Die Catilina Verschwörung
Frau. Ich erkannte sofort das rote Haar und das rötliche Gesicht von Lucius Sergius Catilina. An der Art, wie die anderen plötzlich in Schweigen verfielen und sich ihm zuwandten, erkannte ich, dass er der Grund der heutigen Zusammenkunft war. Der Gedanke, dass Catilina hinter der Angelegenheit steckte, in der ich ermittelte, ließ mich schaudern. Er war ein gefährlicher Mann.
Er ging im Raum umher, grüßte und schüttelte Hände. Als er bei mir angekommen war, bat er die Frau, die ihn begleitete, vorzutreten. »Decius, kennst du meine Stieftochter Aurelia?«
»Nein«, sagte ich, »aber ich bin glücklich, sagen zu können, dass sie ihrer Mutter zu großer Ehre gereicht.«
Orestilla, Catilinas zweite oder auch dritte Frau, war eine berühmte Schönheit. Ihre Tochter war neunzehn oder zwanzig, aber sie strahlte genauso viel Anmut und Selbstsicherheit aus wie Sempronia oder Fulvia. Sie war nicht so freizügig gekleidet wie die älteren Frauen, aber die Natur hatte sie so reichlich ausgestattet, dass sie ihre Figur nicht kunstvoll betonen musste. Ihr rotbraunes Haar war kurz und in kleine feste Locken gelegt. Sie hatte große graue Augen und einen aufregend offenen Blick.
»Deine und meine Mutter waren eng befreundet«, sagte sie. »Meine Mutter spricht noch immer häufig von Servilia.«
Ihr junges Gesicht war wunderschön, aber ernst, als ob sie nur selten lächelte. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass meine Mutter Orestilla erwähnt hatte, aber sie war auch bereits gestorben, als ich noch sehr jung war.
»Dem jungen Decius steht eine bemerkenswerte Karriere bevor«, äußerte Catilina herzlich und sah mich fragend an. »Ich vermute, du hast bereits einen guten Posten für die Zeit nach dem Quaestorenamt in Aussicht?«
»Ich habe ein gutes Angebot der Konsuln oder Praetoren erwartet«, erwiderte ich, meine Rolle spielend, »aber bisher hat sich noch nichts ergeben.«
»Kaum zu glauben!« meinte Catilina. »Ein solches Angebot sollte für einen jungen Mann von deiner Herkunft und Erfahrung selbstverständlich sein.«
»Das sollte man in der Tat denken«, sagte ich.
Aurelia betrachtete mich mit irritierender Aufmerksamkeit. Sie trug keine Ringe, Armreifen, Halsketten, Diademe oder sonstigen Schmuck, wie er die anderen Frauen zierte. Zum Ausgleich wand sich die längste Perlenkette, die ich je gesehen hatte, um ihren Hals, kreuzte sich zwischen ihren Brüsten und war dreimal um ihre Hüfte gewickelt. Ich wusste nicht, ob sie so die Kontur ihres Halses, die Größe ihrer Brüste oder ihre schlanke Taille betonen wollte; jedenfalls wirkte es sich hinderlich auf meine Konzentration aus. Die Kette musste so viel wert sein wie eine kleinere Stadt.
»Es ist eine Schande, dass unsere Beamten so wenig tun, die Karriere eines verdienten jungen Staatsmannes zu fördern.«
Ich muss gestehen, dass mir das viel besser gefiel als die Komplimente von Quintus Curius. Catilina konnte wenigstens so tun, als ob er es ernst meinte.
»Daran kann ich wohl nichts ändern«, sagte ich. »Niederrangige Beamte haben ohnehin nur wenig Macht, und bald bin ich nur noch ein ehemaliger niederrangiger Beamter.«
»Vielleicht gibt es etwas, was du tun kannst«, sagte Catilina. »Darüber müssen wir uns näher unterhalten.«
In diesem Augenblick verkündete eine Dienerin, dass das Essen aufgetragen war, und wir gingen in den Speisesaal. Zu meiner großen Freude entdeckte ich, dass ich neben Aurelia lag. Das hätte für mich nicht weiter von Bedeutung sein sollen, war ich doch hier, ein aufrührerisches Komplott zu enttarnen, aber ich sah keinen Grund, warum mir bei der Verfolgung meiner Pflichten angenehme weibliche Gesellschaft vorenthalten bleiben sollte. Ich war eben noch immer sehr jung.
Ich werde den Leser nicht mit einer Aufzählung der dargebotenen Weine und Speisen langweilen, obwohl mein Gedächtnis für solche Einzelheiten immer schärfer wird, je weiter die Jahre voranschreiten. Wichtiger war die versammelte Gesellschaft. Mit Ausnahme von mir war jeder der anwesenden Männer irgendwann einmal der Korruption angeklagt gewesen. Die traditionelle Methode, sich als junger Senator einen Namen zu machen, war, jemand der Korruption anzuklagen; die üblichen Vorwürfe lauteten Schiebung, Annahme von Bestechungsgeldern und Wucher. Diese Männer hingegen waren in allen Punkten durch erdrückende Beweise für schuldig befunden worden. Außerdem waren sie sämtlich hochverschuldet.
Catilina war vom selben Schlag, nur auf
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