Die Champagnerkönigin
sagte Isabelle gerührt. »Und die Brotzeiten bereite ab morgen ich zu!«
»Umso besser, Madame. Aber nun erzählen Sie doch – wie war die Reise, hat unser Champagner Anklang gefunden?«
»Großen Anklang sogar«, erwiderte sie stolz. »Dank Monsieur Dupont haben wir unseren ganzen Jahrgang 1899 verkauft. Nun heißt es nur noch hoffen, dass die neuen Kunden zufrieden sind und uns ihr Vertrauen auch in den nächsten Jahren schenken«, sagte sie mehr zu sich als zu Claude. Raymond Dupont würde doch nicht aus lauter Gehässigkeit darüber, dass sie ihm eine Abfuhr erteilte, gegen sie agieren? Nein, das traute sie ihm nicht zu. Er war durch und durch loyal.
»Und – was gibt es Neues im Dorf?«, fragte sie, nicht nur um sich abzulenken, sondern auch aus echtem Interesse.
»So einiges«, erwiderte Claude geheimnisvoll. »Ich komme gerade von der Kirche unten im Dorf, eigentlich hätten wir uns auf dem Weg hier herauf begegnen müssen.« Er schaute sie an und grinste spitzbübisch. »Micheline und ich wollen heiraten, noch vor der Ernte. Darüber habe ich mit dem Pfarrer gesprochen.«
»Sie wollen heiraten? Herzlichen Glückwunsch!«, rief Isabelle. »Das ist ja phantastisch. Aber sagen Sie … Wieso ausgerechnet jetzt?«
Der alte Verwalter zuckte mit den Schultern. »Nun ja … Eigentlich hätten wir schon früher gewollt. Aber dann war das letzte Jahr so turbulent. Doch jetzt, wo Daniel da ist und alles so gut aussieht …«
Isabelle nickte betroffen. Sie legte eine Hand auf seinen Arm. »Das letzte Jahr hat uns allen einiges abverlangt. Doch bei jeder neuen Katastrophe standen Sie mir zur Seite, das werde ich Ihnen nie vergessen. Danke«, ergänzte sie schlicht. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie der Verwalter errötete.
»Sehen Sie die jungen Männer?«, sagte er dann und zeigte auf etliche junge Burschen, die Isabelle vom Sehen her kannte. »Das sind die Tagelöhner, von denen ich gerade gesprochen hatte. Fleißige Burschen, sie haben uns auch schon geholfen, einen Teil der Weinberge neu aufzuforsten. Mit den neuen Reben, die Daniel ausgesucht hat, kann uns die Reblaus zukünftig nichts mehr anhaben. Und Unkraut werden Sie auch nicht mehr vorfinden, die Burschen sind ihr Geld wirklich wert. Alles ist bestens in Schuss!« Der Stolz in seiner Stimme war nicht zu überhören.
Isabelle hörte jedoch nur noch mit halbem Ohr zu. Ihr Blick war auf die Kinderkrippe mit dem weißgerüschten Himmel gerichtet, die malerisch im Schatten einer Rebzeile stand. Ein paar Schritte daneben schnitt Lucille an einer Rebe Blätter ab, damit die heranwachsenden Trauben mehr Sonne abbekamen.
»Margerite …« Isabelle spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie sprang rasch vom Kutschbock.
»Madame! Herzlich willkommen!« Lucilles Gesicht leuchtete auf, als sie Isabelle sich nähern sah. Sogleich hob sie Margerite vorsichtig aus ihrer Krippe und reichte den Säugling seiner Mutter, dann zog sie sich ein paar Schritte zurück.
»Margerite, deine Mama ist wieder da.« Mit geschlossenen Augen drückte Isabelle ihre Tochter sanft an sich. So lange hatte sie auf diesen Moment gewartet …
»Isabelle«, ertönte es im nächsten Moment neben ihr. Ein Flüstern nur. Und die größte Liebeserklärung von allen.
Isabelle öffnete ihre Augen. »Daniel!«
Fragend schaute er sie an. Statt etwas zu sagen, lächelte sie nur, und in ihrem Lächeln lag alle Liebe und Wahrhaftigkeit und Hingabe, derer sie fähig war.
Ihre Lippen fanden hungrig zueinander, während Margerite mit ihren kleinen Händen nach der Sonne griff.
Lucille, die mit Claude die kleine Szene beobachtete, fragte erstaunt: »Daniel und Madame Feininger? Wussten Sie davon?«
» Wissen wäre zu viel gesagt, aber geahnt habe ich es schon«, erwiderte Claude fröhlich. »Und gehofft!«
»Ob ich auch jemals die Liebe erleben darf?« Seufzend schaute Lucille in Richtung der Tagelöhner, die gerade dabei waren, Claudes Brotzeit auszupacken. Ein schwarzhaariger junger Bursche schaute verlegen zurück.
Claude legte freundschaftlich einen Arm um die junge Frau. »Alles im Leben hat seine Zeit. Die Liebe kommt zu dem, der an sie glaubt.«
Anmerkungen
Die Recherchen zu diesem Buch waren einzigartig, angefangen bei der Reise in die Champagne, den Gesprächen mit den Winzern und anderen Fachleuten bis hin zu einigen sehr anregenden Champagnerproben – nur selten habe ich so viele Sinneseindrücke einfangen können. Darüber hinaus gönnte ich mir reichlich Fachlektüre
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