Die Chaosschwestern legen los - Mueller, D: Chaosschwestern legen los
ebenfalls vergessen wird, Tessa zu sagen, dass er es nicht so gemeint hat und sie sich doch mit Javier und Ramón treffen darf.
»Ich hau ab!«, sagt sie plötzlich und schnäuzt sich laut in ein Taschentuch. »Gleich morgen früh haue ich ab!«
»Hm«, mache ich, weil ich nicht genau weiß, was ich dazu sagen soll. Ich kann ja verstehen, dass Tessa wütend und empört ist. Aber wo will sie denn hin?
»Ganz egal«, schnaubt Tessa, als ich sie das frage. Dann überlegt sie. »Dodos Eltern haben ein Schrebergartenhäuschen. Das benutzen sie jetzt im Herbst gar nicht mehr. Da kann ich bestimmt wohnen.«
Sie scheint grässlich entschlossen. Hat sie etwa doch gemeint, was sie sagte, als sie behauptete, dass sie sich von jetzt an nicht mehr von Cornelius ihr Leben bestimmen lässt?
»Lass uns morgen noch mal drüber reden, Tessa, ja?«, sage ich, weil ich allmählich müde werde. Und, ehrlich gesagt, bin ich sogar schon zu müde, um überhaupt noch
rüber in mein eigenes Bett zu gehen. Außerdem liegt dort sowieso noch Kenny und nimmt, wie immer, weit mehr als den halben Platz weg. Da kann ich genauso gut hier bei Tessa liegen bleiben.
»Nacht, Tessa«, murmele ich und drücke sie noch einmal.
»Nacht, Livi«, nuschelt Tessa und klingt, als ob sie auch schon halb im Land der Träume ist.
Was für Träume sind das wohl? Ob Tessa es ernsthaft durchsetzen wird, nach Spanien zu gehen? Ob Iris und Cornelius das jemals erlauben würden?
Mache meine Augen noch mal auf und gucke zu Tessas Fenster rüber. Ob man vielleicht von hier aus Gregorys Zimmer sehen kann? Ach nein, das geht ja raus zu Walter Walbohms Haus. Und da brennt tatsächlich noch Licht. Ja, Gregory sagte ja schon, dass Walter gerne die halbe Nacht auf ist, seine Goldmünzen sortiert und erst sehr spät ins Bett geht.
Hm, komischer Kauz, dieser Walter. Aber nett, auf jeden Fall. Schon dass er sich immer um Gregory gekümmert hat, finde ich total super von ihm. Und dass er Aurora füttert auch.
Aber – warum macht er bloß so ein Geheimnis daraus? Und – wo kommt Aurora eigentlich her? Ich meine, Hühner fallen doch nicht einfach vom Himmel.
Na, das wird sich schon irgendwie aufklären.
Ach, ich fühl mich jedenfalls immer noch gut. Was für ein Glück man mit seinen Nachbarn doch haben kann!
»Träum was Schönes, Tessie«, murmele ich, bevor ich selber absegele. »Und mach dir keine Sorgen mehr wegen Cornelius und Javier und Ramón, ja? Das wird schon alles wieder gut werden...«
Kenny
Früh aufstehen ist superschön. Man kann überall hingehen und alles angucken und niemand sagt »Pass auf!« oder »Das nicht, Kenny!« oder »Lass mich, ich muss arbeiten!«. Man kann im Kühlschrank wühlen und den teuren italienischen Schinken aufessen, den wir sonst nur auf Brot haben dürfen, und danach die teuren Pralinen, die zuoberst im Küchenschrank liegen, wo man aber gut mit einem Stuhl ranreichen kann, wenn man genügend Zeit hat. Und danach kann man ein paar DVDs gucken, die man noch nie sehen durfte, aber die ein echt interessantes Bild vorne drauf haben, und man braucht nicht mal besonders auf Schokoflecken auf dem Sofa aufzupassen, weil ja niemand da ist, der einem sagen könnte, dass Schokoflecken da sind. Und Mama kann hinterher nicht mal schimpfen, auch wenn sie denkt, dass all das ich war, weil sie mir natürlich nichts beweisen kann. Und hinterher kann man noch ein bisschen barfuß in den Garten gehen und mit den Zehen in der nassen Erde wühlen und danach mit den Matschzehen Bilder auf die Fliesen der Terrasse malen – und übrigens geht das noch besser auf den Glastüren der Veranda – und bei all dem ist man einfach wunderbar ungestört. Und dann schließlich wird man vielleicht doch noch mal müde, denn man ist ja echt früh aufgestanden, und dann geht man wieder ins Bett und hört eine halbe Stunde später seelenruhig den OH-NEIN-Schreien von Mama oder Papa zu und dreht sich um und ratzt zufrieden noch eine Runde und ist SEHR erstaunt, wenn Mama ins Zimmer guckt, um zu gucken, wer von uns Mädchen es wohl war, der schon vor ihr aufgestanden ist.
Huch, wo bin ich denn?
Oh, ach ja, in Livis Bett. Mhm, schöön! Schön kuschelig. Hab ganz wunderbar geträumt. Von Romys und Bentjes und meinem Geheimklub.
Wir waren unten am Fluss so’n bisschen Frösche küssen und dann haben wir Livi gesucht und sie einfach mitgenommen. Aber Livi wollte gar nicht mehr mitgenommen werden. Weil sie nämlich plötzlich einen eigenen Geheimklub hatte. Da
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