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Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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gespeicherten Samen wachsen
zu lassen, und damit können wir es weit bringen, ehe
überhaupt jemand daran denken wird, uns daran zu
hindern.
    Ich begutachte gerade die Analyseergebnisse einer neuen
Erzader und wundere mich über die geringen Metallspuren, als
etwas Kleines gegen mich prallt und sagt: »Ellen, die reden
über dich!«
    Stef ist vier Jahre alt, hoch aufgeschossen und aufgeweckt. Er
ähnelt ein wenig seinem Vater, dem Fotografen, den ich auf
Graciosa kennen gelernt habe, aber er wird größer
werden als sein Vater: dafür werden meine Gene und die
Mikrogravitation dieser Umgebung schon sorgen. Ich muss
ständig darauf achten, dass er seine Induktions-Isotonika
einnimmt, dazu kommen die Kämpfe ums Zähneputzen und
Haarewaschen. Er behauptet, darum kümmere sich schon sein
Raumanzug, und das stimmt, reicht aber eben nicht aus.
    »Zuhause?«, fragte ich neugierig.
    Stef schüttelte ungeduldig den Kopf. Für ihn ist die
Solare Union nahezu unwirklich, eine mythische Vergangenheit,
eine Geschichte aus den Zeiten des Heliozäns. Der Neue Mars
steht ihm in jeder Beziehung näher.
    »Auf der Welt«, erwidert er.
    »Okay«, sage ich. »Stell’s
durch.«
    Stef steckt die Hände ins offene Vorderteil des Anzugs
und zerrt und dreht an dem Gewebe aus intelligenter Materie auf
die gleiche achtlose und undokumentierte Art und Weise wie eh und
je. Ich versuche ständig, ihm dies auszureden –
bislang ohne Erfolg. Für ihn ist der Anzug ein Mittelding
zwischen imaginärem Freund und intelligentem Spielzeugtier,
und jeden Versuch, seiner Privatsprache ein System aufzuzwingen,
betrachtet er als Zumutung.
    Das Bild auf meinem Monitor löst sich auf und wird
ersetzt durch eine dieser Diskussionssendungen, welche die
Fernsehsender des Neuen Mars für die winzigen Minderheiten
ausstrahlen, die vermutlich selber bei den Medien arbeiten und
für den Quatsch, den sie den Leuten auftischen, meist nur
Verachtung übrig haben.
    Das Format ist ganz und gar konventionell; es gibt eine junge
Moderatorin – eine Halbwüchsige, die somit reifer ist
als die meisten Nachrichtensprecher – und ein paar
ältere Diskussionsteilnehmer, die tatsächlich um einen
Tisch herum sitzen. Ich erkenne die Bischöfin, die
mittlerweile – ob es ihr bewusst ist oder nicht –
vermutlich Päpstin ist; einen Sprecher der Reformierten
Humanisten; zwei post-resurrektionistische Kleriker – und
David Reid.
    »… von einem gerechtfertigten Genozid zu
sprechen, ist… äh… sagen wir mal:
deplatziert«, bemerkt gerade einer der Kleriker.
»Andererseits habe ich natürlich Verständnis
für Ihr Bedürfnis, zu provozieren.« Ein rascher
Blick zur Moderatorin, der so viel bedeutet wie: Wir sitzen alle
in einem Boot. »Aber ich glaube, wir sollten die
Angelegenheit doch in… äh… moralisch
neutraleren Begriffen betrachten. Schließlich sprechen wir
hier von Maschinen.«
    Reid beugt sich vor und unterstreicht seinen Anspruch auf
Redezeit wie üblich mit einer Rauchwolke. Die Moderatorin
nickt resigniert im Bewusstsein ihrer Grenzen.
    »Unsinn«, sagt Reid. »Wenn Sie von Moral
sprechen wollen, dürfen Sie die Maschinen nicht außen
vor lassen. Auch wir sind letztlich Maschinen. Allerdings
bezweifle ich, dass man mit den Jupiteranern verfahren konnte,
wie man mit ihnen verfahren musste, ohne den Maschinen
gegenüber eine ziemlich harte Haltung einzunehmen. Vergessen
Sie nicht, dass schon die Außenweltler wenig Mitgefühl
mit menschlichem Leiden an den Tag gelegt haben, und die
Jupiteraner hatten diesen Makel von ihnen geerbt,
sodass…«
    »Erbsünde?«, wirft die Bischöfin ein.
»Sie erstaunen mich!«
    Die beiden calvinistischen Kleriker lächeln höflich.
Reid schüttelt den Kopf.
    »Das haben sie durch ihr Handeln unter Beweis
gestellt«, sagt er. »Durch die Art und Weise, wie sie
mit unseren Raumschiffen verfahren sind.«
    »Ah, aber hat das ausgereicht, um eine ganze…
Spezies zu verurteilen?«, fragt der Reformierte Humanist.
»Ich glaube, Ellen May Ngwethu und ihre Besatzung haben
voreilig, aber nicht ohne Vorbedacht gehandelt und sich
geweigert, Alternativen in Betracht zu ziehen, was an
sich…«
    »Wir leben in einer harten Welt«, sagt der Rabbi.
»Wie meine Leute zu sagen pflegten, das Leben ist kurz, und
immer wieder geht was schief.«
    Eine Weile wurde aufgeregt durcheinander geredet.
    »Was einige hier zu vergessen scheinen«, versucht
sich die Moderatorin

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