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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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dabei hob und senkte sich ihre Brust wie bei jemandem, der um sein Leben gelaufen war. Daniel grinste spöttisch. Eine typische Städterin. Madame hatte keine Puste mehr, dabei war das einer der sanfteren Hügel. Im nächsten Moment fror sein Grinsen ein, als ihm klar wurde, wen er vor sich hatte. Das konnte doch nur l’Allemande sein! Sie und ihr Mann waren gestern in Hautvillers angekommen, das wusste er von Ghislaine, an deren Gasthaus die Kutsche vorbeigefahren war. Womöglich schlich ihr Mann auch hier herum. Die beiden hatten ihm gerade noch gefehlt! Hastig packte er seine Brotzeit ein.
    Er war schon im Gehen begriffen, als sein Blick erneut auf die Fremde fiel. Hektisch sprang sie von einem Rebstock zum nächsten, ihr Blick raste dabei fast panisch umher. Stirnrunzelnd beobachtete Daniel, wie die Frau auf die Knie fiel und mit beiden Händen im Boden wühlte oder etwas herausrupfte. Im nächsten Moment schluchzte sie laut auf und wiegte ihren Oberkörper vor und zurück wie ein Klageweib, das einen großen Verlust beweinte. Daniel erschrak, er kam sich vor wie jemand, der verbotenerweise durch ein Schlüsselloch linst. Was hatte die Frau derart erschüttert? Oder deutete er die Situation falsch? Hatte sie etwas verloren und suchte danach?
    Obwohl er sich vorgenommen hatte, mit den Erben von Jacques Feininger nichts zu tun haben zu wollen, ging er auf die Frau, die einen so verzweifelten Eindruck machte, zu. Wenige Schritte von ihr entfernt räusperte er sich.
    »Kann ich Ihnen helfen, Madame?«
    Sie zuckte zusammen und presste beide Hände vor Schreck auf die Brust, fasste sich aber schnell wieder. Sie hatte tatsächlich geweint und wischte sich nun mit dem Ärmel ihres Kleides übers tränennasse Gesicht. Sie war schön, erkannte er. Und viel jünger, als er von weitem angenommen hatte. Fast noch ein junges Mädchen.
    »Was machen Sie hier? Sind Sie einer der Arbeiter?«, fragte sie in erstaunlich gutem Französisch.
    »Nicht unbedingt …«, sagte er mit einem schwachen Lächeln. »Aber vielleicht kann ich Ihnen trotzdem weiterhelfen?«
    Ihr Blick war unsicher, als sie auf die Rebzeilen schaute. »Ich kenne mich ja nicht aus, aber … da!« Sie zeigte auf den Boden zwischen ihnen. »Das da ist sicher Unkraut vom Vorjahr, oder? Solche Pflanzen haben in einem Weinberg doch bestimmt nichts verloren?« Sie beugte sich nach unten und riss eine Handvoll vertrocknete Vogelmiere heraus, die sie ihm so vorwurfsvoll unter die Nase hielt, als hätte er sie eigenhändig eingepflanzt. Er wollte sie gerade darauf aufmerksam machen, dass nicht er für den ungepflegten Zustand dieser Weinberge zuständig war, sondern ganz andere, als sie fortfuhr: »Und als wäre das nicht schon schlimm genug …« – sie zeigte auf die jungen Reben, aus denen munter Pflanzensaft sprudelte –, »da, die Rebstöcke! Sie gehen kaputt, allesamt, sehen Sie das nicht? Da habe ich geglaubt, das hier wäre unsere große Chance, und nun so etwas …« Ihre letzten Worte gingen in einem Schluchzer unter. Peinlich berührt wandte sie sich ab. »Verzeihen Sie, aber dass hier alles vor die Hunde geht, damit habe ich nicht gerechnet.«
    Verwirrt schaute Daniel erst die aufgelöste Fremde, dann die kleinen Wasserlachen an, die sich an den Stämmen der Rebstöcke gebildet hatten. Les pleurs …
    Im nächsten Moment lachte er auf. »Madame –« Er wollte ihr erklären, dass das, was sie sah, völlig harmlos war, doch sie fiel ihm ins Wort.
    »Was haben Sie denn da?« Mit spitzem Finger zeigte sie auf die sécateur , die wie immer von seinem Gürtel herabbaumelte. Die Rebschere war eins der wenigen Dinge, die ihm sein Vater vererbt hatte, Daniel trug sie bei sich, seit er denken konnte.
    »Haben Sie … etwa mit Ihrer Schere an den Reben herumgeschnitten?« Die Rothaarige funkelte ihn so wütend an, als wollte sie im nächsten Moment auf ihn losgehen. »Sie Saboteur …«
    Daniel glaubte nicht richtig zu hören. »Sie glauben doch nicht allen Ernstes …« Er verzog abfällig den Mund, dann ging er ohne ein weiteres Wort davon.
    Daniel hatte den Fuß des Weinbergs noch nicht erreicht, als ihm erneut eine Frau entgegenkam. Doch statt in Feuerrot war diese Frau in ein geschäftsmäßiges Dunkelblau gekleidet. Merde , nicht auch noch sie …
    »Madame«, sagte er höflich, aber reserviert, als er auf Höhe seiner Arbeitgeberin war. Am liebsten wäre er einfach seines Weges gegangen, doch da Henriette Trubert stehen blieb, hielt auch er inne.
    Die Winzerin

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