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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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schirmte mit der rechten Hand ihre Augen ab, um gegen die Sonne besser sehen zu können. Ihr Blick verfolgte die Rothaarige, die stolpernd in Richtung des Weinguts Feininger rannte.
    »Dann stimmt es also, was man erzählt – die Deutschen sind da. Nun habe ich es mit eigenen Augen gesehen. Kommt das Weingut Lambert also tatsächlich nochmals in die falschen Hände.«
    Daniel biss die Zähne so fest aufeinander, dass es weh tat. »Das Weingut Lambert gibt es schon lange nicht mehr«, sagte er mit bemüht ruhiger Stimme. »Die Feiningers sind die rechtmäßigen Erben von Jacques, sollen sie tun und lassen, was ihnen gefällt, auch wenn sie völlig ungeeignet für diese Arbeit sind.«
    »Daniel, mein Lieber – und wenn du noch so gleichgültig tust, mir kannst du nichts vormachen!« Henriette lachte höhnisch auf. Sogleich zeigten sich unzählige Falten rund um ihren Mund. Das Rouge, mit dem sie ihre Lippen dunkel gefärbt hatte, rann aus kleinen Runzeln über den Lippenansatz hinaus.
    Henriette Trubert war einst eine der schönsten Frauen der Champagne gewesen. Doch die Fröste des Winters, der Sommerwind und die fortwährenden Kontrollgänge über die ausgedehnten Ländereien des Weinguts hatten ihre Haut vorzeitig altern lassen. Feine Linien um die Augen, Runzeln rund um die Lippen, dazu eine ermüdete, nach unten sackende Haut an den Wangen und dem Kinn – so anziehend sie im gedämpften Kerzenlicht ihres Salons noch immer wirkte, unter der kalten Märzsonne sah man ihr jedes ihrer fünfundfünfzig Jahre an.
    »Dass nicht du diese Weinberge bearbeitest, sondern irgendwelche dahergelaufenen Personen, die wahrscheinlich von Tuten und Blasen keine Ahnung haben, muss dich doch innerlich zerfressen.«
    Daniel schluckte. Eine sehr viel bessere Beschreibung seines Gemütszustands hätte er selbst nicht liefern können, vor allem nach der lächerlichen Szene mit der Deutschen. Doch er würde einen Teufel tun und seiner Arbeitgeberin beipflichten.
    »Man kann sich im Leben nicht alles aussuchen«, sagte er leichthin.
    »Diesen demütigen Ton kenne ich an dir gar nicht. Wo du doch sonst ständig kämpferische Töne anschlägst«, sagte Henriette Trubert ironisch. Sie legte eine Hand auf seinen rechten Arm. Es kostete Daniel Überwindung, nicht zurückzuzucken. Ihr Blick war beschwörend, jeder Rest Sarkasmus war aus ihrer Stimme verschwunden, als sie sagte: »Wenn du glaubst, dass ich tatenlos zusehe, wie das Weingut Feininger noch weiter verkommt, hast du dich getäuscht. Vielmehr werde ich alles daransetzen, dass dieses Land in meinen Besitz gelangt. Stell dir das doch nur vor, du als Kellermeister könntest dann über all das Land hier bestimmen …« Sie machte eine weit ausholende Handbewegung, mit der sie die umliegenden Weinberge einschloss. »Wer weiß – vielleicht gelingt mir das noch vor der diesjährigen Ernte? Wenn wir es geschickt anstellen …«
    » Wir ?« Daniels Kehle war trocken, das Wort klang mehr wie ein Räuspern. Ob er es wollte oder nicht, war er Henriette Truberts Zukunftsvisionen im Geist gefolgt. Wie ein Esel, der einer vorgehaltenen Rübe hinterherrennt, ärgerte er sich und konnte doch nichts gegen die Vorstellungen tun, die vor seinem inneren Auge aufstiegen. Wenn er hier das Sagen hätte …
    »Natürlich wir!«, sagte Henriette tadelnd. »Dein Ruf ist untadelig, dein Wort gilt hier in der Region viel. Die Leute vertrauen dir Dinge an, die sie mir nie erzählen würden. Ich erwarte von dir, dass du alles an mich weitergibst, was die Feiningers betrifft. Mit den richtigen Informationen sollte der Rest ein Kinderspiel für mich sein.«
    »Und warum sollte ich das tun, Madame?«, fragte er steif. Und wenn es ihm noch so sehr gegen den Strich ging, die Deutschen hier zu wissen – alles in ihm sträubte sich gegen die Vorstellung, das Vertrauen der Leute für Henriettes Zwecke zu missbrauchen.
    Die Winzerin lächelte erneut. »Wie würde dir eine Champa­gner-Edition mit dem Namen Trubert-Lambert gefallen?«
    Was für eine Impertinenz! Wie sich der Kerl dreist vor ihr aufgebaut und sie angegrinst hatte, nach allem, was er getan hatte! Das würde ein Nachspiel haben. Isabelle bebte noch immer vor Wut, als sie das Haus des Verwalters erreichte.
    Claude Bertrand saß mit dem Rücken an die Hauswand gelehnt und aß zu Mittag. Sein Hund beäugte jeden seiner Handgriffe in der Hoffnung, dass für ihn etwas abfiel.
    »Und, hatten Sie einen schönen Spaziergang?«, sagte er, als er sie kommen sah.

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