Die Catilina Verschwörung
das Tier tatsächlich dahinzuschweben.
In der Nähe stritten zwei Männer mit gedämpfter, aber erregter Stimme. Einer hatte uns den Rücken zugewandt, den anderen kannte ich nicht.
»Ich muss mit ihm reden«, sagte Aurelia und ging zu den beiden Männern.
Ich folgte ihr. Als sie sich näherte, drehte sich der Mann, der mit dem Rücken zu uns gestanden hatte, um, und ich wünschte, ich wäre nicht so erpicht gewesen, Aurelia zu folgen. Es war Marcus Licinius Crassus.
Der Ärger in seinem Gesicht war wie weggewischt, und er lächelte. »Aurelia! Du machst diesen Morgen noch einmal so schön!« Er küsste sie züchtig auf die Wange und bemerkte dann uns übrige. »Decius Caecilius kenne ich natürlich, aber ich glaube, deinen beiden anderen Begleitern bin ich noch nicht begegnet.«
Aurelia stellte Thorius und Valgius vor.
Crassus’ blaue Augen waren kalt wie immer, aber er legte keine besondere Feindseligkeit gegen mich an den Tag. Er stellte den Mann vor, mit dem er gestritten hatte. »Das ist Quintus Fabius Sanga. Er ist hier, um seine Pferde laufen zu sehen.«
Ich warf einen Blick auf die Sandalen des Mannes und entdeckte den am Fußgelenk befestigten, kleinen, elfenbeinernen Halbmond, das Zeichen eines Patriziers. Ich ergriff seine dargebotene Hand. »Mein Vater hat mir von dir erzählt«, erklärte ich ihm. »Er sagt, dass deine Ländereien in Gallien die besten Pferde der Welt hervorbringen.«
Sanga lächelte. »Ich hab’ des öfteren mit der alten Stumpfnase Geschäfte gemacht, als er Prokonsul war. Er hat ein scharfes Auge für Pferde. Er bestand darauf, jedes Pferd persönlich zu inspizieren, bevor er es für die Armee gekauft hat. Wenn nicht die Lupercalia wären, wäre ich jetzt in Gallien bei meinen Pferden.«
»Aber bis zu den Lupercalia sind es doch noch vier Monate«, bemerkte ich.
»Aber das würde bedeuten, dass ich im Januar entweder die Alpen überqueren oder per Schiff anreisen müsste, und wer will sich das schon antun? Außerdem weilen einige meiner gallischen Klienten in der Stadt und bedürfen meiner Betreuung.« Er blickte auf die Rennbahn. »Da sind jetzt ein paar von meinen Pferden.« Ich sah hinunter und entdeckte eine Quadriga mit vier herrlichen gallischen Rotbraunen, die von den Toren herandonnerten und geschwind nach links hinüberschwenkten, um den Wagen in die Idealposition an der Spina zu steuern. Es war ein elegantes Manöver, das allerdings in einem echten Rennen sehr gefährlich werden konnte, weil alle vier Wagenlenker auf die Innenbahn wollten. Der Wagenlenker war ein gutaussehender Junge mit langem flachsblonden Haar, das unter seinem Helm hervorquoll. Er kam mir bekannt vor, aber in dem Augenblick, in dem er an uns vorbeischoss, fiel mir nicht ein, woher. Alle lobten wir Sangas Pferde, und dann kam Aurelia auf die Angelegenheit zu sprechen, die sie mit Crassus bereden wollte.
»Marcus Licinius, ich gehöre dem Kolleg der Priesterinnen der Ceres an. Unser Tempel« - sie wies auf das wunderbare Bauwerk auf dem Hügel - »muss dringend renoviert werden. Wirst du die notwendigen Restaurierungsarbeiten übernehmen?«
Es war üblich, dass reiche Männer derartige Dinge erledigten.
»Haben denn die Marktgebühren dieses Jahr nicht gereicht?«, fragte er. Die plebejischen Aedilen hatten ihre Büros im Tempel, und die Gebühren, die sie auf den Märkten kassierten, sollten dem Erhalt des Tempels dienen.
»Ich fürchte, nein. Der Mundus droht zusammenzubrechen und könnte so den ganzen Tempel einstürzen lassen.«
»Das klingt in der Tat ernst«, gab er zu.
Der Mundus war etwas sehr Wichtiges für uns, weil er den einzigen Eingang zur Unterwelt darstellte. Es gab noch andere in Italien, aber in Rom war dies der einzige. All die Opfer und Botschaften mussten die Götter der Unterwelt und unsere Toten schließlich erreichen, also konnten wir unseren Mundus keinesfalls einstürzen lassen.
»Restaurierungsarbeiten sind mühsam und kompliziert«, sagte Crassus. »Vielleicht sollte ich euch einfach einen neuen Tempel bauen.« Das meinte er ernst. Crassus pflegte zu sagen, dass ein Mann von sich nicht behaupten konnte, reich zu sein wenn er nicht in der Lage war, aus eigener Tasche eine Armee aufzustellen, auszurüsten und zu besolden. Er war unheimlich reich.
»Auf gar keinen Fall!« rief Aurelia. »Wir wollen unseren alten Tempel behalten. Nur eine Restaurierung, bitte!«
Da war ich ganz ihrer Meinung. Es mißfiel mir, wie die Leute ständig unsere alten Tempel abrissen,
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