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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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morgen die Lafette …«
    »Jetzt hör doch mal auf mit deiner Lafette!«, zischte sie. »Es geht um uns, Mathis! Wenn wir …« Agnes hielt plötzlich inne, als sie aus dem Augenwinkel Ulrich Reichhart sah, der aufgeregt winkend den gewundenen Feldweg heruntergerannt kam. Keuchend blieb der Geschützmeister vor ihnen stehen.
    »Mein Gott, was ist?«, fragte Mathis. »Hat es beim Baumfällen etwa einen Unfall gegeben? Ist etwas mit Gunther oder den anderen?«
    Reichhart schüttelte den Kopf. Erst nach einer Weile kam er so weit zu Atem, dass er wieder sprechen konnte. »Sie … sie haben drüben bei den Meilern eine Leiche gefunden«, brachte er schließlich hervor. »Sie ist grauenhaft entstellt! Aber bei Gott, ich schwöre, es ist der Verwalter Martin von Heidelsheim.«
    ***
    Der Fundort der Leiche war in schwarze Rauchschwaden getaucht, so dass es Mathis zunächst schwerfiel, etwas Genaueres zu erkennen.
    Schon vor einigen Wochen hatten Ulrich Reichhart und die anderen Burgmannen in einem Tannenwäldchen nahe dem Trifels zwei Kohlenmeiler aufgeschichtet, von denen einer noch immer stark qualmte. Beim Graben eines dritten Meilers waren sie nun auf die verweste Leiche gestoßen.
    Mathis kniete am Rande der Grube und rieb sich die vom Rauch geröteten Augen. Was dort unten lag, war eindeutig einmal ein Mensch gewesen; ob es Martin von Heidelsheim war, ließ sich auf den ersten Blick nicht erschließen. Vergraben im Boden, war der Körper zwar vor wilden Tieren geschützt gewesen, trotzdem hatte die Verwesung bereits starke Spuren hinterlassen. Nur die Kleidung war noch einigermaßen erhalten, der Tote trug enge Beinlinge, ein zerfetztes Hemd und ein einfaches, von trockenem Blut verschmiertes Wams. Agnes hielt sich würgend die Hand vor den Mund, sie musste sich abwenden. Ein wenig abseits nickte sie Mathis schließlich zu.
    »Das … das ist Heidelsheim«, sagte sie schwach. »Ganz sicher. Ich erkenne die Statur, die Haare und vor allem die Kleidung. Es ist das Wams, das er an dem Tag anhatte, als ich ihn das letzte Mal bei den Burgställen sah.«
    Schweigend und mit verschränkten Armen standen die übrigen Männer am Rande der Grube und starrten auf die menschlichen Überreste.
    Schließlich stiegen Mathis und Ulrich Reichhart hinab in die Grube. Mit angehaltenem Atem luden sie die Leiche auf eine improvisierte Bahre aus Stämmen und Tannenreisig und brachten sie nach oben, wo sie sie etwas abseits des rauchenden Meilers ablegten.
    Agnes hatte ihren Brechreiz mittlerweile überwunden. Sie kaute an einem Stück Baumharz, um den süßlichen Geruch zu übertünchen, und kniete sich neben den toten Heidelsheim. Ihr Blick glitt über das blutverkrustete, mit Erde beschmierte Wams.
    »Da ist ein Armbrustbolzen«, sagte sie schließlich und deutete auf einen gefiederten Schaft, der aus dem zerfetzten Kleidungsstück ragte. »Und dort noch einer.«
    »Dieser verfluchte Wertingen!« Ulrich Reichhart spuckte verächtlich auf den Waldboden. »Vermutlich hat der Sauhund ihm hier im Wald aufgelauert und ihn dann einfach abgeschossen.«
    »Und dann vergräbt er ihn so sorgfältig wie ein Hund seinen Knochen?« Mathis schüttelte den Kopf. »Warum sollte sich Hans von Wertingen so viel Mühe machen? Es hätte doch viel eher zu ihm gepasst, wenn er uns Heidelsheims Leiche vor das Burgportal geworfen hätte. Außerdem …« Er stand auf und deutete auf die Federn des Schafts. »Das hier sind echte Adlerfedern, eine gute Arbeit. Ich glaube kaum, dass Wertingen oder irgendein anderer Galgenvogel hier in der Gegend über solche Bolzen verfügt.«
    »Das stimmt«, murrte Gunther. »Solche teuren Bolzen haben nur die hohen Herren. Die nimmt man eher zur Jagd auf Rehe und Hirsche.« Er wandte sich an Agnes. »Euer Vater hat, glaube ich, genau die gleichen Pfeile.«
    »Und noch etwas anderes ist seltsam«, ergänzte Mathis. »Der Bolzen ist bis zu den Federn ins Fleisch eingedrungen. Das heißt, der Schütze muss sehr nah vor seinem Opfer gestanden haben.«
    »Du meinst, Heidelsheim hat seinen Mörder gekannt?«, hauchte Agnes.
    Mathis zuckte mit den Schultern. »Gut möglich. Oder aber der Attentäter hatte seine Waffe verborgen und sie dann erst im letzten Moment gezogen.« Er warf einen mitleidigen Blick auf die Überreste des Verwalters. »So oder so, der Mann verdient eine anständige Beerdigung. Lasst ihn uns hoch zur Burgkapelle bringen.«
    Die Männer nickten, und zu viert trugen sie die Bahre den schmalen Pfad hinauf zur Burg,

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