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Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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bauen.«
    »Wie lange wirst du brauchen?«, fragte ich.
    Yeng runzelte die Stirn. »Schon eine Weile«,
meinte sie. »Ich müsste unseren letzten
Bremsfallschirm ausgraben, der uns jetzt nicht mehr viel
nützen wird, und ihn von ein paar Wartungsrobotern mit einem
monomolekularen Foliennetz auskleiden lassen. Der Durchmesser
beträgt eine Meile, das sollte eigentlich reichen, zumal wir
ja wissen, wie wir die Antenne ausrichten müssen.« Sie
stellte im Geiste einige Berechnungen an. »Jedenfalls
würde es einige Stunden dauern.«
    »So lange?« schnaubte Malley. »Du
meine Güte, ich dachte, Sie sprechen von Jahren.«
    Ich hatte mit Monaten gerechnet, doch das behielt ich für
mich. Ich lächelte Yeng an und sagte:
    »Das ist prima. Aber ich glaube, wir sollten erst mal
herausfinden, ob auf dem Neuen Mars alles in Ordnung ist. Denn
ansonsten bekämen wir sehr bald Schwierigkeiten.«
    Trotz der Proteste – jetzt, da wir wussten, wie wir uns
Gewissheit verschaffen konnten, war die Vorstellung, warten zu
müssen, noch unerträglicher als zuvor – machten
wir uns erneut an die Überprüfung des Funkverkehrs des
Neuen Mars. Yeng setzte sämtliche Vorsichtsmaßnahmen
ein, die ihr zu Gebote standen, und stellte fest, dass alles
sauber war; der Funkverkehr war rein menschlichen Ursprungs und
ebenso penetrant wie zuvor. Die Ereignisse der vergangenen
Stunden wurden von vielen lauten und einander widersprechenden
Stimmen analysiert. Niemand wusste, dass wir uns noch immer im
System aufhielten, und wir hatten noch nicht die Absicht, es
ihnen zu verraten.
    Zumindest der Neue Mars war also gerettet. Wir ließen
zur Feier des Tages das Funkgerät an. Die alte Musik des
Neuen Mars, die fremdartige traurige Sehnsüchte und
verzweifeltes Begehren feierte, infiltrierte unser Bewusstsein
wie ein Virenmem. Zu diesem Soundtrack halfen wir Yeng, den
hauchdünnen Bremsfallschirm auszubringen und anzupassen, ein
Vorgang, den wir als unser STI-Projekt bezeichneten –
unsere Suche nach terrestrischer Intelligenz.
    Der Scherz ging mit einer gewissen Beklommenheit einher. Wir
wussten nicht, was wir herausfinden würden. Wir sprachen
nicht über unsere Angst, nichts weiter als
unverständliche – oder nur allzu verständliche
-Stimmen aufzufangen, die uns mitteilen würden, dass unser
Exil und unser großes, kühnes Verbrechen umsonst
gewesen waren.
    Als das Teleskop fertig gestellt war, schwebten wir auf dem
Kommandodeck um Yeng herum. Jedes einzelne Geräusch war
deutlich zu vernehmen: das Rauschen der Klimaanlage, das Summen
des Schiffs, das Ping-Ping des Radars, unser Atem. Yeng achtete
nicht darauf, sondern arbeitete sich durch die ersten schwachen
Signale, die sie mit ihrer riesigen Antennenschüssel
aufgefangen hatte. Sie unterzog sie sämtlichen Hardware- und
Softwarechecks, die ihr zur Verfügung standen, während
die Flixel des Analysegeräts, die ein Spiel des Lebens
aufführten, auf dem Monitor flackerten. Sie studierte sie
minutenlang wortlos, ohne sich umzublicken, dann schaltete sie
die Lautsprecher ein und drehte an einem Regler.
    Auf dem Kommandodeck ertönten die Stimmen von Menschen
der fernen Vergangenheit: sie redeten, sangen, stritten sich,
plauderten, argumentierten und diskutierten – ein
Lärm, den wir sogleich übertönten. Dann
hörten wir auf zu schreien und hörten wieder zu. Die
meisten Funksendungen stammten nach wie vor von den NiKos, die
– genau wie die Menschen des Neuen Mars – wüste
Spekulationen anstellten, doch auf jeden Fall war klar, dass
unser Angriff erfolgreich gewesen war. Die interne Kommunikation
der Division wurde, wie wir uns denken konnten, über
Richtfunk abgewickelt, und bislang war noch nichts davon in
unsere Richtung durchgesickert.
    Während dieser Schicht tranken wir eine Menge
Alkohol.
    Einige Zeit später wurde mir bewusst, dass ich eine mit
synthetisch hergestellten Anchovis, Oliven, Bananen und Ananas
belegte Pizza vertilgt hatte. Bislang hatte ich noch nie eine
solch widerliche Zusammenstellung gegessen, und ich wunderte mich
ein wenig darüber, als ich vor dem Einschlafen zum Abschluss
noch ein Eis schleckte. Ich schlief mehrere Stunden, länger
als alle anderen. Als ich auf dem Kommandodeck in ihrer Mitte
erwachte, musste ich mich prompt übergeben.
    »Genossen«, erklärte ich, »ich muss
euch etwas sagen.«
    *
    Etwa einen Monat später fing Yengs Teleskop den ersten
unmittelbar an uns gerichteten Funkspruch

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