Die Chaosschwestern legen los - Mueller, D: Chaosschwestern legen los
irgendetwas machen.
Oh, wie kann sich ein schöner Tag nur so schnell in einen Bauchschmerzentag verwandeln!
Meine Laune steigt den ganzen Nachmittag über nicht mehr wirklich an. Kein Wunder.
Ich muss mich sogar richtig dazu zwingen, nach dem Mittagessen, das Javier und Ramón auf den Tisch gezaubert haben, mein Make-up zu überprüfen.
Dass ich es aus reiner Gewohnheit dann doch noch tue, ist allerdings ein wahres Glück, denn von meinem Silberstaub-Lidschatten ist kaum noch etwas übrig. Und – was auch immer heute noch an schrecklichen Dingen passieren mag – ich muss ja nicht hässlich wie eine Vogelscheuche dabei aussehen!
Javiers und Ramóns Laune sinkt auch ein wenig, denn ich bin reichlich wortkarg.
Ich behaupte, einfach müde zu sein, aber ich kann sehen, dass sie mir das nicht abkaufen.
Den Abend vertreiben wir uns mit Kartenspielen, obwohl wir sonst bei unseren Treffen immer nur gequatscht und gelacht haben.
Zwischendurch haben die Jungen ein paar Mal über irgendetwas ziemlich heftig auf Spanisch diskutiert. Leider reicht eine einzige Stunde Spanischunterricht natürlich noch nicht aus, um zu verstehen, worum es ging. Wollen sie am Ende früher nach Hause fahren als geplant, weil ich so muffelig bin? Oh, NEIN, das wäre doch superschade!
Oder planen sie doch ihren nächsten Raub? Denn geflüstert haben sie auch ein paar Mal. So als ob sie wirklich überhaupt gar nicht riskieren wollen, dass ich auch nur ein Wort mitkriege.
Ach, hätte Livi mich bloß nicht darauf aufmerksam gemacht, dass Javi so eine teure Kette gar nicht gekauft haben kann !
Zweimal zuckt mein Magen ängstlich zusammen, als Ramón vorschlägt, dass er und Javi doch jetzt mal diesen Walter Walbohm besuchen könnten, um ihn nach seinen Goldmünzen zu fragen. Ich könne ja hierbleiben und mich so lange ausruhen, bis sie wieder da seien.
»Oh nein«, schreie ich sofort, »das wäre echt superunhöflich. Walter ist schließlich unser Nachbar und er kennt euch überhaupt nicht. Nein, da müssen wir schon zusammen hingehen.«
Aber genau das möchte ich natürlich ganz und gar vermeiden, denn ich will kein Risiko eingehen. Also behaupte ich einfach, als Javier und Ramón dann mit mir zusammen fahren wollen, dass ich leider immer noch zu müde bin.
Um zehn Uhr schließlich sage ich, dass ich schlafen gehen werde. Ich mag einfach nicht mehr so unglücklich neben den Jungen sitzen.
Aber als ich mich auf dem Sofa in meinen Schlafsack gerollt habe und daran denke, dass mein Javi nur ein paar
Meter weiter hinter dem Haus in seinem Zelt hockt, da kriege ich solche sehnsüchtigen Herzschmerzen, dass an Einschlafen natürlich nicht zu denken ist. Ich liege nur da und starre im Halbdunkeln an die Flecken auf der Decke (die müssten dringend mal übergestrichen werden!) und seufze und sehne mich …
Ob Javi und Ramón schon eingeschlafen sind?
Ab und zu höre ich die Kirchturmuhr schlagen. Elf Uhr, halb zwölf, zwölf …
Oje, ob ich die ganze Nacht wach liegen werde? Dann habe ich morgen bestimmt grässlich hässliche Ringe unter den Augen! Schlaf, Tessa, schlaf!
Aber – ups – beinahe wäre ich wirklich weggeratzt, aber genau da höre ich spanisches Gemurmel und ein paar Flüche. Anscheinend torkeln Javier und Ramón durch den finsteren Garten und rempeln dabei ein paar Bäume oder Hausecken an.
Ich richte mich mit einem Ruck auf und spähe aus dem Fenster. Tatsächlich, da sind die Schatten von den beiden, und dann höre ich die Gartenpforte aufquietschen und – klack – den kleinen Knall, als sie wieder zufällt. Sie sind weg. Aber wohin?
Ich sprinte sofort aus dem Haus, um zu prüfen, ob das Zelt noch dasteht. Sie werden doch nicht einfach wieder zurück nach Spanien abgehauen sein, ohne sich von mir zu verabschieden?
Ah, ein Glück! Das Zelt steht noch da. Mir fällt ein kleiner Stein vom Herzen. Ehrlich, ich hätte es beinahe schlimmer gefunden, wenn Javi einfach weggefahren wäre, als wenn er ein Dieb ist.
Dieb ! Schluck! Ja, das ist natürlich die zweite Möglichkeit, warum die Jungs eben weg sind. Ich meine, wo soll
man schon hingehen mitten in der Nacht? Zumindest in einer kleinen Stadt wie unserer? Da hat ja nicht mal eine Tankstelle nachts geöffnet. Also, dass Javier und Ramón nur ein Paket Taschentücher brauchen, ist keine Erklärungsmöglichkeit.
Oh, Sch…! Ich muss sofort Livi anrufen! Wo ist mein Handy!
Ich renne wieder rein und wühle in meiner Tasche. Ah, hier. Geh schon an, du dummes Ding! Was? Akku
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