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Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby

Titel: Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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ihrem Haar, ihrer Brille und offenkundig auch zu ihrer Laune. Mit ihren gut ein Meter fünfzig wirkte sie winzig vor dem Crown Vic. Sie sah aus wie ein missmutiger Motorhaubenschmuck.
    Jo schwenkte zu ihr hinüber. Überraschung streifte Tangs
Gesicht, als sie aufblickte. Sie beendete ihr Gespräch und schickte den Uniformierten weg.
    »Wart ihr bei dem Konzert?«
    »Tina war auf dem Feld.«
    Tang kniff die Lippen zusammen und schielte auf die Uhr. Seit dem Desaster waren zwei Stunden vergangen.
    »Die Feuerwehrleute und Sanitäter waren überlastet. Wir haben ausgeholfen«, setzte Jo hinzu.
    Tang nickte bedächtig. »Was für ein Glück, dass ihr Countryrock mögt.«
    Tina nahm den Cowboyhut aus Stroh ab. Ihre Locken hingen strähnig herunter. »Ja, in jedem Stadion sollten für Notfälle eine Barfrau und eine Seelenklempnerin bereitstehen.«
    »Kaffee kochen und den Leuten zuhören - das habt ihr zwei bestimmt super gemacht«, antwortete Tang.
    Jo und Tina hatten Ausrüstung getragen und verwirrten Konzertbesuchern geholfen. Aber im Augenblick wollte Jo lieber nicht darüber reden.
    »Glückwunsch zu deiner Versetzung in die Mordkommission, Amy. Warum bist du überhaupt hier?«
    Tangs Seeigelhaar bebte in der Brise. Sie blieb stumm.
    Jo trat näher heran. »Auf dem Spielfeld liegt eine Leiche unter einer Plane. Und heute Abend hätte es fast ein Remake von Twilight Zone gegeben, mit meiner Schwester in der Hauptrolle als Frau, die von einem abstürzenden Hubschrauber zermalmt wird. Ich will wissen, was da passiert ist.«
    »Die Tote ist Tasia McFarland.« Tangs Gesicht wurde nachdenklich. »Und ich werd dir ganz genau erklären, was passiert ist. Ich möchte nämlich deine fachliche Meinung dazu hören.«
    Ein Schauer streifte Jo. »Die Todesursache ist unklar?«

    »Hundert Punkte für die Leichendurchleuchterin.«
    Jo war forensische Psychiaterin und als Beraterin für das SFPD tätig. Sie führte psychologische Autopsien bei ungeklärten Sterbefällen durch - in Fällen also, bei denen die Behörden nicht eindeutig feststellen konnten, ob es sich um eine natürliche Todesursache, Unfall, Selbstmord oder Mord handelte.
    Sie untersuchte das Leben von Opfern, um zu erkennen, warum sie gestorben waren. Sie analysierte die Seelen von Verblichenen.
    Doch normalerweise benötigte die Polizei Jos Sachverstand nur, wenn das Ableben eines Menschen selbst nach langen Ermittlungen undurchschaubar blieb. Wenn das SFPD den Tod der berüchtigten, sensationsumwitterten Amerika-Ikone Tasia McFarland schon jetzt als unklar einstufte, war abgesehen von dem unvermeidlichen Riesenwirbel in der Öffentlichkeit auch mit einem äußerst kniffligen Fall zu rechnen. Einem Fall, bei dem ihre Karriere verglühen konnte wie eine Sternschnuppe.
    Sie warf ihrer Schwester einen Blick zu, die müde neben ihr stand und froh war, noch zu atmen.
    Sie gab Tina die Autoschlüssel. »Ich komm gleich nach.«
    Tina küsste sie auf die Wange. »Mir geht’s gut. Mach dir keine Sorgen.« Sie drückte Jo die Hand und verschwand.
    Tang schnippte die Zigarette weg. »Komm mit.« Sie schritt voran Richtung Stadion. »Der Pilot des einen Hubschraubers ist noch nicht gefunden worden, wahrscheinlich tot. Der Stuntman hinten hat überlebt, aber nur knapp.«
    Jo rieb sich mit den Fingern über die Stirn. Ihr Gesicht brannte.

    Tang zögerte. »Tut mir leid, Beckett. Das geht dir bestimmt an die Nieren.«
    »Da lässt sich nichts dran ändern.«
    Ihr Mann war beim Absturz eines Rettungshubschraubers tödlich verunglückt. Aber Gespräche über solche Unfälle konnte sie genauso wenig vermeiden, wie sie ihr Leben drei Jahre zurückspulen konnte, um noch einmal eine Chance mit Daniel zu bekommen.
    »Erzähl weiter.« Im Gehen schickte Jo eine SMS an Gabriel Quintana. Alles klar. Bin bei Tang, melde mich.
    »Der zweite Heli hat am McCovey Point eine Bruchlandung geschafft, ohne Tote.«
    Nach einem Durchgang traten sie auf die unterste Tribünenebene hinaus. Der Ausblick vom Stadion auf San Francisco und die Bucht war der schönste in der gesamten Baseballliga. Normalerweise traf sich Jo hier mindestens einmal im Sommer mit ihren Eltern. Jetzt beherrschten Forensiker, Fotografen und der Gerichtsmediziner die Szenerie. Hell wie ein Warnschild hob sich die gelbe Plane ab.
    »Ich hab gesehen, wie sie gefallen ist«, berichtete Jo. »Ein Metallteil ist gegen den Pfosten gekracht, an dem das Kabel befestigt war. Er ist umgeknickt, und sie ist abgestürzt wie …«

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