einer Wegkehrung verschwunden waren.
    Ein Paar aufmerksame Augen starrten ihm noch lange nach. Als Mathis’ Schritte verklungen waren, löste sich eine Gestalt aus dem Schatten der Büsche und verschwand lautlos im Wald. Nachdenklich schlug die Person ein Tuch über ihren Kopf und eilte hinunter ins Tal, während sie lautlos vor sich hinmurmelte und ein Kreuz schlug.
    Sie hatte erfahren, was sie wissen wollte.
    ***
    Schon am nächsten Morgen begruben sie Martin von Heidelsheim auf dem Burgfriedhof unweit des Brunnenturms. Die Grabsteine standen schief und krumm, Moos und Efeu hatten die meisten von ihnen so überwachsen, dass von den eingemeißelten Inschriften nicht mehr viel zu erkennen war. Eine Reihe Burgvögte lagen hier samt ihren Familien begraben, ihre Grabplatten zeigten steinerne Ritter mit großen Schwertern und lang vergessenen Wappen. Weiter hinten befanden sich die Gräber der einfacheren Leute, darunter Verwalter und Schreiber, aber auch Hauptmänner, Kaplane und sogar ein Schmied.
    Gemeinsam mit ihrem Vater stand Agnes an der frisch ausgehobenen Grube, um der Predigt Pater Tristans zu lauschen. Keine zwei Dutzend Menschen waren es, die Heidelsheim ein letztes Geleit gaben. Agnes sah die Burgmänner Gunther, Sebastian und Eberhart, außerdem den alten Stallmeister Radolph und den Geschützmeister Ulrich Reichhart, der trotz der frühen

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