Die Catilina Verschwoerung
die Brandstiftungen in der Stadt zuständig. Er kennt sich im Circus Maximus bestens aus, der, wie jedermann weiß, die gefährlichste Feuerfalle in Rom ist. Wie ich später kombinierte, hatten er und Thorius einen großen Müllhaufen gefunden und ihn zu einem guten Brandherd bestimmt. Tolpatschig, wie sie sind, haben sie darüber laut miteinander gesprochen. Flavius kam auf dem Heimweg vorbei und hörte ihr Gespräch mit. Bei dem Versuch, mehr zu erfahren, wagte er sich zu nahe heran, und sie erwischten ihn.«
»Du hast die ganze Zeit damit zugebracht, ausgehend von dem, was du wußtest, dir vorzustellen, was geschehen sein könnte?« Ihre Stimme klang verärgert. »Du bist ein Mann mit seltsamen Vorlieben.«
»Ich hätte es schon viel früher herausbekommen, wenn ich nicht so vernarrt in dich gewesen wäre, Aurelia.«
»Oh«, sagte sie erfreut und tätschelte mich.
»Wie dem auch sei«, fuhr ich fort, »die beiden Kerle waren ratlos. Da sie den Ort nur für eine Brandstiftung ausspähen wollten, waren sie nicht für einen Mord gerüstet. Aber Valgius ist ein Renn-Fanatiker. Wie viele solche Fanatiker trägt er ein Wagenlenkermesser als Talisman. Für den Notfall mußte es reichen, und so schnitten sie Flavius damit die Kehle durch.«
»Ich halte deine Überlegungen für reine Zeitverschwendung«, erwiderte sie. »Wen kümmert das alles?«
»Mich kümmert es«, sagte ich. »Hast du sie dazu gebracht, Flavius zu ermorden, bevor er fliehen konnte?«
»Warum willst du diese Dinge wissen?«
»Keine Angst, ich werde deswegen nicht schlechter von dir denken. Ich weiß, daß du in die Sache verwickelt bist. Warum willst du es nicht zugeben?«
Sie wand sich hin und her, und ich konnte fast spüren, wie sie errötete. »Nun, ich wollte damit nichts zu tun haben.«
Ich streichelte ihren Rücken. »Es tut nichts zur Sache«, sagte ich. »Schlaf weiter.« Wenig später hörte ich sie ruhig atmen.
Es tat wirklich nichts zur Sache. Die Situation war längst über ein paar Morde hinaus eskaliert. Es war nur eine Frage von Tagen, bestenfalls Wochen, bis Catilina und seine Anhänger entweder tot oder im Exil waren. Die Schatten der ermordeten Equites würden die Stadt nicht heimsuchen.
Beim ersten Licht des Morgens begleitete ich Aurelia durch die zum Leben erwachenden Straßen Roms. Sie trug ihren Schleier, aber niemand kümmerte sich um sie. Ich suchte das Straßenbild nach Zeichen irgendeiner Veränderung ab, konnte aber keine erkennen. Der Krieg hatte begonnen, und Rom lebte in seliger Unkenntnis dieser Tatsache. Aber das würde sich schon bald ändern. Ich wollte Aurelia außerhalb der Stadtmauern wissen, wenn es losging.
Sie hatte ihre Sänfte und ihre Sklaven im Haus einer Freundin gelassen, und ich brachte sie dorthin. Wir verabschiedeten uns am Tor des Hauses, einer ehrwürdigen Stadtvilla in der Nähe des collinischen Tors.
»Verlaß die Stadt, Aurelia«, sagte ich, »so schnell wie möglich.«
Sie lächelte mich an. »Decius, du mußt nicht so ängstlich sein.
In ein paar Tagen ist mein Stiefvater Konsul, und ich komme zurück.«
»So leicht und schnell wird es nicht laufen«, meinte ich. »Es wird eine Weile dauern, bis ein Mitglied von Catilinas Familie in Rom und Umgebung wieder sicher sein wird.«
»Na dann, bis dahin.« Sie beugte sich vor und küßte mich, bevor sie sich umwandte und in der Villa verschwand.
Niedergeschlagen drehte ich mich um und ging zum Forum zurück. Ich wußte, daß ich sie nie wiedersehen würde, es sei denn, sie wurde in Ketten zu ihrer Hinrichtung nach Rom geschleppt. Ich betete, daß sie die ganze Geschichte wenigstens lebend überstand. Ihre Schuld bekümmerte mich nicht mehr.
Wohin ich auch blickte, so etwas wie Unschuld sah ich nirgends. In den nächsten beiden Tagen lag eine gespenstische Ruhe über der Stadt. Rom war in seine gewöhnliche Spätherbstschläfrigkeit verfallen; seine Bewohner bummelten durch die kurzen Tage und warteten auf die Rückkehr des Frühlings, auf die Floralia und die Versicherung, daß Proserpina Plutos Bett verlassen hatte und in die Welt der Sterblichen zurückkehrte. Deshalb war die Nachricht, die am Morgen des dritten Tages eintraf, doppelt schockierend.
Es ist unbegreiflich, wie Neuigkeiten und Gerüchte in jedem Winkel der Stadt gleichzeitig ankommen. Als ich am frühen Morgen das Forum betrat, herrschte dort das blanke Chaos. Ein halbes Dutzend selbsternannter Redner belästigte die Bürgerschaft mit vom Sockel verschiedener
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