Die Catilina Verschwörung
pilzförmigen Bronzeklappe. »Eine ganz gewöhnliche Stichwaffe, soweit ich sehen kann«, erklärte ich Octavius, »wie man sie bei jedem Messerschmied kaufen kann.«
»Also nichts von echter Beweiskraft«, erwiderte er. »Nichts von einer Gravur in der Klinge, die verkündet: ›Tod den Feinden des Königs Phraates von Parthien‹ oder so ähnlich.«
»Das wäre bequem, aber meine Lebenserfahrung lehrt mich, dass die Dinge selten mit Rücksicht auf unsere Bequemlichkeit geschehen.« Ich warf den Dolch hoch und fing ihn wieder auf.
»Aber, Decius, du bist ja ein richtiger Philosoph geworden!
Lass dir einen Bart wachsen und mach eine Schule auf.«
»Verschone mich mit deinen Witzen, Octavius. Und halte mich in dieser Angelegenheit auf dem laufenden, ja? Es kommt mir fast vor, als wäre der arme Kerl ein Klient von mir gewesen.«
Octavius versprach mir, das zu tun, und auf dem Forum verabschiedeten wir uns voneinander.
Es war ein klarer, kühler Tag, einer dieser leuchtenden Morgen, wie man sie im Herbst in Italien erlebt. Die drückende Hitze des Sommers war vorüber, und die Kälte und der Regen des Winters waren noch nicht hereingebrochen. Das ließ mich meinen Entschluss, eine Position anzustreben, die mich aus Rom wegführen würde, noch einmal überdenken. Ich wusste, dass der Winter mich von solchen Zweifeln heilen würde. Ich würde anfangen, von den griechischen Inseln zu träumen, von Afrika, ja sogar von einem Botschafterposten in Alexandria, das, wie ich immer wieder gehört hatte, eine köstlich verrufene Stadt sein sollte.
Der Tag verstrich wie alle übrigen, mit Ausnahme der Aufregung am Morgen. Die Belegschaft wartete schon ungeduldig, dass ich mit meinem Schlüssel die Staatskasse aufschloss, aber mit einem reißerischen Bericht über den Mord konnte ich sie besänftigen. Ich quittierte eine weitere Sendung Silber an die Legionen, verließ den stickigen Tempel mit seinem Geruch nach altem Weihrauch und noch älteren Opfertieren und begab mich an die frische Stadtluft. Ziemlich frisch jedenfalls. Der Wind wehte nicht vom Fischmarkt und dem Schlachthof herüber oder, noch schlimmer, von den offenen Gräbern. Er blies vielmehr frische Luft aus dem Norden heran, von den Bergen. Dann musste ich mich wieder meinen Pflichten zuwenden. Hinter dem Eingang blieb ich stehen. Irgendetwas schien verkehrt oder am falschen Ort. Das Standbild des Saturn sah wie immer aus. Die Tauben auf den Dachsparren gurrten wie üblich. Der Tempel war einer der ältesten und bestand zum großen Teil aus Holz. Auch in den zahlreichen Nischen und Gängen schien alles wie gewohnt. An dem niedrigen Portal neben dem Eingang blieb mein Blick hängen. Es war der Durchgang, der laut Minicius, dem alten Freigelassenen, nur zu einigen unbenutzten Lagerräumen führte. Ich trat näher heran, um genauer zu betrachten, was dort nicht stimmte.
Im Staub waren frische Fußabdrücke, und zwar jede Menge. War ein Trupp Sklaven falsch abgebogen und dort hineingegangen? Die Frage hätte mich vielleicht nicht weiter beschäftigt, wenn mir nicht so langweilig gewesen wäre. Vielleicht lag es auch daran, dass mir alle möglichen geheimnisvollen Fragen im Kopf umherschwirrten: Warum etwa hatten die Mörder von Manius Oppius seine Ringe nicht gestohlen, obwohl sie doch wertvoll genug waren, eine arme Familie bequem zwei oder drei Jahre zu ernähren? Oder war es vielleicht mein Genius , der mir ins Ohr flüsterte? Genii waren an sich als Schutzgeister gedacht, aber meiner brachte mich ständig in Schwierigkeiten.
Zum zweiten Mal an diesem Tag kauerte ich nieder, um Indizien zu studieren. Ich sah Abdrücke von Sandalen und nackten Füßen. Die nackten Füße gehörten wahrscheinlich Sklaven. Darüber hinaus konnte ich die Abdrücke von mindestens zwei verschiedenen Paaren von Sandalen erkennen. Ich richtete mich auf und blickte mich um, um mich zu vergewissern, dass mich niemand beobachtete. Ich kam mir albern vor wie ein Junge, der auf Bäume klettert, während er eigentlich seine Schularbeiten machen sollte. Leise trat ich zu einer Nische und nahm mir eine Lampe. Dann ging ich wieder zu dem Durchgang zurück.
Die Fußabdrücke befanden sich auf einem kleinen Absatz, von dem aus sich eine Treppe nach rechts unten wand. Ich stieg langsam die Stufen hinab, um meine Augen nach und nach an die Dunkelheit zu gewöhnen. Als ich unten angekommen war, spendete der rußige Docht der Laterne ein ausreichendes Licht. Die Treppe endete auf einem weiteren
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