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Die Chirurgin

Die Chirurgin

Titel: Die Chirurgin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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hochstieg.
    »Glauben Sie ernsthaft an diesen Mist?«, fragte Rizzoli.
    »Ich habe erlebt, dass es funktioniert.«
    »Na, vielleicht tut es das tatsächlich. Ich schlafe nämlich selbst gleich ein.«
    Er sah Rizzoli an, wie sie mit vor der Brust verschränkten Armen neben ihm stand, die Unterlippe zum Zeichen ihrer hartnäckigen Skepsis vorgeschoben. »Schauen Sie einfach nur hin«, sagte er.
    »Wann fängt sie denn an zu schweben?«
    Polochek hatte das Zentrum der Entspannung auf immer höher und höher gelegene Muskeln in Catherines Körper gelenkt, über die Oberschenkel und den Rücken bis in die Schultern. Ihre Arme hingen jetzt schlaff an ihrer Seite herab. Ihre Miene war entspannt, ihr Gesicht frei von Sorgenfalten. Ihre Atem war langsamer und tiefer geworden.
    »Jetzt werden wir uns einen Ort vor Augen führen, den Sie lieben«, sagte Polochek. »Die Hütte Ihrer Großeltern am See. Ich möchte, dass Sie sich selbst sehen, wie Sie dort auf der großen Veranda stehen. Und wie Sie aufs Wasser hinausschauen. Es ist ein warmer Tag, und die Luft ist still und mild. Das einzige Geräusch ist das Zwitschern der Vögel, sonst nichts. Es ist sehr still hier und friedlich. Das Sonnenlicht glitzert auf dem Wasser.«
    Der Ausdruck, der sich nun auf Catherines Gesicht ausbreitete, war von so heiterer Gelassenheit, dass Moore kaum glauben konnte, immer noch dieselbe Frau vor sich zu haben. Er sah Wärme in ihren Zügen und all die blühenden Hoffnungen eines jungen Mädchens. Was ich da vor mir habe, ist das Kind, das sie früher einmal war, dachte er. Vor dem Verlust der Unschuld, vor all den Enttäuschungen des Erwachsenenalters. Bevor Andrew Capra seine Spuren hinterlassen hatte.
    »Das Wasser ist so einladend, so wunderbar«, sagte Polochek. »Sie steigen die Verandastufen herab und gehen den Pfad zum See hinunter.«
    Catherine saß reglos da, ihr Gesicht vollkommen entspannt, die Hände schlaff in den Schoß gelegt.
    »Die Erde ist weich unter Ihren Füßen. Die Sonne scheint auf Sie herab und wärmt Ihren Rücken. Und die Vögel trällern in den Bäumen. Sie sind vollkommen gelöst und ruhig. Mit jedem Schritt wächst dieses Gefühl des inneren Friedens. Zu beiden Seiten des Pfades blühen Blumen, Taglilien. Sie strömen einen süßen Duft aus, und während Sie sie im Vorübergehen streifen, atmen Sie ihr Aroma ein. Es ist ein ganz besonderer, magischer Duft, der Sie schläfrig macht. Sie gehen weiter und spüren, wie Ihre Beine schwerer werden. Der Duft der Blumen ist wie eine Droge, die Ihnen hilft, noch mehr zu entspannen. Und die Wärme der Sonnenstrahlen lässt alle verbliebene Anspannung in Ihren Muskeln dahinschmelzen.
    Jetzt nähern Sie sich dem Ufer. Und Sie erblicken ein kleines Boot am Ende des Stegs. Sie betreten diesen Steg. Das Wasser ist ruhig und glatt wie ein Spiegel. Wie Glas. Das kleine Boot liegt ganz still im Wasser, es rührt sich keinen Millimeter. Es ist ein magisches Boot. Es kann Sie von ganz allein an jeden beliebigen Ort bringen. Wohin Sie auch möchten. Sie müssen nichts weiter tun als einsteigen. Jetzt heben Sie also den rechten Fuß, um in das Boot zu steigen.«
    Moore blickte auf Catherines Füße und sah, dass sie in der Tat den rechten Fuß gehoben hatte; er schwebte einige Zentimeter über dem Boden.
    »So ist es gut. Sie steigen mit dem rechten Fuß voraus ein. Das Boot liegt fest und ruhig im Wasser. Es trägt Sie sicher, Ihnen droht keine Gefahr. Sie sind voller Vertrauen und Zuversicht. Jetzt setzen Sie den linken Fuß hinein.«
    Catherines linker Fuß erhob sich vom Boden und senkte sich langsam wieder herab.
    »Mein Gott, ich glaube es einfach nicht«, sagte Rizzoli.
    »Sie sehen es doch mit eigenen Augen.«
    »Ja, aber woher will ich wissen, ob sie wirklich hypnotisiert ist? Ob sie nicht eine Show abzieht?«
    »Sie wissen es eben nicht.«
    Polochek beugte sich näher zu Catherine, ohne sie jedoch zu berühren; nur mit seiner Stimme führte er sie durch die Trance. »Sie lösen die Bootsleine von der Anlegestelle. Und jetzt ist das Boot frei und treibt über das Wasser. Sie haben es unter Kontrolle. Alles was Sie tun müssen, ist, an einen Ort zu denken, und schon wird das Boot Sie mit magischen Kräften dorthin befördern.« Polochek warf einen Blick in Richtung Spiegel und nickte.
    »Jetzt wird er sie zurückführen«, sagte Moore.
    »Also, Catherine.« Polochek schrieb etwas auf seinen Notizblock; er notierte den Zeitpunkt, zu dem die Einführung abgeschlossen war. »Sie

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