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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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sich auf ihren Liebling, Francis Tanaguchi, warfen und den schmächtigen Chorknaben unter hundertvierzig Kilo willigem jungem Fleisch begruben, so daß dieser begeistert kreischte: »Ihr müßt einfach in meinem Pornostreifen mitspielen, Mädels! Und jetzt macht mal schön die Beine breit und zeigt, was ihr könnt!« Damit hatte die Singstunde offiziell begonnen. Wie üblich mußten sie erst einmal ihrem Ärger Luft schaffen. Den Anfang machte Spermwhale, der über Lieutenant Finque schimpfte, da dieser Lard Logan, dem Nachtschichtbeamten an der Aufnahme, wegen ungebührlichen Betragens eine fünftägige Suspendierung aufgebrummt hatte.
    »Dieser Eunuch!« knurrte Spermwhale. »Schleicht ständig nur herum wie ein mieser Spion und hat dann Lard wegen ein paar Äußerungen gegenüber Anrufern hingehängt, die seiner Ansicht nach ungebührlich waren. Ich kann's gar nicht erwarten, bis ich meine zwanzig Jahre herum habe, damit ich diesem Kastraten endlich mal ordentlich die Meinung sagen kann.«
    »Und was ist dann mit dem guten Lard passiert?« wollte Roscoe strahlend wissen, da Spermwhale hauptsächlich zu ihm sprach.
    »Zuerst kommt also diese bescheuerte Tante rein und verlangt, den Captain zu sprechen. Natürlich versucht Lard, sie abzuwimmeln. Schließlich erzählt ihm also die gute Frau ihr Problem, daß nämlich ihre sechzehnjährige Tochter beim Schwimmen im Bad der L. A. High-School angepufft worden sei. Und ihr kleines Mädchen wäre doch noch eine Jungfrau, und außerdem hätte sie gelesen, daß Spermatozoen schwimmen könnten, und sie wollte also, daß die vom Labor den Spermagehalt des Wassers ermitteln, damit sie die Schule verklagen kann. Und Lard hat nichts weiter getan, als ihr geduldig zuzuhören und dann zu sagen: ›Also wenn das vom Wasser gekommen sein soll, dann muß das aber verdammt hartes Wasser gewesen sein.‹ Und zack! Schon würgt ihm der Lieutenant einen rein.«
    »Aber dafür kann er ihm doch nicht fünf Tage aufbrummen«, bemerkte Roscoe.
    »Natürlich nicht, aber dann hat ihm der Lieutenant noch einen Satz aus einer Diebstahlsanzeige anhängen können, die so eine stinkreiche Alte gemacht hat, der sie ihre zwei Perserkatzen geklaut haben. Lard hat nämlich nur so zum Spaß in das Formular geschrieben: ›Der Tatverdächtige handelt mit heißen Miezen.‹«
    »Dieser Lieutenant ist doch wirklich das letzte Arschloch!« grunzte Roscoe verächtlich.
    »Das Kreuz hat ihm dann aber schließlich seine Presseverlautbarung gebrochen. Hast du eigentlich von dieser Geschichte gehört, Sam?«
    »Ich habe überhaupt nichts gehört«, gähnte Sam Niles, den das Gerede über Lieutenant Finque langweilte.
    »Erinnerst du dich noch an diese Schlampe, die auf der Toilette im Sears ihr Baby zur Welt gebracht hat?«
    »Was war mit ihr?«
    »Sie hat die Nabelschnur einfach mit den Fingernägeln durchgetrennt und dann den kleinen Frosch in den Mülleimer gepackt, wo ihn der Hausmeister am nächsten Tag gefunden hat. Und die Detektive konnten nicht beweisen, daß das Baby je einen Atemzug gemacht hatte, und sie hat den halben Gerichtssaal vollgeheult, und so konnten sie ihr keinen Totschlag oder sonstwas anhängen. Na ja, jedenfalls kommt dann so 'n Typ von diesen Recht-auf-Leben-Gruppen auf die Wache, um die Detektive zu interviewen, was sie von dem Ganzen hielten. Die haben den Burschen natürlich zu dem Mann an der Aufnahme abgeschoben, der in diesem Fall wieder einmal der gute Lard war. Und Lard legte dann auch gleich ordentlich los: Wenn Sie mich fragen, dann hätte diese Fürsorgeschlampe in dritter Generation auf der Stelle sterilisiert werden sollen, sobald sie vierzehn geworden ist, damit sie nicht rumrennt und in jedem Scheißhaus der Stadt 'nen Wurf hinterläßt. Letztlich hat sie ja dem Steuerzahler nur 'nen Gefallen erwiesen. Das einzige, was man ihr meiner Meinung nach anhängen sollte, ist 'ne Anzeige wegen Umweltverschmutzung.«
    »Und was ist dann passiert?« wollte Roscoe wissen. »Wahrscheinlich hat der katholische Bischof Lard persönlich dem Captain gemeldet.«
    »Genauso war es; und zwar noch am selben Tag.«
    »In dieser Welt muß man nur lernen, nie die Wahrheit zu sagen. Aber ein paar Leute lernen das offensichtlich nie«, bemerkte Roscoe.
    »Ich habe mal zwei Tage aufgebrummt bekommen, als ich dieser Alten in Watts die Mitteilung machen mußte. Ihr Alter ist bei 'ner Messerstecherei in 'nem Billardsalon hopsgegangen. Ich habe also an ihre Tür geklopft, und als sie dann aufgemacht

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