Die Chirurgin
reduzieren, auf der er mit ihr fertig werden kann. Er vergeht sich nur an Frauen, die sich wie Opfer verhalten. Frauen, die so verletzt und gedemütigt sind, dass er sich von ihnen nicht bedroht fühlen muss. Und wenn Andrew Capra tatsächlich sein Partner war, dann hat er noch ein weiteres Motiv. Rache – für das, was sie zerstört hat.«
Marquette sagte: »Was fangen wir denn nun mit dieser Theorie des geheimnisvollen Partners an?«
»Wenn Capra einen Partner hatte«, antwortete Moore, »dann führt uns das schnurstracks nach Savannah zurück. Hier stehen wir bis jetzt mit leeren Händen da. Wir haben fast tausend Vernehmungen durchgeführt und immer noch keine brauchbaren Verdächtigen aufgetrieben. Ich denke, es wird Zeit, dass wir uns alle Personen vornehmen, die irgendetwas mit Capra zu tun hatten, um zu sehen, ob einer dieser Namen irgendwann hier in Boston aufgetaucht ist. Frost hat schon mit Detective Singer telefoniert, der in Savannah die Ermittlungen geleitet hat. Er kann runterfliegen und sich noch einmal die Beweislage anschauen.«
»Warum Frost?«
»Warum nicht?«
Marquette sah Zucker an. »Jagen wir vielleicht einem Phantom hinterher?«
»Manchmal kommt es vor, dass man so ein Phantom tatsächlich schnappt.«
Marquette nickte. »Also gut. Das mit Savannah geht klar.«
Moore stand auf und wollte gehen, hielt aber inne, als Marquette sagte: »Können Sie noch einen Moment hier bleiben? Ich muss mit Ihnen reden.« Sie warteten, bis Zucker das Büro verlassen hatte, dann schloss Marquette die Tür und sagte: »Ich will nicht, dass Frost nach Savannah fliegt.«
»Dürfte ich fragen, wieso?«
»Weil ich möchte, dass Sie fliegen.«
»Frost steht schon in den Startlöchern. Er ist auf den Auftrag vorbereitet.«
»Es geht hier nicht um Frost. Es geht um Sie. Sie müssen etwas Abstand von dem Fall bekommen.«
Moore verstummte. Er wusste, worauf das Gespräch hinauslief.
»Sie haben viel Zeit mit Catherine Cordell verbracht«, sagte Marquette.
»Sie ist der Schlüssel zu diesem Fall.«
»Zu viele Abende in ihrer Gesellschaft. Am Dienstag waren Sie um Mitternacht noch mit ihr zusammen.«
Rizzoli. Rizzoli hat das gewusst.
»Und am Samstag sind Sie die ganze Nacht bei ihr geblieben. Was genau geht da vor sich?«
Moore sagte nichts. Was hätte er auch sagen können? Ja, ich bin zu weit gegangen. Aber ich konnte nicht anders.
Marquette ließ sich auf seinen Sessel sinken; seine Miene drückte tiefe Enttäuschung aus. »Ich kann gar nicht glauben, dass ich mit Ihnen über so etwas sprechen muss. Ausgerechnet mit Ihnen.« Er seufzte. »Es wird Zeit, dass Sie einen Rückzieher machen. Wir werden jemand anderen auf sie ansetzen.«
»Aber sie vertraut mir.«
»Ist das alles, was Sie beide verbindet? Vertrauen? Was mir zu Ohren gekommen ist, geht weit darüber hinaus. Ich muss Ihnen nicht sagen, wie unangemessen das ist. Wir haben das doch beide schon bei anderen Beamten erlebt. Es funktioniert nie. Es wird auch diesmal nicht funktionieren. Im Moment braucht sie einen Mann wie Sie, und Sie sind nun einmal zufällig greifbar. Ein paar Wochen lang geht zwischen Ihnen die Post ab, vielleicht einen Monat lang. Dann wachen Sie beide eines Morgens auf, und zack! – ist es schon wieder vorbei. Entweder leidet die Frau darunter, oder Sie leiden darunter. Und beiden tut es Leid, dass es je dazu gekommen ist.« Marquette brach ab und wartete auf Moores Erwiderung. Moore hatte nichts zu erwidern.
»Abgesehen von den persönlichen Aspekten«, fuhr Marquette fort, »behindert diese Affäre die Ermittlungen. Und sie ist verdammt peinlich für die gesamte Abteilung.« Er deutete mit einer brüsken Geste zur Tür. »Los, ab nach Savannah mit Ihnen, Und lassen Sie bloß die Finger von Cordell.«
»Ich muss ihr erklären …«
»Anrufen sollen Sie sie auch nicht. Wir werden es sie schon irgendwie wissen lassen. Ich werde Crowe auf Ihren Posten setzen.«
» Nicht Crowe!«, entgegnete Moore heftig.
»Wen denn?«
»Frost.« Moore seufzte. »Lassen Sie Frost das machen.«
»Also gut, dann eben Frost. Und jetzt sehen Sie zu, dass Sie einen Flug bekommen. Sie müssen unbedingt raus aus der Stadt, das wird Ihnen helfen, wieder zur Besinnung zu kommen. Im Moment sind Sie vermutlich stinksauer auf mich. Aber Sie wissen genau, dass ich nur von Ihnen verlange, sich korrekt zu verhalten.«
Moore wusste es in der Tat, und es war eine schmerzliche Erfahrung, so den Spiegel vorgehalten zu bekommen. Was er in diesem
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